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Politik
Rechtsruck in Ungarn und Österreich

Durch die Flüchtlingskrise sind Themen auf die Tagesordnung gekommen, die früher Rechtsaußen-Parteien vorbehalten waren. In Ungarn macht die rechtsextreme Jobbik anderen Parteien Wähler abspenstig. Und in Österreich erlebt die FPÖ einen ungeahnten Aufschwung. Dort scheint ein freiheitlicher Bundespräsident möglich.

Von Stephan Ozsváth |
    Radikale Nationalisten der "Jobbik"-Partei demonstrieren gegen Roma in Ungarn.
    Radikale Nationalisten der "Jobbik"-Partei demonstrieren gegen Roma in Ungarn. (picture alliance / dpa)
    Nemzeti Rock – Rechtsrock aus Ungarn. Bands wie Kárpátia füllen Hallen, sie sind gegen Juden, gegen Sozialisten und gegen alles Liberale, und sie sind für eine Revision der Grenzen: Siebenbürgen soll wieder ungarisch werden. Diesem Fan gefällt es.
    "Großungarn, Heimatliebe, Stolz ein Ungar zu sein. Und das kommt von der Bühne", sagt er.
    Das ist keine Minderheitsmeinung, sondern Mainstream. Bands wie Kárpátia liefern den Soundtrack zu einer nationalistischen Grundstimmung in Ungarn.
    "Die laufen richtig gut", meint Sándor Pápai, der in Budapest einen kleinen Plattenladen betreibt. Qualität spielt keine Rolle. Hauptsache die Ideologie stimmt. Ein Kárpátia-Konzert ist sofort ausverkauft, egal wo. Ungarische Fahne auf die Plakate, ein, zwei Symbole und dann gehen die Leute hin, selbst wenn sie Rockmusik nicht mögen, oder die einfach Schrott ist.
    Der Sänger von Kárpátia ist der Barde der rechtsextremen Partei Jobbik. Einer Partei, die Proteststimmen – vor allem der jungen Leute -einsammelt. Sie ist Anti-EU, Anti-Globalisierung, Anti-Roma. Anti-Flüchtlinge. Und sie will Wähler in der Mitte erreichen. Ähnlich wie Le Pen in Frankreich säubert Jobbik-Chef Gábor Vona dafür die Partei-Spitze von allzu Radikalen.
    "Mein Ziel ist, so viele Wähler wie möglich zu behalten und neue zu erreichen", sagt er. "Dabei können uns Leute im Parteivorstand helfen, die schon erfolgreich dabei waren, nicht nur unsere erklärten Sympathisanten zu gewinnen. Wir müssen Parteigrenzen überwinden, wenn wir Fidesz 2018 schlagen wollen. Wir müssen Brücken bauen."
    Jobbik und die Regierungspartei Fidesz wetteifern. Vona wird zahmer, Regierungschef Orbán radikaler. Das Schlachtfeld ist die Flüchtlingspolitik. Mit der schlägt Orbán Brücken ins rechtsextreme Lager.
    "Der beste Migrant ist der, der nicht kommt", sagte Orbán Anfang des Jahres, und mit Blick auf den Nachbarn Österreich konnte er seine Genugtuung kaum verbergen.
    "Der gesunde Menschenverstand hat gesiegt. Das dogmatische Denken hat davor kapituliert. Sie haben die Entscheidungen getroffen, die wir und viele andere europäische Nationen für nötig erachtet haben. Europa kann nicht riesige Mengen fremder Menschen unkontrolliert herein lassen. "
    Rückblende: Während Ungarn einen Zaun baute, zogen Hunderttausende Flüchtlinge durch Österreich. 90.000 blieben. Dann kam die Wien-Wahl. Heinz-Christian Strache, Chef der rechtspopulistischen FPÖ bekam ein Wahl-Kampf-Geschenk: die Fremden.
    Auftrieb für die rechtspopulistische FPÖ
    In Oberösterreich und im Burgenland regieren die Rechtspopulisten seither mit. Die große Koalition steuerte um, es kam zu einer 180-Grad-Wende in der Flüchtlingspolitik. Im Januar verkündet die konservative Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
    Jetzt setzt Österreich auf Abschottung: Grenzkontrollen an einem Dutzend Punkten, auch am Brenner. Obergrenzen für Asylbewerber. Verschärfte Asylgesetze. Wien sorgte auch für die Schließung der Westbalkan-Route. Außenminister Sebastian Kurz spricht von einem "falschen Konzept".
    Norbert Hofer, FPÖ, vor einem seiner Wahlplakate für die österreichische Präsidentschaftswahl
    Norbert Hofer, FPÖ, vor einem seiner Wahlplakate für die österreichische Präsidentschaftswahl (imago stock&people)
    Doch die Anbiederung an die FPÖ geht schief. Die Österreicher ziehen das Original vor: Rechtspopulist Norbert Hofer könnte in die Hofburg einziehen.
    "Nein zur Willkommenskultur!"
    Hofer siegt haushoch in der ersten Runde. Die Sozialdemokraten und Konservativen in Österreich verfallen in Schockstarre. Die Meinungen auf der Straße: Geteilt.
    Identitäre – Rechtsaußen-Aktivisten – wenige, aber laut, stürmen derweil in Wien Theater-Aufführungen mit Flüchtlingen auf der Bühne. Ein Hauch SA.
    Ein Gespenst geht um in Wien
    Wer wird Bundespräsident ? Die Stichwahl steht noch aus: Grüner gegen Rechtspopulist. Ein Gespenst geht um in Wien: FPÖ-Hofer in der Hofburg und FPÖ-Chef Strache im Kanzleramt. In Umfragen führen die Rechtspopulisten schon. Strache frohlockt.