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Politologe erwartet Rückkehr Guttenbergs spätestens 2013

Der unrühmliche Abgang Karl-Theodor zu Guttenbergs (CSU) sei ein "Glücksfall" für den unbeliebten Parteichef Horst Seehofer, sagt Wienand Gellner. Guttenberg selbst empfiehlt er ein Auslands-Sabbatical - 2013 könne er dann zur Wahl in Bayern zurückkehren.

    Dirk Müller: Polemische und auch zynische Angriffe auf den politischen Gegner, das gehört sich so am Politischen Aschermittwoch. Eine ganz eigene Rolle spielte dabei auch das Thema zu Guttenberg. Mein Kollege Jonas Reese hat mit dem Politikwissenschaftler Wienand Gellner von der Uni Passau gesprochen. Seine erste Frage: Die CSU, Horst Seehofer und Guttenberg, eine echte Unterstützung, oder heuchlerischer Eigennutz?

    Wienand Gellner: Seehofer war natürlich letztendlich ein CSU-Chef auf Abruf. Die Partei hatte sich auf K.-T., auf den Nachfolger bereits eingestellt, und angesichts der jetzigen Situation ist es für Seehofer mit Verlaub fast schon ein Glücksfall, denn er kann jetzt natürlich sich als die große, Mitleid heischende Vaterfigur sich darstellen, ohne dass er befürchten muss, dass Guttenberg ihm jedenfalls in der nächsten, in absehbarer Zeit gefährlich werden könnte.

    Jonas Reese: Also ein großer Konkurrent ist jetzt erst mal aus seiner Sicht kaltgestellt?

    Gellner: Genau, denn für Seehofer jetzt auch angesichts der doch relativ dünnen Personaldecke in der CSU, was man ja bei der doch ziemlich verlegenen Besetzung des Ministeramtes, der Nachfolge erkennen konnte, gibt es keine Alternative mehr zu Seehofer, jedenfalls bis 2013, bis zu den Wahlen. Und alle Anderen oder die jüngeren Leute jedenfalls, die es in der CSU natürlich gibt, sind jetzt erst mal auf Seehofers Protektion letztendlich angewiesen.

    Reese: Nach 2013, nach der von Ihnen angesprochenen Wahl, wird sich das dann ändern Ihrer Meinung nach?

    Gellner: Gut, mal davon abgesehen, dass es von dem Wahlergebnis abhängt – Seehofer ist ja auch nicht mehr so jung -, wenn es ein geordneter Übergang wird, wenn die CSU die Wahl mit Ach und Krach, mit Sicherheit nicht mit 50plus gewinnen sollte, dann denke ich, dass Seehofer noch ein, vielleicht eineinhalb Jahre macht, um dann seinen Nachfolger zu inthronisieren. Ich denke, das ist der Plan, den man hat, und dazu sehe ich momentan auch keine Alternative.

    Reese: Was wäre jetzt Ihre Empfehlung an zu Guttenberg? Auf welchem Weg würde er am schnellsten zurückkehren können, vorausgesetzt er will das überhaupt?

    Gellner: Das ist ein guter Punkt. Unser Ex- oder Noch-Bundesbankpräsident geht erst mal ein Jahr nach Chicago und lehrt. Guttenberg wäre gut beraten, auch etwas Ähnliches zu tun, ins Ausland, ein Sabbatical, ein Engagement vielleicht im karitativen Bereich, was er sich ja leisten kann aufgrund seines Vermögens. Jedenfalls im Moment ist die Politik sicherlich für ihn keine Alternative. Dass er in absehbarer Zeit, sagen wir zwei, drei, maximal vier Jahre, natürlich wieder zur Verfügung stehen könnte und gegebenenfalls dann auch vielleicht nach 2013/14, wenn es in Bayern zu einer Verjüngung kommen muss, das ist außer Frage. Ob er sich das letztendlich antun wird, hängt auch natürlich davon ab, ob diese über oder um die 100 anhängigen Klagen, wie er aus dieser Nummer rauskommt, um es salopp zu sagen, denn da könnte natürlich was hängen bleiben in Richtung Vorstrafen, und das wäre zwar für Bayern auch nicht unbedingt ungewöhnlich, aber doch zumindest sehr hinderlich.

