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Politikwissenschaft-Kongress
Steinmeier ruft zu öffentlichem Engagement auf

Beim Kongress „Grenzen der Demokratie“ in Frankfurt überraschte der Bundespräsident mit einem „call for papers“, den er im Saal gemeinsam mit der "FAZ" startete. Die angehenden Politologen sollen Artikel schreiben, die sich in aktuelle Politikdebatten etwa zum Populismus einmischen.

Von Ludger Fittkau |
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
    "Diese Zeit ist eine Bewährungsprobe für die Demokratie und deshalb muss sie auch eine Stunde der Politikwissenschaft sein“, sagte Bundespräsident Steinmeier auf dem Politiwissenschaft-Kongress in Frankfurt (picture alliance/Mohssen Assanimoghaddam/dpa)
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier weiß, was er jungen Politikwissenschaftlern zumutet, wenn er sie auffordert, sich mehr öffentlich zu engagieren. Denn er kennt die Herausforderungen, vor denen sie im akademischen Konkurrenzkampf stehen. Dennoch fordert er sie auf, die akademischen Zirkel schon früh zu verlassen und sich in die gesellschaftlichen Debatten einzumischen:
    "Ich weiß, solches Engagement bringt einen in der Karrierelogik des Wissenschaftsbetriebes nicht unbedingt weiter. Aber ich weiß auch, dass der wissenschaftliche Nachwuchs unter großem Druck steht, Fachartikel zu publizieren, Projektanträge zu schreiben. Aber gerade in diesen Zeiten, in denen die liberale Demokratie wieder angefochten wird, brauchen wir eben Politikwissenschaft nicht nur im Elfenbeinturm, sondern auch als starke Stimme in einer hoffentlich dauerhaft demokratischen Öffentlichkeit."
    "Call for papers": Artikel zur Demokratie der Zukunft
    Dies meinte Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede heute Morgen in der Frankfurter Goethe-Universität nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch:
    "Ich will deshalb heute einen ganz kleinen 'call for papers' loswerden".
    Gelächter im Publikum, für das dieser Begriff ja tagtägliches wissenschaftliches Handwerkszeug ist:
    "Ich habe mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zusammengesessen und wir haben uns verständigt darauf, dass wir junge Politologinnen und Politologen dazu aufrufen sollten, Artikel zum Thema "Demokratie der Zukunft" einzureichen. Keine fußnotenbeladenen Fachartikel wohlgemerkt, sondern Anregungen für die breite Öffentlichkeit und für die
    allgemeine Diskussion, die solche Anregungen wirklich nötig hat."
    Diese Artikel sollen nicht für die Schublade geschrieben werden, versprach der Bundespräsident den jungen Politologinnen und Politologen im Hörsaal – um sie zum Schreiben zu ermuntern. Die besten und originellsten Beiträge sollen veröffentlicht werden:
    "Und neben hoffentlich vielen Leserinnen und Lesern freue ich mich auch persönlich, bei anderer Gelegenheit solche Impulse, die aus solchen Artikeln entstehen, dann mit ihnen zu diskutieren."
    Schärfung des Demokratiebegriffs nötig
    Populismus auf der einen Seite, eine allzu technokratische Expertenpolitik auf der anderen – darin sieht Steinmeier die größten Gefährdungen der liberalen Demokratie. Die Aufgabe der Politikwissenschaften sei dabei insbesondere, für die Klarheit der Begriffe zu sorgen - so sei etwa die Schärfung des Demokratiebegriffs wieder nötig, so der Bundespräsident. Dass es etwa keine Demokratie ohne Medienpluralismus, eine unabhängige Justiz und engagierte Parlamentsarbeit gibt:
    "Populistische und technokratische Ideen fallen doch am Ende hinter die Einsicht zurück, die wir hatten und haben, dass es die große Leistung der repräsentativen Demokratie eben ist, die Interessensgegensätze, die es gibt und immer geben wird, zu integrieren, Interessensgegensätze, die es in jeder Gesellschaft und eben wachsenden modernen Gesellschaften gibt."
    "Die Demokratie braucht kluge neue Ideengeber"
    Mit der Social-Media- Dauerempörung - Steinmeier sprach von "sozial-moralische Rage"- und der Verächtlichmachung der politischen Ordnung sei jedenfalls kein dauerhaft friedliches Gemeinwesen zu schaffen, so der Bundespräsident. Das müssen auch die Politikwissenschaftler als die Experten für Demokratie immer wieder herausarbeiten, forderte Steinmeier heute in der Goethe-Uni Frankfurt am Main. Und das möglichst in einer allgemein verständlichen Sprache und mit neuen Ideen für die Weiterentwicklung des Gemeinwesens:
    "Denn die Demokratie braucht heute nicht nur standfeste Verteidiger. Sie braucht auch kluge neue Ideengeber. Diese Zeit ist eine Bewährungsprobe für die Demokratie und deshalb muss sie auch eine Stunde der Politikwissenschaft sein."