Sigrid Fischer: Über viele Jahre ist Ihre Dokumentation über die Mülldeponie im Dorf Çamburnu in Anatolien entstanden. War der Film als Langzeitprojekt angelegt? Wie war das Konzept?
Fatih Akin: Es war 'n bisschen wie Jazz. Ich hatte kein wirkliches Konzept, muss ich zu meiner Schande sagen. Das hat sich erst mit den Jahren entwickelt. Und ein Grund, warum das so lange gedauert hat, das Ganze war, weil ich keinen Schluss hatte, weil das Schicksal keinen Schluss parat hatte ...
Fischer: Sie zeigen, dass man es mit korrupten Politikern zu tun hat. Die Türkei kann ja sowieso kein Interesse dran haben, dass Sie den Konflikt um die Mülldeponie in Çamburnu bekannt machen, zum Beispiel mit einem Auftritt auf dem Filmfest in Cannes dieses Jahr. Konnten Sie da überhaupt ungehindert drehen?
Akin: Ich hab ja nichts gemacht, was gegen das Gesetz ist. Ich hab offiziell 'ne Genehmigung beantragt, auch auf der Mülldeponie drehen zu dürfen, weil da ist unbefugtes Betreten verboten, das hab ich ein paar Mal gemacht und musste mich fast auf körperliche Auseinandersetzung einlassen mit den Betreibern der Deponie. Und wir haben die Genehmigung auch bekommen. Und Politiker sind auf der ganzen Welt korrupt, nicht nur in der Türkei, Korruption gibt es überall. Und es kristallisiert sich überall, also global, so was raus wie: das Volk gegen die Regierenden. Weil das Volk, das die Regierenden mitbestimmt hat, einfach nicht zufrieden ist mit der Arbeit, wie die Regierenden regieren. Das ist im Arabischen Frühling so, das ist mit Occupy so, das ist bedingt dann auch in der Türkei so. Davon handelt der Film und der Film löst auch eine gewisse Nostalgie aus. Also so "Kunta Kinte", "Roots". Ich komm ja nicht einfach von außen und kritisier einen Zustand. Das ist ja das Dorf meines Großvaters, das ist ja mein heiliger Boden, der dort beschmutzt wird. Das ist ja nicht irgendein Flecken Erde. Da kommt mein genetischer Code her, da liegen meine Vorfahren begraben und ich möchte nicht, dass die zugeschüttet werden. Da kann mir niemand sagen, ich komm von außen.
Fischer: War Ihnen eben das auch wichtig, mal einen Film Ihrer Familie in der Türkei zu widmen?
Akin: Es ist ein Gegenentwurf zu einem Film wie "Soul Kitchen". "Soul Kitchen" ist meine Heimat in Hamburg, da geht es ja auch um Real Estate, also Immobilienhändler, korrupte, das ist die eine Heimat. Und Çamburnu ist tatsächlich so 'ne andere Heimat. Ich bin ja drauf gekommen, weil ich ein Buch von Bob Dylan gelesen habe, Chronicles, und bei Seite 100 schreibt Dylan, dass seine Vorfahren, seine Großmutter, über Trabzon in die Ukraine und von der Ukraine nach Minnesota ausgewandert sind. Die kommen da aus der Gegend. Das war 2005, als ich das gelesen hab, und dachte, wenn die Vorfahren vom Dylan schon daher kommen und meine auch, dann soll ich mal dahin, mir das angucken. Ob ich da irgendwelche Protestbewegungen mitbekomme. Da kommen ja auch Protestsongs vor in dem Film, also sehr dylanlike.
Fischer: Sie, haben schon mal eine Dokumentation gedreht – Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul über die verschiedenen Musikeinflüsse in Istanbul, und Sie sind ein großer Musikbegeisterter und -kenner. Ist die Voraussetzung für einen Dokumentarfilm, dass Sie persönlich betroffen sind? Also ein generelles politisches Engagement des Filmemachers Fatih Akin zum Beispiel gegen Atomkraft ist nicht zu erwarten?