    Reese: Und fehlt denn nicht auch zur vollständigen Rehabilitierung zu Guttenbergs wenigstens eine klare Entschuldigung, ein offenes Schuldeingeständnis? Das kam ja bisher noch nicht.

    Gellner: Ja, natürlich. Ich meine, das ganze Krisenmanagement war von Beginn an meines Erachtens völlig falsch angelegt. Man glaubte, irgendwie hier mit politischen Maßnahmen, mit Unterstützung natürlich der Bildzeitung, gewissermaßen aus der Sache noch mal rauszukommen. Das war falsch. Man darf nicht unterschätzen, dass natürlich im Besonderen in den bürgerlich-konservativen Kreisen – und wenn man die FAZ aufmerksam gelesen hat in den letzten zwei, drei Wochen, war das sicherlich so die Speerspitze des bürgerlichen Widerstandes nach dem Muster, so was tut man nicht. Also von daher hätte er von Anfang an die Offensive wählen müssen, hätte sich entschuldigen müssen, hätte sagen können, mein Gott, so was kann mal passieren und die Arbeit ist vielleicht hektisch entstanden und so weiter, aber das zu retten war meines Erachtens im Ansatz der falsche Weg.

    Reese: Dennoch hat die ganze Affäre der Union nicht geschadet. Neuesten Umfragen zufolge hat die Union ihre Sympathiedelle mit dem Rücktritt zu Guttenbergs ausgebügelt. Warum? Wie erklären Sie sich das?

    Gellner: Gut, zunächst mal sind diese Umfragen natürlich doch noch vergleichsweise frisch, und wir wissen auch natürlich – das ist eben das Problem mit diesen Umfragen, gerade mit repräsentativen Umfragen -, dass hier natürlich auch Leute zu Wort kommen, die den akademischen Betrieb, die auch die Umstände gar nicht kennen, in denen solche Arbeiten entstehen, sodass, wenn wir hier jetzt eine qualitative Umfrage hätten bei Meinungsführern und Meinungsführerinnen, hätten wir sicherlich ein ganz anderes Votum, sodass man abwarten muss, und das werden wir dann spätestens natürlich bei der Wahl in Baden-Württemberg sehen, wie sich das denn vielleicht doch widerspiegelt bei Wählern, die durch solche Umfragen nicht wirklich erfasst werden.

    Reese: Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Rede heute zum Politischen Aschermittwoch gesagt, die Union muss sich nicht belehren lassen, wenn es um Anstand und Ehrlichkeit in der Politik geht. Sehen Sie das auch so?

    Gellner: Das würde ich genau anders sehen. Gerade eine Partei, die doch sich auf einen gewissen bürgerlichen Wertekanon stützt, die Partei hat Glück jedenfalls, dass es honorige Mitglieder und Repräsentanten gibt, wie beispielsweise Lammert, ich erwähne Biedenkopf, Schavan, vermutlich eher im Auftrag von Merkel, die aber doch hier einen klaren Strich ziehen und damit auch zum Ausdruck bringen, dass es einfach nicht angeht, dass beispielsweise im Vergleich ein Meister, ein Geselle, der sein Gesellenstück kopiert hat, dass ich den nicht auf mein Dach lasse, auch wenn der sich Dachdecker nennt. Das ist doch evident und das sitzt letztlich, glaube ich, bei der Kernklientel der Union sehr tief. Alles andere, was hier passiert, ist letztendlich der hektische Blick auf Meinungsumfragen und, ich will nicht sagen, die Panik, aber etwas, was der Panik nahe kommt, mit Blick auf eine wirklich dramatisch entscheidende Wahl in Baden-Württemberg.

    Müller: Mein Kollege Jonas Reese im Gespräch mit dem Passauer Politikwissenschaftler Wienand Gellner.

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