Von Ferne sind es kleine schwarze Punkte, die sich langsam im gleißenden Sonnenlicht der Insel Lampedusa nähern. Begleitet von der Küstenwacht fahren die Fischkutter mit den Immigranten dann in den kleinen Hafen und machen am Kai fest.
Auf den ersten Blick lässt sich Zahl der Bootsinsassen nur schwer abschätzen: Dicht gedrängt sitzen mutmaßlich 150 vermummte Gestalten im Bauch des 16 Meter langen Fischkutters, der gerade aus Libyen angekommen ist. Im hinteren Teil sieht man einige Frauen und zwei Männer, die kleine Kinder in den Armen halten. Sie dürfen als Erste von Bord. Als nach einer guten halben Stunde der Letzte an Land springt, schreibt der Grenzpolizist die Zahl 243 in sein Formular in der Spalte: "arrivi"; angekommene Personen.
395 Booten sind seit Mitte Januar mit mehr als 30.000 Menschen in Italien gelandet, davon bis gestern Nachmittag 26.104 alleine in Lampedusa. Die allermeisten, knapp 23.000, waren tunesische Bürger, die übrigen vor allem Flüchtlinge aus Somalia und Äthiopien, die aus dem Kriegsgebiet in Libyen fliehen. Nicht alle schaffen die mehrtägige Überfahrt: In der vergangenen Woche waren wahrscheinlich mehr als 250 Afrikaner ums Leben gekommen, als ihr Boot vor Lamepdusa kenterte.
Bis zum Ausbruch der Revolte in Libyen wurden sämtliche Boatpeople aus Libyen von italienischen Grenzschützern wieder zurückgeschickt, ohne dass ihr Recht auf Asyl in Italien geprüft wurde. Jetzt gilt das Gegenteil: Alle aus Libyen ankommenden Menschen können einen Antrag auf humanitäres Asyl stellen, im Gegensatz zu den Tunesiern, die als Wirtschaftsflüchtlinge gelten. Auch sie möchte Italien in anderen europäischen Ländern unterbringen, obwohl das Land deutlich weniger Asylbewerber aufnimmt als andere Staaten. Die Zahl der Anträge fiel von 30.000 im Jahr 2008 auf 8200 im letzten Jahr. In Italien lebten 2009 53.000 anerkannte Flüchtlinge, in Deutschland waren es zur gleichen Zeit 593.799. Statistisch betrachtet eine schlechte Ausgangsposition für die italienische Regierung, mehr Solidarität bei der Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen von den europäischen Partnern zu fordern.
Die römische Regierung beklagt lautstark, sie werde von Europa im Stich gelassen. Und Innenminister Maroni fragt sich seit gestern unverhohlen, ob es noch einen Sinn mache, in der EU zu verbleiben. Doch die Opposition und die kritische Presse beschuldigen die Regierung, die Immigration und ihre Probleme schamlos zu übertreiben, um damit die eigene Unfähigkeit zu verdecken, den Flüchtlingsstrom zu organisieren.
Dahinter steckt allerdings auch politisches Kalkül: Im Mai stehen wichtige Regionalwahlen an, bei der die Lega Nord auf Stimmenzuwächse dank ihrer extrem ausländerfeindlichen Haltung hofft. Dabei benötigen die italienischen Industriebetriebe grade im Norden dringend ausländische Arbeitskräfte. Die Rede ist von mehr als einer Million in den nächsten zehn Jahren.
Nach den katastrophalen Zuständen auf ihrer Insel vor etwa zwei Wochen äußerten einige Bewohner von Lamepdusa den Verdacht, dass der Notstand bewusst herbeigeführt wurde, um damit die Angst vor den Immigranten weiter zu schüren und Druck auf Europa auszuüben.
Erst in der vergangenen Woche wurden die meisten Immigranten von Lamepdusa weggebracht, einige Hundert kamen in das Lager Manduria in Apulien. Aber auch dort ist die Situation kaum besser:
"Es geht mir nicht gut, kein vernünftiges Essen, ich schlafe im Freien."
"Hier sind die Nächte ausgesprochen kalt, tagsüber ist es heiß, aber immer noch besser als eingesperrt im Lager."
"Das ist wie Guantanamo. Wir sind auf der Suche nach Freiheit und Frieden, nicht um hier nur zu essen und zu schlafen."
