Erfurt
Politologe Brodocz bewertet Chaos im Thüringer Landtag als "Tiefpunkt des deutschen Parlamentarismus"

Der Erfurter Politologe André Brodocz hat das Chaos bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags als einen Tiefpunkt des deutschen Parlamentarismus bezeichnet. Die AfD habe in beispielloser Art die Prinzipien der parlamentarischen Demokratie missachtet, sagte der Professor im Deutschlandfunk.

    Blick in den leeren Sitzungssaal vor der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags.
    Die konstituierende Sitzung des Landtags in Thüringen verlief chaotisch. (Martin Schutt / dpa / Martin Schutt)
    Zugleich lobte er die anderen Parteien CDU, BSW, Linke und SPD. Sie hätten dieses undemokratische Verhalten sehr sachlich und mit guten Argumenten konfrontiert, meinte Brodocz. (Audio-Link)
    Der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner erklärte, die AfD als stärkste Kraft im Landtag habe die Sitzung instrumentalisiert - offenbar um Demokratie, Geschäftsordnung und Landesverfassung ein Stück weit vorzuführen und deren Grenzen auszutesten. Er habe das Agieren des AfD-Alterspräsidenten Treutler als ein inszeniertes Schauspiel empfunden, meinte Brenner. "Ich würde vor allem ein Verstoß gegen das freie Mandat der Abgeordneten sehen. Weil dieses Mandat auch das Recht beinhaltet, am parlamentarischen Prozess teilnehmen zu können, Anträge stellen zu können, Reden halten zu können."
    In der konstituierenden Sitzung des Landtags in Erfurt war es zum Eklat gekommen. Abgeordnete von CDU, BSW, SPD und Die Linke warfen Alterspräsident Treutler von der AfD vor, seine Position zu missbrauchen. Die Sitzung wurde mehrfach unterbrochen und soll nun am Samstag fortgesetzt werden. Am Freitag sollte sich zunächst das Landesverfassungsgericht mit den Vorgängen befassen. Der geschäftsführende Landesinnenminister Maier von der SPD sprach sich für ein Verbotsverfahren gegen die AfD aus.
    Diese Nachricht wurde am 27.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.