Im Februar 2022 finden in Peking die Olympischen Winterspiele statt. Aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in China haben mehr als 180 Menschenrechtsorganisationen in den vergangenen Monaten zu einem politischen Boykott der Spiele aufgerufen. Ein Appell, dem sich jetzt auch die Europäische Parlament angeschlossen hat. In dieser Woche wurde eine Resolution mit überwältigender Mehrheit verabschiedet, in der alle EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen werden, Einladungen für Regierungsvertreter und Diplomaten zur Teilnahme an Spielen in Peking abzulehnen, solange sich die Menschenrechtssituation in Hongkong, der uigurischen Region Xinjiang und anderen Teilen Chinas nicht verbessert.
"Die Spiele werden in Peking stattfinden und dann ist die Frage: Wie stellt man sich zu diesem Event?", sagte Reinhard Bütikofer, Vorsitzender der China-Delegation des EU-Parlaments, im Dlf. "Und ich glaube, das naheliegendste ist dann, zu sagen: Auf gar keinen Fall sollen politische Verantwortliche aus Europa da auch noch den Beifallspender bei einer inszenierten Propagandashow abbilden."
"Hat sich alles noch einmal ins Negative verändert"
Schon seit sieben Jahren steht Peking als Austragungsort der Winterspiele 2022 fest. 2008 hatten bereits Sommerspiele in Peking stattgefunden. Warum kommen die Reaktionen also erst jetzt? "Die Menschenrechtsverletzungen sind in den vergangenen Jahren deutlich schlimmer geworden. Das hat sich alles enorm zugespitzt. Und die Arroganz, mit der Peking auf jede Kritik reagiert, ist auch schlimmer geworden. Das hat sich noch einmal sehr ins Negative verändert", erklärte Bütikofer.
"Vor acht Jahren konnte man mit hochrangigen chinesischen Funktionären noch über Menschenrecht reden, wenn auch nicht einigen. Das ist heute nicht mehr möglich. Insofern haben wir da eine neue Situation", so Bütokofer. "Und gerade die Lage der Uiguren ist jetzt so in den Vordergrund gerückt wie nie zuvor. Dass da eine ganze Nationalität nach noch nie dagewesenen Regeln der Kunst schikaniert und unterdrückt wird - man muss da quasi von moderner Sklaverei reden. Das steht so im Raum, dass jetzt zu ungewöhnlichen Maßnahmen wie einem politischen Boykott gegriffen werden muss."
2008 habe China zudem noch Versprechungen gegenüber dem IOC gemacht, in Sachen freier Berichterstattung oder Demonstrationsfreiheit, so Bütikofer. "Das alles ist heute vollständig verdrängt und vergessen."
Einfluss auch IOC nicht einfach
Das IOC sollte sich jetzt zumindest überlegen, ob es den Sportlerinnen und Sportlern ihre Meinungsfreiheit zurückgibt, sagte Bütikofer und erinnerte an die Black-Power-Geste der US-Sprinter Thommie Smith und John Wesley Carlos bei den Spielen in Mexiko 1962. "Ich finde, das sollten Vorbilder sein."
Dass IOC unter Druck zu setzen, Spiele nicht mehr in Länder mit problematischen Menschenrechtssituationen zu vergeben, sei laut Bütikofer nicht einfach. "Weil das IOC eine weitgehend abgeschottete, elitäre und in der Vergangenheit zum Teil ja auch korrupte Veranstaltung ist und man da nicht so leicht Einfluss drauf kriegt. Aber ich glaube, wenn die öffentliche Meinung und die Werbewirtschaft sich da positionieren und dann die Sportlerinnen und Sportler noch stärker einklagen, dass sie nicht als unpolitische Entertainer behandelt werden wollen, kann man schon einen Einfluss ausüben."