Genaue Zahlen über die noch in Italien befindlichen Tunesier gibt es nicht. Mehrere Tausend dürften inzwischen heimlich die Grenze, vor allem nach Frankreich überschritten haben.
Auf den ersten Blick lässt sich Zahl der Bootsinsassen nur schwer abschätzen: Dicht gedrängt sitzen mutmaßlich 150 vermummte Gestalten im Bauch des 16 Meter langen Fischkutters, der gerade aus Libyen angekommen ist. Im hinteren Teil sieht man einige Frauen und zwei Männer, die kleine Kinder in den Armen halten. Sie dürfen als Erste von Bord. Als nach einer guten halben Stunde der Letzte an Land springt, schreibt der Grenzpolizist die Zahl 243 in sein Formular in der Spalte: "arrivi"; angekommene Personen.
395 Booten sind seit Mitte Januar mit mehr als 30.000 Menschen in Italien gelandet, davon bis gestern Nachmittag 26.104 alleine in Lampedusa. Die allermeisten, knapp 23.000, waren tunesische Bürger, die übrigen vor allem Flüchtlinge aus Somalia und Äthiopien, die aus dem Kriegsgebiet in Libyen fliehen. Nicht alle schaffen die mehrtägige Überfahrt: In der vergangenen Woche waren wahrscheinlich mehr als 250 Afrikaner ums Leben gekommen, als ihr Boot vor Lamepdusa kenterte.
Bis zum Ausbruch der Revolte in Libyen wurden sämtliche Boatpeople aus Libyen von italienischen Grenzschützern wieder zurückgeschickt, ohne dass ihr Recht auf Asyl in Italien geprüft wurde. Jetzt gilt das Gegenteil: Alle aus Libyen ankommenden Menschen können einen Antrag auf humanitäres Asyl stellen, im Gegensatz zu den Tunesiern, die als Wirtschaftsflüchtlinge gelten. Auch sie möchte Italien in anderen europäischen Ländern unterbringen, obwohl das Land deutlich weniger Asylbewerber aufnimmt als andere Staaten. Die Zahl der Anträge fiel von 30.000 im Jahr 2008 auf 8200 im letzten Jahr. In Italien lebten 2009 53.000 anerkannte Flüchtlinge, in Deutschland waren es zur gleichen Zeit 593.799. Statistisch betrachtet eine schlechte Ausgangsposition für die italienische Regierung, mehr Solidarität bei der Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen von den europäischen Partnern zu fordern.
Die römische Regierung beklagt lautstark, sie werde von Europa im Stich gelassen. Und Innenminister Maroni fragt sich seit gestern unverhohlen, ob es noch einen Sinn mache, in der EU zu verbleiben. Doch die Opposition und die kritische Presse beschuldigen die Regierung, die Immigration und ihre Probleme schamlos zu übertreiben, um damit die eigene Unfähigkeit zu verdecken, den Flüchtlingsstrom zu organisieren.
Dahinter steckt allerdings auch politisches Kalkül: Im Mai stehen wichtige Regionalwahlen an, bei der die Lega Nord auf Stimmenzuwächse dank ihrer extrem ausländerfeindlichen Haltung hofft. Dabei benötigen die italienischen Industriebetriebe grade im Norden dringend ausländische Arbeitskräfte. Die Rede ist von mehr als einer Million in den nächsten zehn Jahren.
Nach den katastrophalen Zuständen auf ihrer Insel vor etwa zwei Wochen äußerten einige Bewohner von Lamepdusa den Verdacht, dass der Notstand bewusst herbeigeführt wurde, um damit die Angst vor den Immigranten weiter zu schüren und Druck auf Europa auszuüben.
Erst in der vergangenen Woche wurden die meisten Immigranten von Lamepdusa weggebracht, einige Hundert kamen in das Lager Manduria in Apulien. Aber auch dort ist die Situation kaum besser:
"Es geht mir nicht gut, kein vernünftiges Essen, ich schlafe im Freien."
"Hier sind die Nächte ausgesprochen kalt, tagsüber ist es heiß, aber immer noch besser als eingesperrt im Lager."
"Das ist wie Guantanamo. Wir sind auf der Suche nach Freiheit und Frieden, nicht um hier nur zu essen und zu schlafen."
Genaue Zahlen über die noch in Italien befindlichen Tunesier gibt es nicht. Mehrere Tausend dürften inzwischen heimlich die Grenze, vor allem nach Frankreich überschritten haben.