Akin: Das Atomkraftwerk, das 300 Meter weiter weg ist, das betrifft mich ja auch, das ist mir natürlich nicht egal. Nur bin ich Filmemacher, und anders als ein Regisseur, der Auftragsarbeiten annimmt, ist der Filmemacher immer bemüht, eigentlich lebt er davon, Persönliches zu verarbeiten, aus seinem persönlichen Umfeld zu schöpfen. Und in dem Sinne folgt der Film einer Linie meiner bisherigen Arbeit. Sachen, die in meinem Umfeld passieren, die meiner Seele entspringen oder Sachen, die mir so zufliegen. Und man entscheidet dann eigentlich intuitiv, wo ein Film bei rausspringen könnte, der einen Symbolcharakter hat für ähnliche Schandtaten, die auf der Welt passieren. Für Fukushima, oder für Exxon Valdez, weil die Mechanismen der Lügen der Gegenseite – oder Gorleben – genau dieselben sind.
Fischer: Lügen und Korruption sind vielleicht überall gleich, sind global, aber das Engagement dagegen nicht. Die Umweltbewegung ist in Deutschland traditionell stark, aber so eine Bürgerbewegung in Anatolien, gegen eine Mülldeponie, die Ihr Film zeigt, würde man nicht vermuten, oder?
Akin: Ich war sehr positiv überrascht, dass es diese Menschen gibt und was für Menschen das auch sind. Das sind keine Großstädter oder Leute, die aus dem Bildungsbürgertum kommen. Es sind die wirklich Betroffenen. Das waren so positive Aha-Erlebnisse für mich. Aber auch sehr beruhigend, man hat es eben nicht mit so fanatistischen Schafsköpfen zu tun, die nur beten und Kohl produzieren. Man hat es mit einer ziemlich aufgeweckten Gruppe zu tun. Es gibt natürlich etwas im orientalischen Raum, das ist dieses "kismet" - es passiert schon nix. Ein Atomkraftwerk wird gebaut, ach, uns passiert schon nix. Und wenn was passiert, dann ist es vorherbestimmt. So eine Arabeske gibt es, aber die nimmt – und das ist vielleicht ein positiver Aspekt von Globalisierung, wenn es da überhaupt einen positiven Aspekt gibt, Globalisierung kann ja auch Austausch sein, dass im medialen Zeitalter dieses destruktive Kismetdenken nach und nach vielleicht verschwindet.
Fischer: Sie waren mit "Müll im Garten Eden" zum dritten Mal auf den Filmfest in Cannes, in Deutschland startet der Film im Kino, wie wichtig sind Ihnen denn Reaktionen aus der Türkei?
Akin: Ich mach's ja immer so, sobald ich 'n Rohschnitt fertig hab, flieg ich in die Türkei, ich hab so ne Gang von Filmemachern, Kommunisten, alle mal im Knast gewesen, knallharte Typen, und die gucken dann immer meinen Rohschnitt, hauen mir den um die Ohren oder sagen, ist gut. Und die waren sehr, sehr angetan. Das hat auch nachgewirkt, die haben mich zwei Wochen später noch mal angerufen und gesagt: Ich muss Dir noch mal sagen, wie großartig, wie wichtig der Film für die Türkei ist. Es gibt nicht diese Dokumentarfilmkultur wie in Deutschland. Vor allem in der Kinoauswertung nicht. Dokumentarfilme bringen immer ein größeres Publikum ins Kino, wenn es mit Militär zu tun hat: "Die Schlacht von Gallipoli" – eine Million Zuschauer. "Atatürk" – 750.000 Zuschauer. Ich wär schon so mit 20-30.000 Zuschauern zufrieden.
Fischer: Noch ein Langzeitprojekt ist ja Ihre Liebe-Tod und Teufel-Trilogie, der dritte Teil steht noch aus, nach "Gegen die Wand" und "Auf der anderen Seite". Werden Sie sich danach wieder so ein Langzeitprojekt vornehmen?
