Tobias Armbrüster: Es ist eine der Top-Meldungen an diesem Mittwochmorgen. Steve Bannon, der ehemalige Chefberater von US-Präsident Donald Trump, ist jetzt auch seinen anderen wichtigen Job los. Er ist nicht länger Herausgeber der rechtskonservativen Webseite Breitbart News. Allzu viel ist darüber nicht bekannt; wir wollen trotzdem darüber sprechen, auch über den Fall dieses Mannes, mit Stephan Bierling von der Universität Regensburg, dort Politologe und USA-Kenner. Schönen guten Morgen, Herr Bierling.
Stephan Bierling: Schönen guten Morgen, Herr Armbrüster.
Armbrüster: Herr Bierling, was schätzen Sie, warum musste Steve Bannon gehen?
Bierling: Das ist ganz klar. Er hat sich illoyal verhalten, indem er Michael Wolff dieses Interview gegeben hat in dem Buch, das jetzt auch durch die Medien ging, und darin nicht nur Trump selbst, sondern vor allem die Familie von Trump, seinen Schwiegersohn Jared Kushner sehr stark angegriffen hat.
"Eine längere Geschichte"
Armbrüster: Und warum stört das diese rechtskonservative Webseite so sehr?
Bierling: Das stört, weil er damit Illoyalität gegenüber Trump bewiesen hat. Das ist schon eine längere Geschichte. Er hat sich ja im Grunde schon vor einigen Monaten aus dem Weißen Haus verabschieden müssen, weil er vor allem von diesem genannten Schwiegersohn Jared Kushner mehr oder weniger rausgedrängt worden ist. Er ist im Unfrieden geschieden, er hat gegen Trump Wahlkampf gemacht, er hat versucht, im Grunde auch eine eigene rechtskonservative, rechtspopulistische Bewegung innerhalb der Republikanischen Partei aufzubauen, und damit hat er sich es nicht nur mit dem Weißen Haus, sondern auch mit den Granden in der Republikanischen Partei verdorben und zuletzt auch mit seiner Geldgeberin Rebekah Mercer, einer Milliardärin, die bisher seine Webseite, die Sie gerade angesprochen haben, Breitbart News, massiv unterstützt hat.
Armbrüster: Bleibt Steve Bannon jetzt noch irgendein politischer Einfluss?
Bierling: Eigentlich nicht. Der dürfte damit vorbei sein. Er hat keine Plattform mehr, von der er aus in den amerikanischen Wahlkampf eingegriffen hat. Er versucht ja - und das war sein großes Ziel -, im Grunde eine Revolution in der Republikanischen Partei durchzuführen, aber das dürfte damit zu einem Ende gekommen sein.
Trump habe es geschafft, die Republikaner zu zerfleischen
Armbrüster: Was sagt uns denn dieser Schritt, dieser Fall? Was sagt der aus über die aktuellen Zustände in der Republikanischen Partei?
Bierling: Das ist ein Hühnerhaufen. Es geht im Grunde jeder gegen jeden in den Kampf. Trump hat es geschafft wie ein Monster, im Grunde diese einst doch große und ideologisch auch einigermaßen zurechnungsfähige und geschlossene Partei im Grunde zu zerfleischen, und jetzt fallen im Grunde links und rechts alte Berater von ihm ab. Sie werden aus der Regierung gedrängt, wie Bannon ja vor ein paar Monaten. Jetzt haben sie nicht mal mehr Einfluss außerhalb.
Trump hat diese Partei übernommen und da Trump im Grunde weltanschaulich in vielen Fragen überhaupt nicht festgelegt ist, ist es auch ganz schwierig für seine Loyalisten, dauerhaft mit ihm zusammenzuarbeiten, weil Trump zeigt, Loyalität kennt er nicht. Er fordert sie ein von den Leuten, die ihn umgeben, aber im Letzten geht es nur um die Selbstglorifizierung. Es ist ein großer Egotrip dieses Mannes, und wenn angegriffen wird, dann wird er mit allem zurückschlagen, auch gerade wenn seine Familie hier ins Kreuzfeuer gerät, wie das Bannon gemacht hat.
Für Trump ist er selbst das "Zentrum des Universums"
Armbrüster: Glauben Sie denn, dass eigentlich Donald Trump hinter diesem zweiten Rauswurf von Steve Bannon steht?
