Ausgetrocknete Flüsse, Dürre auf den Feldern, Versorgungsengpässe - die Politik hat jetzt das Thema Wasserknappheit entdeckt. Umweltministerin Svenja Schulze hat am Dienstag (08.06.2021) ihre milliardenschwere "Nationale Wasserstrategie" vorgestellt. Ein Konzept mit Vorsorgemaßnahmen, um in Zukunft, bis ins Jahr 2050, in Deutschland eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser sicherzustellen. Ein "Kampf ums Wasser", so die Umweltministerin, soll damit vermieden werden.
Der Trend deutet klar auf eine Zunahme der Wetterextreme und eine anhaltende Trockenheit in Deutschland hin: Neun der letzten zehn Jahre waren zu trocken, wie der Deutsche Wetterdienst ermittelt hat. Die Dürresommer konnten bislang auch nicht, wie eigentlich prognostiziert, durch mehr Niederschlag im Winterhalbjahr aufgefangen werden.
Neben den direkt sichtbaren Folgen des Klimawandels - staubtrockene Felder oder Flüsse mit Niedrigwasser - verzeichneten Experten weitere Auswirkungen: Knapp 280.000 Hektar Wald gingen in den vergangenen drei Jahren verloren, der Schiffsgüterverkehr auf dem Rhein musste eingeschränkt werden, sagte Umweltforscher Dietrich Borchardt vom Leipziger Helmholtz-Zentrum in der Süddeutschen Zeitung. Hinzu komme bereits jetzt eine erhebliche Übersterblichkeit infolge der größeren Sommerhitze.
Eine ausreichende Versorgung mit Wasser dürfte aber nach Ansicht von Experten auch in den kommenden Jahren möglich sein, trotz aller Warnsignale. Von einer allgemeinen Wasserknappheit kann man in Deutschland noch nicht sprechen, auch wegen der regionalen Unterschiede. Der Westen und der Norden des Landes sind weiterhin gut versorgt.
In den Regionen, die bereits Wasserprobleme haben, könnte sich die Situation allerdings weiter verschlechtern: Etwa in Brandenburg und Ostsachsen, ohnehin schon regenarme Regionen, wo das Wasser wegen sandiger Böden schneller versickert. Dort ist die Wasserknappheit zuletzt gestiegen. Aber auch in der Umgebung von Frankfurt sterben Wälder, weil dort sehr viel Grundwasser für die Wasserversorgung der Stadt abgepumpt wird. Überall dort, wo der Wasserverbrauch hoch ist, dürften auch die Regionen größer werden, die Versorgungsprobleme bekommen.
Abgesehen vom Klimawandel und den zunehmenden Wetterextremen - Probleme mit der Wasserversorgung entstehen grundsätzlich dadurch, dass Wasser nicht mehr in ausreichendem Maß zur Verfügung gestellt werden kann. Und zwar genau dort, wo es auch gebraucht wird. Die zunehmende Versiegelung der Böden erschwert es, Wasser in ausreichender Menge zu sammeln. Vor allem in Städten läuft es vermehrt in die Kanalisation ab und kann nicht vom Boden und Grünflächen aufgenommen und gespeichert werden.
Aus der Politik gibt es schon länger Empfehlungen an die Verbraucher, im Alltag sparsamer mit Wasser umzugehen, etwa durch kürzeres Duschen. Die größten Wasserschlucker sind allerdings nicht die Privathaushalte, sondern die Energieversorger: Auf ihr Konto geht etwa die Hälfte des gesamten Wasserverbrauchs in Deutschland, vor allem für das Kühlen ihrer Kraftwerke. Auch andere Industriezweige belasten den Wasserhaushalt, allen voran die Agrarwirtschaft, die für eine erhöhte Nitrat- und Pestizidbelastung im Grundwasser verantwortlich ist. Auch Rückstände von Arzneimitteln und Kunststoff werden zunehmend registriert, dadurch ist bei der Aufbereitung von Trinkwasser in den Wasserwerken inzwischen eine zusätzliche Reinigungsstufe notwendig.
Die Pläne aus dem Umweltministerium sind auf ein grundsätzlich positives Echo gestoßen, bei der Wasserwirtschaft, aber auch bei Umweltschutzorganisationen. Sie begrüßen, dass das Thema grundsätzlich auf die politische Agenda genommen und die Sensibilität dafür erhöht wurde, dass Wasser nicht einfach mehr nach Bedarf entnommen wird.
Kritik blieb aber auch deshalb aus, weil die Wasserstrategie des Ministeriums bislang sehr unkonkret ist: Sie besteht vor allem aus vielen Grundsatzüberlegungen, etwa wie der Wasserverbrauch künftig besser verteilt werden kann. Ein interessanter Ansatz dabei ist es, Wasser zu Schwachlastzeiten, etwa nachts, zu einem günstigeren Tarif anzubieten, um die Versorgungsnetze zu entlasten. Der Spareffekt dürfte dabei allerdings überschaubar sein, bei den geringen Kosten von zwei Euro pro Kubikmeter Wasser.
Die politisch heißen Eisen bleiben in Schulzes Konzept außen vor, sie werden aber ein Thema werden: Spätestens dann, wenn zum Beispiel tatsächlich Renaturierungsauflagen gemacht und Kosten umgelegt werden. Gegen den zu erwartenden Widerstand von Großverbrauchern, die in Zukunft stärker belastet werden sollen.
Experten und Umweltverbände fordern bereits jetzt weitergehende Maßnahmen. Dazu gehört etwa ein Stopp der zunehmenden Flächenversiegelung, im Gegenzug sollen Flüsse und Moore renaturiert werden, damit die Böden wieder mehr Wasser aufnehmen können. Dabei wird sich auch die Landwirtschaft anpassen müssen, weil es zu regelmäßigen Überschwemmungen kommen kann und Flächen für den Ackerbau verloren gehen.
Ein anderes wichtiges Rezept gegen die Wasserknappheit, vor allem während der zunehmend dürren Sommermonate, ist der Ausbau von überregionalen Wassernetzen. Damit können Versorgungsengpässe in Regionen mit Wassermangel ausgeglichen werden.
Nicht zuletzt könnte die Energiewende dabei helfen, dass Wasser künftig weniger knapp wird. Die Kühltürme von Kohlekraftwerken und Atommeilern fordern einen immensen Wasserverbrauch. Dieser könnte in Zukunft wegfallen, sollte der Energiebedarf tatsächlich überwiegend mit Solar- oder Windkraft gestillt werden.
(Quellen: Georg Ehring, cm)