Akin: Ich hoffe mal nicht, weil wenn man etwas sagt, wenn es einmal aus dem Mund raus ist, dann gehört es Dir nicht mehr. Und man will ja nicht als Lügner da stehen, man muss ja Versprechen einhalten irgendwie, irgendwie. Mein Vater ist ein Samurai, wenn er was verspricht, dann hält er sich dran. Und wenn nicht, dann bringt er sich um. Und da er sich noch nicht umgebracht hat, weil er läuft hier irgendwo rum, hat er all seine Versprechen gehalten. Ich versuch 'n bisschen zu sein wie er, deswegen würde ich gerne kurzfristige Versprechen geben in Zukunft, weil es ist echt anstrengend, die Übersicht nicht zu verlieren und die Geduld nicht zu verlieren.
Fischer: Apropos Geduld: Eine Frau in der aktuellen Dokumentation sagt, in der EU könne man so ein Mülldeponieprojekt ja noch stoppen, bis alles gesetzlich geregelt sei. Aber in der Türkei interessiere das keinen, da liefe das einfach so weiter. Damit sprechen Sie ja den EU-Beitrittsaspekt noch mal an. Ist man in der Türkei angesichts der Eurokrise nicht inzwischen froh, dass man nicht dazugehört? Wie schätzen Sie das ein?
Akin: Ich glaub, das Thema ist ziemlich abgeschlossen. Die Regierung macht zwar immer so auf: ja, wir wollen da rein und haben einen EU-Beauftragten. Soweit ich das verfolgen kann – ich glaub nicht, dass die da um jeden Preis rein wollen. Ich glaub, Diplomatie funktioniert auch so, man muss sich so Sachen offen lassen, und wenn man durch die Türkei läuft – es gibt keine Visumspflicht mehr für Menschen aus dem arabischen Raum in der Türkei. Also es ist viel, viel, viel arabischer als noch vor ein paar Jahren. Dort kommt das Geld her. Es ist unwahrscheinlich viel Geld in der Türkei in Umlauf. Und das kommt nicht aus Europa, aus China kommt es auch nicht, also wo kommt das Geld her? Es kommt aus dem arabischen Raum. Deswegen glaub ich, dass das im Augenblick gar nicht so attraktiv ist für die.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Fatih Akin: Es war 'n bisschen wie Jazz. Ich hatte kein wirkliches Konzept, muss ich zu meiner Schande sagen. Das hat sich erst mit den Jahren entwickelt. Und ein Grund, warum das so lange gedauert hat, das Ganze war, weil ich keinen Schluss hatte, weil das Schicksal keinen Schluss parat hatte ...
Fischer: Sie zeigen, dass man es mit korrupten Politikern zu tun hat. Die Türkei kann ja sowieso kein Interesse dran haben, dass Sie den Konflikt um die Mülldeponie in Çamburnu bekannt machen, zum Beispiel mit einem Auftritt auf dem Filmfest in Cannes dieses Jahr. Konnten Sie da überhaupt ungehindert drehen?
Akin: Ich hab ja nichts gemacht, was gegen das Gesetz ist. Ich hab offiziell 'ne Genehmigung beantragt, auch auf der Mülldeponie drehen zu dürfen, weil da ist unbefugtes Betreten verboten, das hab ich ein paar Mal gemacht und musste mich fast auf körperliche Auseinandersetzung einlassen mit den Betreibern der Deponie. Und wir haben die Genehmigung auch bekommen. Und Politiker sind auf der ganzen Welt korrupt, nicht nur in der Türkei, Korruption gibt es überall. Und es kristallisiert sich überall, also global, so was raus wie: das Volk gegen die Regierenden. Weil das Volk, das die Regierenden mitbestimmt hat, einfach nicht zufrieden ist mit der Arbeit, wie die Regierenden regieren. Das ist im Arabischen Frühling so, das ist mit Occupy so, das ist bedingt dann auch in der Türkei so. Davon handelt der Film und der Film löst auch eine gewisse Nostalgie aus. Also so "Kunta Kinte", "Roots". Ich komm ja nicht einfach von außen und kritisier einen Zustand. Das ist ja das Dorf meines Großvaters, das ist ja mein heiliger Boden, der dort beschmutzt wird. Das ist ja nicht irgendein Flecken Erde. Da kommt mein genetischer Code her, da liegen meine Vorfahren begraben und ich möchte nicht, dass die zugeschüttet werden. Da kann mir niemand sagen, ich komm von außen.
