Bundesweit - außer in Bayern und im Saarland - streiken die Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr. Gefordert wird unter anderem eine 35-Stunden-Woche. Für den Hauptstreiktag am 1. März haben die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Fridays for Future und weitere Sozial- und Umweltverbände in mehr als 100 Städten zum Klimastreiktag aufgerufen. Sie fordern unter anderem, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen.
Bereits im März 2023 fanden Warnstreiks im öffentlichen Dienst und Klimaproteste gemeinsam statt. Verdi sieht in ihrem Arbeitskampf und dem Einsatz fürs Klima keinen Widerspruch, sondern einen Zusammenhang: "Der ÖPNV ist das Herzstück der klimafreundlichen und sozial gerechten Mobilitätswende", heißt es in einer Mitteilung. "Die Beschäftigten des Nahverkehrs befördern täglich 28 Millionen Fahrgäste und vermeiden dadurch 9,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr."
Kontra-Position: Klimastreik ist unzulässig
Die Bundestagsabgeordnete und Juristin Gitta Connemann (CDU) hält die gemeinsamen Proteste der ÖPNV-Beschäftigten und Fridays for Future für einen politischen Streik und damit für unzulässig. Nicht der Arbeitgeber, sondern der Gesetzgeber solle zum Handeln gezwungen werden.
Es gehe bei dem gemeinsamen Protest nicht ums Klima, sondern bloß auf der einen Seite um Geld und auf der anderen um Aufmerksamkeit. Der Streik richte sich nicht gegen Arbeitgeber, sondern gegen Millionen Unbeteiligte, die in Mithaftung genommen würden.
"Streik ist ein legitimes Mittel, um in einem Arbeitskampf Forderung durchzusetzen", sagt Connemann. "Aber wenn gestreikt wird, um am Ende Politik zu zwingen, etwas zu tun, dann Gnade uns Gott." In dieser kritischen Infrastruktur sollte Streik nicht erstes, sondern letztes Mittel sein. Connemann fordert, bei kritischer Infrastruktur Schlichtungsverfahren vorzuschreiben, wie in anderen europäischen Ländern.
Sind politische Streiks in Deutschland legal?
In Deutschland darf nur gestreikt werden, um Tarifverträge zu einem Abschluss zu bringen. Grundlage für dieses Streikrecht bildet die im Grundgesetz formulierte Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3). Politische Streiks sind allerdings gesetzlich nicht ausdrücklich verboten. Dennoch halten ihn viele Juristen für nicht zulässig: Das ist laut Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages die herrschende Meinung. Hintergrund ist ein Urteil des Freiburger Landesarbeitsgerichts von 1952, das vielfach als Verbot von politischen Streiks interpretiert wurde.
Einige Gewerkschaften haben in der Vergangenheit immer wieder die Legalisierung politischer Streiks gefordert und die Grenzen der Rechtsprechung getestet. So rief die IG Metall 2007 zu „Protesten während der Arbeitszeit“ gegen die Rente mit 67 auf. In anderen Ländern gilt die Nutzung des Streikrechts auch explizit für außertarifliche Anliegen.
Pro-Position: Urteil des Leipziger Arbeitsgerichts
Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben versucht, den laufenden Streik in Leipzig mit einer einstweiligen Verfügung gerichtlich zu untersagen. Das Arbeitsgericht entschied jedoch am 29. Februar im Sinne der Streikenden. Der angekündigte Streik sei "kein politischer Streik", so die Richterin, "obgleich eine Verbindung dennoch zu erkennen ist". Die Streikenden müssten lediglich mit 30 Personen einen technischen Notdienst gewährleisten.
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