Bierling: Es gibt mehrere Kräfte. Trump hat natürlich sehr deutlich gemacht, schon in seinen Tweets als Reaktion auf dieses Buch, dass er im Grunde alle Fäden, die ihn bisher mit Bannon verbunden haben, durchgeschnitten hat. Er hat ihn ja auch in seinen Tweets als "Sloppy Joe", als nachlässiger Joe bezeichnet. Das ist immer das erste Zeichen, dass sie wirklich auf seiner Feindesliste stehen. Er konnte auch nie verwinden, dass vor einem knappen Jahr das Time Magazine aufgemacht hat mit einem Bild von Bannon und ihn als den großen Manipulator bezeichnet hat, ganz so, als ob nicht Trump der wirkliche Sieger des Wahlkampfs sei und nicht der wirkliche Präsident, sondern Bannon, und das will Trump überhaupt nicht, dass es irgendwelche Sonnen neben ihm gibt. Er ist das Zentrum des Universums in seiner Weltsicht und wer sich dagegen stellt, der wird im Grunde massiv aus diesem Universum gedrängt.
"Trump ist fähig, immer noch eins draufzusetzen"
Armbrüster: Sie schildern da jetzt Zustände, Herr Bierling, die wir so oder in anderer Form auch immer wieder hören von anderen Experten, und zwar schon seit Monaten, eigentlich seit Amtsantritt von Donald Trump, und der jährt sich ja in den kommenden Wochen zum ersten Mal. Ein Jahr Donald Trump. Sehen Sie irgendwelche Anzeichen dafür, dass diese Präsidentschaft in den verbleibenden drei Jahren irgendwann mal in ruhigere Fahrwasser geraten kann, dass es da einen Kurs gibt, der sich auch vorhersehen lässt? Oder bleibt das so chaotisch?
Bierling: Es ist immer schwer vorstellbar, sich noch was Schlimmeres vorzustellen, als was Trump bisher schon gemacht hat. Im Wahlkampf konnten wir uns nicht vorstellen, dass es noch schlimmer wird, und viele Experten haben damals gesagt, lasst ihn erst Präsident werden, dann wird er sich schon ganz normal benehmen, dann wird er eingenordet von seinen Beratern. Was wir feststellen: Trump ist fähig, immer noch eins draufzusetzen. Trump ist Trump und er kann nichts anderes als Trump. Seine Weltsicht liegt fest: Es geht um ihn, es geht um seine Zustimmungsraten gar nicht so sehr, sondern die Aufmerksamkeit, die die ganze Welt ihm entgegenbringt. Darin glaubt er wirklich, seine eigentliche Mission zu finden.
Wir haben einige Entwicklungen und Möglichkeiten in der Außenpolitik, wo mittlerweile doch einige Profis an den Rudern sind - denken Sie an McMaster als seinem Sicherheitsberater -, dort ein bisschen mehr Rationalität reinzubringen. Aber alle Hoffnungen, dass Trump irgendwann eingenordet werden kann, dass er sich benimmt wie ein normaler Präsident, dass er auch mit den Granden der Republikanischen Partei dauerhaft zusammenarbeiten wird und auch die Ideologie der Republikaner irgendwie konsistent vertreten wird, das, glaube ich, wird nicht stattfinden. Dazu ist Trump einfach emotional, intellektuell und auch im Grunde vom Kenntnisstand der Politiken, die eigentlich gefordert sind, nicht fähig.
Armbrüster: Noch mal ganz zum Schluss kurz zurück zu Steve Bannon. Meinen Sie, könnte der sich in den kommenden Jahren eine eigene Machtbasis aufbauen in der amerikanischen Politik?
Bierling: Ich glaube, das ist vorbei. Steve Bannon hat im Grunde mit Trump, den er ja ideologisch mehr oder weniger mit ausgebildet hat, dessen Wahlkampf er geleitet und zum Sieg geführt hat, ein Monster geschaffen, das ihn jetzt verspeist hat. Wie viele Loyalisten der Trump-Bewegung fallen die dann irgendwann links oder rechts runter, weil Trump ihnen im Grunde auch keine Möglichkeit gibt, neben ihm Einfluss zu entfalten. Der scheint, jetzt wirklich eine Person der Vergangenheit zu sein. Ich sehe im Grunde auch weder die finanziellen Mittel, die er von irgendwem bekommen könnte, um weiter in der Politik mitzuspielen. Breitbart News hat er verloren. Das heißt, er hat kein Forum mehr, jetzt wirklich massiv auf amerikanische Politik Einfluss zu nehmen.
Armbrüster: Hier bei uns live in den "Informationen am Morgen" war das Stephan Bierling, Politologe an der Universität Regensburg, zum tiefen Fall des Steve Bannon. Vielen Dank, Herr Bierling, für Ihre Zeit.
Bierling: Sehr gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.