Fischer: War Ihnen eben das auch wichtig, mal einen Film Ihrer Familie in der Türkei zu widmen?
Akin: Es ist ein Gegenentwurf zu einem Film wie "Soul Kitchen". "Soul Kitchen" ist meine Heimat in Hamburg, da geht es ja auch um Real Estate, also Immobilienhändler, korrupte, das ist die eine Heimat. Und Çamburnu ist tatsächlich so 'ne andere Heimat. Ich bin ja drauf gekommen, weil ich ein Buch von Bob Dylan gelesen habe, Chronicles, und bei Seite 100 schreibt Dylan, dass seine Vorfahren, seine Großmutter, über Trabzon in die Ukraine und von der Ukraine nach Minnesota ausgewandert sind. Die kommen da aus der Gegend. Das war 2005, als ich das gelesen hab, und dachte, wenn die Vorfahren vom Dylan schon daher kommen und meine auch, dann soll ich mal dahin, mir das angucken. Ob ich da irgendwelche Protestbewegungen mitbekomme. Da kommen ja auch Protestsongs vor in dem Film, also sehr dylanlike.
Fischer: Sie, haben schon mal eine Dokumentation gedreht – Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul über die verschiedenen Musikeinflüsse in Istanbul, und Sie sind ein großer Musikbegeisterter und -kenner. Ist die Voraussetzung für einen Dokumentarfilm, dass Sie persönlich betroffen sind? Also ein generelles politisches Engagement des Filmemachers Fatih Akin zum Beispiel gegen Atomkraft ist nicht zu erwarten?
Akin: Das Atomkraftwerk, das 300 Meter weiter weg ist, das betrifft mich ja auch, das ist mir natürlich nicht egal. Nur bin ich Filmemacher, und anders als ein Regisseur, der Auftragsarbeiten annimmt, ist der Filmemacher immer bemüht, eigentlich lebt er davon, Persönliches zu verarbeiten, aus seinem persönlichen Umfeld zu schöpfen. Und in dem Sinne folgt der Film einer Linie meiner bisherigen Arbeit. Sachen, die in meinem Umfeld passieren, die meiner Seele entspringen oder Sachen, die mir so zufliegen. Und man entscheidet dann eigentlich intuitiv, wo ein Film bei rausspringen könnte, der einen Symbolcharakter hat für ähnliche Schandtaten, die auf der Welt passieren. Für Fukushima, oder für Exxon Valdez, weil die Mechanismen der Lügen der Gegenseite – oder Gorleben – genau dieselben sind.
Fischer: Lügen und Korruption sind vielleicht überall gleich, sind global, aber das Engagement dagegen nicht. Die Umweltbewegung ist in Deutschland traditionell stark, aber so eine Bürgerbewegung in Anatolien, gegen eine Mülldeponie, die Ihr Film zeigt, würde man nicht vermuten, oder?
Akin: Ich war sehr positiv überrascht, dass es diese Menschen gibt und was für Menschen das auch sind. Das sind keine Großstädter oder Leute, die aus dem Bildungsbürgertum kommen. Es sind die wirklich Betroffenen. Das waren so positive Aha-Erlebnisse für mich. Aber auch sehr beruhigend, man hat es eben nicht mit so fanatistischen Schafsköpfen zu tun, die nur beten und Kohl produzieren. Man hat es mit einer ziemlich aufgeweckten Gruppe zu tun. Es gibt natürlich etwas im orientalischen Raum, das ist dieses "kismet" - es passiert schon nix. Ein Atomkraftwerk wird gebaut, ach, uns passiert schon nix. Und wenn was passiert, dann ist es vorherbestimmt. So eine Arabeske gibt es, aber die nimmt – und das ist vielleicht ein positiver Aspekt von Globalisierung, wenn es da überhaupt einen positiven Aspekt gibt, Globalisierung kann ja auch Austausch sein, dass im medialen Zeitalter dieses destruktive Kismetdenken nach und nach vielleicht verschwindet.
