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Nach Anklage
Politologe Mounk: "Verfahren wird Trump helfen" - schon jetzt höhere Popularitätswerte

Der deutsch-amerikanische Politikwissenschaftler Yascha Mounk sieht den früheren US-Präsidenten Trump trotz der Anklage politisch gestärkt. Der Professor an der Johns Hopkins University in Baltimore sagte im Deutschlandfunk, das Verfahren werde Trump helfen. Er liege schon jetzt in Umfragen für die republikanischen Vorwahlen deutlich vorne.

    Donald Trump sitzt auf der Anklagebank eines Gerichts; links und rechts von ihm je zwei Anwälte. Im Hintergrund stehen uniformierte Beamte.
    Donald Trump mit seinen Verteidigern im Gerichtssaal im New Yorker Stadtteil Manhattan (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Seth Wenig)
    "Selbst Juristen, die Trump nicht sympathisch gegenüberstehen, halten die Anklage für eher wackelig", betonte Mounk im Deutschlandfunk. Im Universum von Trump seien die Anklagepunkte zudem eher Lappalien. Es gebe beispielsweise historisch bedeutsamere Vorgänge wie den von ihm provozierten Sturm auf das US-Kapitol. Außerdem gebe es politisch ein Problem mit dem amerikanischen Justizsystem, in dem Richter oder Staatsanwälte demokratisch gewählt werden, erklärte Mounk. Der New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg habe sich wählen lassen mit dem Versprechen, Trump auf jeden Fall vor Gericht zu bringen. Selbst wenn die Anklage sehr stichfest wäre, werde es Trump sehr einfach gemacht, die Anklage als politisch motiviert und unfair zu bezeichnen. "Ich glaube nicht, dass der Prozess fähig sein wird, einen breiten Konsens in der Gesellschaft gegen Trump aufzubauen", betonte der Politikwissenschaftler.

    Trump beteuert Unschuld

    In New York waren dem Ex-Präsidenten die Details der Anklage verlesen worden. Ihm wird die Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen vorgeworfen. Nach der Anklageverlesung beteuerte Trump in seinem Anwesen in Mar-a-Lago in Florida vor Anhängern seine Unschuld: "Das einzige Verbrechen, das ich begangen habe, ist die furchtlose Verteidigung unserer Nation gegen diejenigen, die sie zerstören wollen." Trump sprach von einem Versuch seiner Gegner, die Justiz zu missbrauchen und die Präsidentschaftswahl im November 2024 zu beeinflussen. Der 76-Jährige will erneut kandidieren.
    Die Staatsanwaltschaft schlug als Starttermin für einen möglichen Prozess gegen Trump Januar 2024 vor, die Verteidigung machte sich für einen späteren Zeitpunkt stark - im späten Frühling 2024. Das Verfahren wird sich also noch länger hinziehen.

    Mounk: Trump ist wieder in der Mitte der Aufmerksamkeit

    "Die Trump Show wird uns noch einige Jahre erhalten bleiben", prognostizierte der Politikwissenschaftler Mounk. Trump sei nun wieder in der absoluten Mitte der Aufmerksamkeit. Und er profitiere von einem Phänomen, von dem viele Populisten profitierten: "Wenn man es einmal schafft, jede Institution dazu zu bringen, sich über die eigene Personalie zu entzweien, dann ist es unwahrscheinlich, dass sich das im Laufe der Zeit ändert." Mounk verwies auf Länder wie Italien oder Lateinamerikas, wo es Populisten ebenfalls gelang, sich dank einer starken Medienpräsenz politisch zu behaupten.
    Die Mehrheit der Amerikaner sehe Trump sehr kritisch, bei etwa 15 Prozent genieße er aber Rückhalt, erläuterte der Politikwissenschaftler. "Und das könnte reichen, die Vorwahlen zu gewinnen und zum nächsten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner für die Wahlen 2024 zu werden." In den Umfragen für die republikanischen Vorwahlen liege er rund 30 Prozent vor seinem stärksten Herausforderer, dem Gouverneur von Florida DeSantis.
    Dass Trump aus dieser Position heraus auch nächster Präsident der USA werde, bezeichnete Mounk als derzeit relativ unwahrscheinlich. Dennoch gebe es eine Reihe von Unwägbarkeiten, die Trump helfen könnten, weitere Stimmen zu erhalten, z.B. eine eintretende Rezession in den USA und die möglicherweise angeschlagene Gesundheit von US-Präsident Biden.
    Diese Nachricht wurde am 05.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.