"Ich mache von meinem Veto-Recht Gebrauch, denn die Gesetze zur Justizreform, die das Parlament beschlossen hat, bedürfen der Korrektur. Sie müssen so geändert werden, dass sie der Verfassung entsprechen und die Richter sich unabhängig von verschiedenen Arten der Einflussnahme fühlen können."
Damit stellte sich Duda zum ersten Mal in einer wichtigen Frage der Regierung und dem mächtigen Vorsitzenden der Regierungspartei PiS Jarosław Kaczyński entgegen. Wenige Monate später legte er seinen eigenen Vorschlag für die Gerichtsreform vor.
Auch danach soll der Einfluss der Politik auf die Gerichte deutlich wachsen. So beim Landesjustizrat, der bei der Ernennung von Richtern eine zentrale Rolle spielt. Die dort vertretenen Richter sollen, anders als bisher, künftig vom Parlament gewählt werden. Dudas Vorschläge sehen allerdings vor, dass dabei auch die Opposition mitbestimmen darf.
"Dramatisch schlimm oder einfach schlecht"
Kritiker der Reform konnte er damit nicht überzeugen. Zu ihnen gehört Adam Strzembosz, der ehemalige Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs: "Wenn man das abstufen will: Die Vorschläge der Regierung, also von Justizminister Ziobro, waren dramatisch schlimm, die des Präsidenten sind einfach nur schlecht. Und zwar deshalb, weil auch sie die Verfassung verletzen, wo doch der Präsident dazu berufen ist, die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen."
Diese Kritik bezieht sich unter anderem auf das Gesetz zum Obersten Gerichtshof. Dort sollen zwar nicht mehr alle Richter vorzeitig ihr Amt verlieren, wie es die PiS wollte, aber doch 40 Prozent des Kollegiums. Darunter wäre auch die Vorsitzende, obwohl die Verfassung deren Amtszeit ausdrücklich auf sechs Jahre festlegt.
Haltung der PiS bisher unklar
Heute beginnt der Justizausschuss des Sejm mit der Beratung von Dudas Gesetzen. Endlich wird die polnische Öffentlichkeit erfahren, ob die Regierungspartei PiS sie akzeptieren oder verändern wird. Davon wiederum wird abhängen, wie sich Präsident Duda verhält. In seinem letzten Interview hat er das bekräftigt: "Ich werde mir sehr genau ansehen, welche Änderungen da kommen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das Parlament Gesetze mit den Regelungen beschließt, gegen die ich zuvor protestiert habe."
Aber ganz so ahnungslos, wie er sich gibt, dürfte der Präsident nicht sein. Er hat sich in den vergangenen Wochen mehrfach mit dem PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński getroffen und dabei, so heißt es, hart verhandelt. Die beiden hätten einen Kompromiss vereinbart, war zu vernehmen.
Politisches Gegengeschäft?
Ein Gerücht, das in Warschau die Runde macht: Duda werde hinnehmen, dass die PiS seine Gesetze verändert, wenn es dafür im Dezember oder Januar eine Kabinettsumbildung gibt. Kein Geheimnis ist in Polen, dass der Präsident seit Monaten im Clinch mit Verteidigungsminister Antoni Macierewicz liegt - und wohl nichts gegen eine Neubesetzung auf dieser Position einzuwenden hätte.
Für die meisten der Zigtausend Polen, die im Sommer gegen die Gerichtsreform protestiert hatten, sind weder die Gesetze der PiS noch die von Duda akzeptabel. Trotzdem folgten am vergangenen Freitag nur wenige Tausende dem Aufruf, wieder auf die Straße zu gehen. Einer von ihnen war Pawel Nawrocki, ein Lehrer: "Manche sind wohl etwas verwirrt durch das Hin und Her zwischen Präsident und Regierung. Andere sind froh über die Sozialpolitik der PiS, etwa über das neue Kindergeld. Sie empfinden jeden Protest gegen das Regierungslager als Gefahr, ihnen könnte das wieder weggenommen werden, was sie bekommen haben."
Eine Rolle dürfte auch spielen, dass Präsident Duda laut Umfragen der beliebteste polnische Politiker ist. Einen Kompromiss, dem er zustimmt, dürften weite Teile der Gesellschaft akzeptieren.