Die Parteien hätten kein Interesse an Neuwahlen, die SPD habe nach dem Parteitag im Dezember realisiert und mit ihrem entschärften Leitantrag auch umgesetzt, dass es noch den ein oder anderen Handlungsspielraum in der GroKo gibt - etwa beim Klimapaket oder einzelnen sozialpolitischen Vorhaben wie die Grundrente.
"Die CDU hat angesichts ihrer Umfragewerte, die ja auch bescheiden sind, kein gesteigertes Interesse daran, mit einer Spitzenkandidatin, deren Zukunft auch nicht gerade gesichert scheint, in das Rennen um eine neue Kanzlerschaft zu gehen." Eine Minderheitsregierung wäre nur eine zweit- oder drittbeste Lösung, die den nächsten Haushaltsaufstellungsprozess nicht überleben würde, sagte die Politikwissenschaftlerin.
Kropp: Verdruss der Wähler normal
Die GroKo stelle sich in einem Zustand dar, in dem sie auf der einen Seite ein Gesetzespaket nach dem anderen auf den Weg bringe, zum Beispiel Grundrente, Kohleausstieg, Klimaschutzpaket. Auf der anderen Seite gebe es großen Verdruss an der Großen Koalition. Das sei aber ein normaler Vorgang, dass Wähler die Regierung nach einiger Zeit wieder abstrafen und ihr die Zustimmung entziehen.
Aber man müsse konstatieren, dass die Kommunikation über die eigene Leistung negativ ausfalle, das äußere Erscheinungsbild im vergangenen Jahr stark gelitten habe und man unter dem Vorbehalt regiere, die GroKo doch aufzulösen, sagte die Politologin. "Und von einer Regierung, die sich ständig selbst infrage stellt, kann keine Strahlkraft ausgehen".
Wähler vermissen innovative Ideen
Im Kabinett verstünden sich die Minister und Ministerinnen in einer Rolle, in der sie den Koalitionsvertrag professionell abarbeiten. Dieser sei sehr kleinteilig und dadurch hätten die Wähler den Eindruck, dass von dieser Regierung keine innovative Idee mehr ausgehe, wie man zum Beispiel die Probleme Strukturprobleme Arbeitsmarkt, das Klimaschutzpaket auf Dauer oder auch internationale Konflikte anpacken könne.
Wahlkampf ab Herbst 2020
2021 gebe es sechs Landtagswahlen und die Bundestagswahl und man könne davon ausgehen, dass die GroKo nur noch bis zum Herbst 2020 die Möglichkeit habe, gemeinsame Programme auf den Weg zu bringen. Danach breche der Wahlkampf an, schätzt die Politikwissenschaftlerin: "Dann werden die Nadelstiche, die im Augenblick mehr oder weniger wohlgesetzt ausfallen, in das ein oder andere Foul münden. Wir wissen aus der Koalitionsforschung, dass gegen Ende einer Legislaturperiode die Anteile des Wettbewerbs innerhalb einer Regierung gegenüber der Zusammenarbeit und der Kooperation zunehmen".
Ein weiterer Punkt, der die Zusammenarbeit laut Kropp erschwere, sei der Wechsel der Führungen in beiden Parteien. Zudem sei das Profil der Parteien unklarer im Vergleich zu den Grünen oder der AfD, die sich in Themen wie Umweltschutz oder Migration sehr eindeutig positionierten. "CDU und SPD hingegen müssen zum Beispiel, wenn sie Klimapolitik betreiben, immer auch die Verlierer im Auge behalten." Das erzeuge eine mitunter doch sehr verwaschene Positionierung beider Parteien in dieser Regierung. "Darunter leiden sie genauso wie unter dem Dauerregieren in dieser Koalition."