Fischer: Sie waren mit "Müll im Garten Eden" zum dritten Mal auf den Filmfest in Cannes, in Deutschland startet der Film im Kino, wie wichtig sind Ihnen denn Reaktionen aus der Türkei?
Akin: Ich mach's ja immer so, sobald ich 'n Rohschnitt fertig hab, flieg ich in die Türkei, ich hab so ne Gang von Filmemachern, Kommunisten, alle mal im Knast gewesen, knallharte Typen, und die gucken dann immer meinen Rohschnitt, hauen mir den um die Ohren oder sagen, ist gut. Und die waren sehr, sehr angetan. Das hat auch nachgewirkt, die haben mich zwei Wochen später noch mal angerufen und gesagt: Ich muss Dir noch mal sagen, wie großartig, wie wichtig der Film für die Türkei ist. Es gibt nicht diese Dokumentarfilmkultur wie in Deutschland. Vor allem in der Kinoauswertung nicht. Dokumentarfilme bringen immer ein größeres Publikum ins Kino, wenn es mit Militär zu tun hat: "Die Schlacht von Gallipoli" – eine Million Zuschauer. "Atatürk" – 750.000 Zuschauer. Ich wär schon so mit 20-30.000 Zuschauern zufrieden.
Fischer: Noch ein Langzeitprojekt ist ja Ihre Liebe-Tod und Teufel-Trilogie, der dritte Teil steht noch aus, nach "Gegen die Wand" und "Auf der anderen Seite". Werden Sie sich danach wieder so ein Langzeitprojekt vornehmen?
Akin: Ich hoffe mal nicht, weil wenn man etwas sagt, wenn es einmal aus dem Mund raus ist, dann gehört es Dir nicht mehr. Und man will ja nicht als Lügner da stehen, man muss ja Versprechen einhalten irgendwie, irgendwie. Mein Vater ist ein Samurai, wenn er was verspricht, dann hält er sich dran. Und wenn nicht, dann bringt er sich um. Und da er sich noch nicht umgebracht hat, weil er läuft hier irgendwo rum, hat er all seine Versprechen gehalten. Ich versuch 'n bisschen zu sein wie er, deswegen würde ich gerne kurzfristige Versprechen geben in Zukunft, weil es ist echt anstrengend, die Übersicht nicht zu verlieren und die Geduld nicht zu verlieren.
Fischer: Apropos Geduld: Eine Frau in der aktuellen Dokumentation sagt, in der EU könne man so ein Mülldeponieprojekt ja noch stoppen, bis alles gesetzlich geregelt sei. Aber in der Türkei interessiere das keinen, da liefe das einfach so weiter. Damit sprechen Sie ja den EU-Beitrittsaspekt noch mal an. Ist man in der Türkei angesichts der Eurokrise nicht inzwischen froh, dass man nicht dazugehört? Wie schätzen Sie das ein?
Akin: Ich glaub, das Thema ist ziemlich abgeschlossen. Die Regierung macht zwar immer so auf: ja, wir wollen da rein und haben einen EU-Beauftragten. Soweit ich das verfolgen kann – ich glaub nicht, dass die da um jeden Preis rein wollen. Ich glaub, Diplomatie funktioniert auch so, man muss sich so Sachen offen lassen, und wenn man durch die Türkei läuft – es gibt keine Visumspflicht mehr für Menschen aus dem arabischen Raum in der Türkei. Also es ist viel, viel, viel arabischer als noch vor ein paar Jahren. Dort kommt das Geld her. Es ist unwahrscheinlich viel Geld in der Türkei in Umlauf. Und das kommt nicht aus Europa, aus China kommt es auch nicht, also wo kommt das Geld her? Es kommt aus dem arabischen Raum. Deswegen glaub ich, dass das im Augenblick gar nicht so attraktiv ist für die.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.