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Politikwissenschaftlerin zur Lage der GroKo
Eine Regierung ohne Strahlkraft

Die Große Koalition werde vermutlich trotz Dauerkrise bis mindestens Ende des nächsten Jahres weiter amtieren - auch aus Mangel an Alternativen, sagte Politikwissenschaftlerin Sabine Kropp im Dlf. Bis zum Herbst könnten gemeinsame Projekte auf den Weg gebracht werden, danach breche der Wahlkampf an.

Sabine Kropp im Gespräch mit Benedikt Schulz |
Das Foto vom 12.3.2018 zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel (M, CDU), den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer (r) und den damals kommissarischen SPD-Vorsitzenden Olaf Scholz. Sie halten den Koalitionsvertrag in den Händen.
Weitermachen trotz Krise: Politikwissenschaftlerin Sabine Kropp hält Neuwahlen in Deutschland für wenig wahrscheinlich (dpa-Bildfunk / Wilfgang Kumm)
Die Parteien hätten kein Interesse an Neuwahlen, die SPD habe nach dem Parteitag im Dezember realisiert und mit ihrem entschärften Leitantrag auch umgesetzt, dass es noch den ein oder anderen Handlungsspielraum in der GroKo gibt - etwa beim Klimapaket oder einzelnen sozialpolitischen Vorhaben wie die Grundrente.
"Die CDU hat angesichts ihrer Umfragewerte, die ja auch bescheiden sind, kein gesteigertes Interesse daran, mit einer Spitzenkandidatin, deren Zukunft auch nicht gerade gesichert scheint, in das Rennen um eine neue Kanzlerschaft zu gehen." Eine Minderheitsregierung wäre nur eine zweit- oder drittbeste Lösung, die den nächsten Haushaltsaufstellungsprozess nicht überleben würde, sagte die Politikwissenschaftlerin.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer geht auf dem Parteitag der CDU in Leipzig über die Bühne.
Politologe über Kramp-Karrenbauer: "Das nächste Jahr wird nicht einfach für sie werden"
Angesichts des großen Drucks sei es klug von Annegret Kramp-Karrenbauer gewesen, auf dem CDU-Parteitag die Vertrauensfrage zu stellen, sagte der Politikwissenschaftler Jürgen Falter. Doch wenn die Kritik an der CDU-Chefin nicht abreiße, werde ihre Kanzlerkandidatur keineswegs zum Selbstläufer.
Kropp: Verdruss der Wähler normal
Die GroKo stelle sich in einem Zustand dar, in dem sie auf der einen Seite ein Gesetzespaket nach dem anderen auf den Weg bringe, zum Beispiel Grundrente, Kohleausstieg, Klimaschutzpaket. Auf der anderen Seite gebe es großen Verdruss an der Großen Koalition. Das sei aber ein normaler Vorgang, dass Wähler die Regierung nach einiger Zeit wieder abstrafen und ihr die Zustimmung entziehen.
Aber man müsse konstatieren, dass die Kommunikation über die eigene Leistung negativ ausfalle, das äußere Erscheinungsbild im vergangenen Jahr stark gelitten habe und man unter dem Vorbehalt regiere, die GroKo doch aufzulösen, sagte die Politologin. "Und von einer Regierung, die sich ständig selbst infrage stellt, kann keine Strahlkraft ausgehen".
Wähler vermissen innovative Ideen
Im Kabinett verstünden sich die Minister und Ministerinnen in einer Rolle, in der sie den Koalitionsvertrag professionell abarbeiten. Dieser sei sehr kleinteilig und dadurch hätten die Wähler den Eindruck, dass von dieser Regierung keine innovative Idee mehr ausgehe, wie man zum Beispiel die Probleme Strukturprobleme Arbeitsmarkt, das Klimaschutzpaket auf Dauer oder auch internationale Konflikte anpacken könne.
Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin, hält die Hände zur Raute vor der ersten Nationalen Luftfahrtkonferenz auf dem Flughafen Leipzig-Halle. 
GroKo 2020: Politische Normalität und Stabilität – zumindest oberflächlich
Auch die kommenden zwölf Monate wird Angela Merkel mit der Großen Koalition Deutschland regieren, kommentiert Stephan Detjen. Denn bei wichtigen Akteuren ist die Angst vor Neuwahlen und politischer Instabilität groß. Aber die tektonischen Verschiebungen in der Politik sind nicht eingehegt.
Wahlkampf ab Herbst 2020
2021 gebe es sechs Landtagswahlen und die Bundestagswahl und man könne davon ausgehen, dass die GroKo nur noch bis zum Herbst 2020 die Möglichkeit habe, gemeinsame Programme auf den Weg zu bringen. Danach breche der Wahlkampf an, schätzt die Politikwissenschaftlerin: "Dann werden die Nadelstiche, die im Augenblick mehr oder weniger wohlgesetzt ausfallen, in das ein oder andere Foul münden. Wir wissen aus der Koalitionsforschung, dass gegen Ende einer Legislaturperiode die Anteile des Wettbewerbs innerhalb einer Regierung gegenüber der Zusammenarbeit und der Kooperation zunehmen".
Ein weiterer Punkt, der die Zusammenarbeit laut Kropp erschwere, sei der Wechsel der Führungen in beiden Parteien. Zudem sei das Profil der Parteien unklarer im Vergleich zu den Grünen oder der AfD, die sich in Themen wie Umweltschutz oder Migration sehr eindeutig positionierten. "CDU und SPD hingegen müssen zum Beispiel, wenn sie Klimapolitik betreiben, immer auch die Verlierer im Auge behalten." Das erzeuge eine mitunter doch sehr verwaschene Positionierung beider Parteien in dieser Regierung. "Darunter leiden sie genauso wie unter dem Dauerregieren in dieser Koalition."