Europäische Union
Politikerinnen und Politiker würdigen 20 Jahre EU-Osterweiterung

Vor 20 Jahren wurden zehn weitere Länder in die EU aufgenommen, vor allem mittel- und osteuropäische Staaten. Viele Politiker haben die Osterweiterung gewürdigt. Sie sprachen von einer "Sternstunde" und einem "europäischen Glücksmoment". Außenministerin Baerbock und ihr polnischer Amtskollege Sikorski besuchen heute die Grenzorte Slubice und Frankfurt (Oder).

    Jugendliche aus der polnischen Grenzstadt Slubice haben sich Fahnen von Europa, Deutschland und Polen umgehängt und beobachten ein Feuerwerk.
    Feierlichkeiten zur EU-Osterweiterung 2004 an der Grenze zwischen Deutschland und Polen in Frankfurt/Oder (imago images / Christian Ditsch / imago stock&people via www.imago-images.de)
    Beide nehmen zunächst auf polnischer Seite an einem Europafest teil. Anschließend wollen sie gemeinsam über die Oderbrücke in die deutsche Nachbarstadt Frankfurt laufen, wo unter anderem ein Austausch mit Studierenden der Europa-Universität Viadrina geplant ist. Zu den Feierlichkeiten in den beiden Grenzstädten werden auch der frühere Bundesaußenminister Fischer und sein damaliger polnischer Amtskollege Cimoszewicz erwartet. Beide hatten vor 20 Jahren mit einem Händedruck auf der Oderbrücke den EU-Beitritt Polens symbolisch besiegelt.

    Ex-Außenminister Fischer "heilfroh" über Polens EU-Beitritt

    Fischer sagte der "Märkischen Oderzeitung", er sei damals voller Freude über den Beitritt Polens zur Europäischen Union gewesen. Damit sei die EU nicht mehr nur ein westeuropäisches Projekt gewesen, sondern ein gesamteuropäisches. Die deutsch-polnische Geschichte bezeichnete er als "sehr tragisch", vor allem die Zeit der Besatzung durch die Nazis. Sein Eindruck sei aber inzwischen, so Fischer, dass das Verhältnis an der Grenze sehr gut sei. "Man hört nur Positives. Ich kann mir eine EU ohne Polen nicht mehr vorstellen."

    Baerbock: Vereinigtes Europa bedeutet mehr Sicherheit

    Bundesaußenministerin Baerbock sagte im Deutschlandfunk, es handele sich um eine Sternstunde, die man erst im Rückblick geschätzt habe. Damals sei zunächst Angst geschürt worden vor Arbeitskräften aus Osteuropa. Es habe den Weitblick gebraucht, dass ein vereinigtes Europa mehr Sicherheit für alle bedeute. Die Erweiterung um die Staaten des westlichen Balkans sei alternativlos, denn die EU dürfe sich keine Grauzonen leisten. Sonst würden andere, wie Russland, die Lücken füllen, mahnte die Bundesaußenministerin.

    Hofreiter (Grüne) und Merz (CDU) für Erweiterung der EU

    Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, Hofreiter, hat sich für weitere Beitritte ausgesprochen. Der russische Angriff auf die Ukraine habe den Menschen klargemacht, dass ein Hinhalten, wie es etwa mit den Westbalkanstaaten praktiziert werde, gefährlich werden könne, sagte der Grünen-Politiker der Mediengruppe Bayern. Daher könne man sich „keine Grauzonen leisten“, die am Ende immer eine Ursache für Instabilität seien. Zugleich dürften die Beitrittskriterien nicht aufgeweicht werden.
    Der CDU-Vorsitzende Merz hat sich für Aufnahme weiterer Staaten in die EU ausgesprochen. Merz sagte dem Tagesspiegel, die Tür der Europäischen Union bleibe offen für neue Mitglieder wie die Ukraine, Georgien, Moldau oder die Staaten des Westbalkans, sofern sie die Kriterien erfüllten. Außerdem kritisierte der CDU-Chef den Umgang mit dem Jahrestag der EU-Osterweiterung in Deutschland. Das Datum habe in der politischen Aufmerksamkeit kaum eine Rolle gespielt.

    Estland sieht EU-Beitritt als Grundpfeiler für Sicherheit

    Estlands Regierungschefin Kallas hat die Bedeutung des EU-Beitritts vor 20 Jahren für die Sicherheit ihres Landes hervorgehoben. "Die heutige Sicherheitslage bestätigt, dass die Zugehörigkeit zur Europäischen Union das Überleben unseres Landes sichert und uns hilft, unsere Demokratie zu schützen", erklärte Kallas. Die Mitgliedschaft in der EU und auch der NATO seien die Grundpfeiler der Sicherheit des an Russland grenzenden Staates im Baltikum.
    Neben Estland und Polen traten am 1. Mai 2004 auch Lettland, Litauen, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Ungarn sowie Malta und Zypern der EU bei. Es handelte sich um die größte Erweiterung in der Geschichte der EU. Estland, das wie Lettland und Litauen noch bis Anfang der 1990er-Jahre gezwungenermaßen Teil der Sowjetunion gewesen war, galt damals als Musterkandidat unter den osteuropäischen Reformdemokratien.

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    Diese Nachricht wurde am 01.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.