Nouzha Skalli hat kein Problem damit, sich mit Konservativen anzulegen. Als Frauen-Ministerin forderte sie vor fünf Jahren, Abtreibungen in bestimmten Fällen zu erlauben - sehr zum Ärger konservativer Kreise. Die Burka-Entscheidung findet die marokkanische Sozialdemokratin ebenso richtig. Schon aus Sicherheitsgründen. Dem Radiosender Medi1 sagte sie:
"Leider es gibt viele traurige Beispiele dafür, dass dieses Kleidungsstück nicht nur Personen verhüllt, sondern auch Sprengstoffgürtel. Daher hat das Innenministerium das auch als Sicherheitsmaßnahme präsentiert. Mir gefällt dabei, dass nicht das schwächste Glied dabei ins Visier genommen wurde, die Frauen. Vielmehr ist es ein Schritt gegen die Netze, die oft nicht nur Bekleidung herstellen und verbreiten, sondern auch extremistische Ideologien."
Sicherheitsgründe als Motiv
Das Marokkanische Innenministerium hatte seine Mitarbeiter in den Städten schriftlich angewiesen, die Herstellung und Verbreitung von Burkas ab dieser Woche zu unterbinden. Die Vorschrift fand schnell ihren Weg in die marokkanische Presse– und sorgte in dem Land für Gesprächsstoff. Genauere Hintergründe der Vorschrift sind unklar, das Innenministerium wollte sich auf Anfrage des ARD-Büros Rabat nicht dazu äußern. Unter der Hand nannten Mitarbeiter allerdings Sicherheitsgründe als Motiv für den Schritt.
Der marokkanische König steht für einen gemäßigten, modernen Islam
Viele in Marokko fragen sich allerdings, ob wirklich nur die Angst vor Attentaten hinter der Entscheidung steht. Der marokkanische König ist dafür bekannt, für einen gemäßigten, modernen Islam zu stehen. Auf seine Initiative hat Marokko vor einigen Jahren fortschrittliche Frauengesetze durchgesetzt. Ihm dürfte es nicht besonders gefallen, dass einige seiner Untertanen sich in Burkas hüllen. Für den Islamforscher Karim Ifrak ist das Verbot nicht nur eine Sicherheitsmaßnahme, sondern auch ein politisches Signal:
"Die Burka ist Teil des Islams, aber nur eines sehr kleinen Teils. In den Mgahreb-Staaten ist sie kulturell und religiös nicht sehr verbreitet. Deshalb richtet sich die Botschaft an diejenigen, die eine andere Ideologie in Marokko einführen wollen."
Salafisten reagierten wütend auf die Nachricht
Damit meint Ifrak in erster Linie die Salafisten, die für einen konservativen Islam stehen. Tatsächlich reagierten einige Salafisten wütend auf die Nachricht. Ein Prediger Hammad Kabbadj etwa nennt es ein Skandal, dass die Burka verboten wird – leichte Badekleidung am Strand aber nicht. Kritik gibt es allerdings auch von liberaler Seite. Vom bekannten Kolumnisten Abdellah Tourabi etwa. Jede Frau solle tragen, was sie für richtig halte, so Tourabi.
"Die ersten Sultane trugen auch keine Slim Jeans, unsere Großmütter keine BH‘s von Victorias Secret – wie sie junge Marokkanerinnen sie heute tragen", schrieb Tourabi. Konsequenterweise solle das Ministerium dann auch Make-Up verbieten, das verhülle schließlich auch das echte Gesicht einer Frau.
Gilt das Verbot für nur für Burkas oder auch für den Niqab?
Das Burka-Verbot spaltet Marokko. Dabei sieht man Burkas in Marokko so gut wie nie. Zumindest, wenn man unter Burka die afghanische Burka versteht: Die weiten Gewänder mit Gitter-Fenster vor den Augen. Viel eher ist den Marokkanern die Niqab ein Begriff. Sie verhüllt ebenfalls den ganzen Körper sowie das Gesicht und die Haare. Im Unterschied zur Burka bleibt der Bereich der Augen allerdings frei.
Es ist unklar, ob das Burka-Verbot nun tatsächlich nur für Burkas gilt – oder wie manche in Marokko glauben, für jegliche Art von Vollverschleierung. Die Regierung schweigt dazu - und lässt so Raum für Interpretationen. Vielleicht ja ganz bewusst.