Istanbul
Politikwissenschaftlerin über Proteste in der Türkei: "Es geht nicht nur um die Person Imamoglu, es geht um die Zukunft der jungen Menschen"

Die Politik- und Sozialwissenschaftlerin Gülistan Gürbey sieht die Ursache für die Proteste in der Türkei nicht allein in der Verhaftung des Oppositionspolitikers Imamoglu. Vor allem junge Leute wünschten sich eine bessere Zukunft, sagte Gürbey im Deutschlandfunk.

    Eine Studentin ruft während einer Demonstration in Ankara in die Menge. Sie ist umgeben von vielen anderen jungen Leuten, die überwiegend Masken tragen.
    In der Türkei kommt es täglich zu neuen Protesten gegen die Inhaftierung des türkischen Oppositionspolitikers Imamoglu. (Imago / Zuma Press Wire / Tunahan Turhan)
    In der türkischen Metropole Istanbul hatten sich erneut Zehntausende Menschen zu einer Großkundgebung versammelt. Das Vertrauen in das politische System in der Türkei sei über die Jahre verloren gegangen, sagte Gürbey. Die Verhaftung des CHP-Politikers Imamoglu habe die Unzufriedenheit weiter verstärkt. Die Dimenson der Proteste zeige jedoch, dass es nicht allein um die Person Imamoglu gehe. "Die jungen Leute sagen: Wir stehen nicht für die CHP, wir wollen mit den Parteien eigentlich nichts zu tun haben. Es geht uns um eine bessere Zukunft."
    Gürbey spricht von der "Z Generation" - also von denjenigen, die seit dem Jahr 2000 geboren wurden. Diese Menschen wollten keine autokratische Regierung mehr. Die Professorin der Freien Universität Berlin verweist auf Jugendstudien in der Türkei, denen zufolge fast 70 Prozent beabsichtigen, das Land zu verlassen.
    In Istanbul hatten sich am Samstag erneut Zehntausende Menschen zu einer Großkundgebung versammelt. Imamoglus Ehefrau sagte in ihrer Rede, es gehe nicht nur um ihren Mann, sondern um die Zukunft der Türkei.
    Der vorerst abgesetzte Istanbuler Bürgermeister ist wegen Terrorvorwürfen festgenommen worden. Das löste im Land eine Protestwelle aus. Die Behörden gehen dagegen vor - es gab bislang hunderte Festnahmen.

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    Diese Nachricht wurde am 30.03.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.