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Polizei Hessen
Auf Streife mit der Körperkamera

Hessen will nach einer Erprobungsphase in drei Städten nun landesweit mehr als 60 "Body Cams" für Polizisten anschaffen und regelmäßig vor allem in nächtlichen Brennpunkten einsetzen. Auch Hamburg erprobt diese Überwachungstechnik zurzeit, Rheinland-Pfalz hat ebenfalls Interesse signalisiert. Andere Bundesländer zögern.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Polizist, der eine Schutzweste trägt, steht vor einem Streifenwagen.
    Die hessische Polizei geht testweise mit "Body Cam" Streife. (picture alliance / dpa - Uwe Zucchi)
    Ein inszenierter Tumult heute Morgen am Sockel eines Denkmals vor dem Hessischen Landtag in Wiesbaden. Betrunkene – in Wirklichkeit sind es Polizeibeamte - pöbeln lautstark zwei Polizisten an, ein dritter Beamter steht im Hintergrund. Auf seiner Schulter ist eine kleine Videokamera – eine sogenannte "body cam" installiert, auf der Brust heftet der Schriftzug "Videoüberwachung". Dann ruft er "Kamera lauft". In der Inszenierung der Polizei wird es ruhig, die Betrunkenen werden stumm, weil sie sich nun vom Kameraauge beobachtet fühlen.
    Frank Vogel, der für die hessische Polizei das Body Cam-Pilotprojekt in Wiesbaden koordiniert, erläutert am Rande der Szene, dass sich die Aktion nicht gegen das Datenschutzrecht verstößt:
    "Das gegenüber muss wissen, dass es gefilmt wird. Dafür ist aber der Schriftzug auf der Weste. Hinten steht es auch noch mal drauf. Insofern ist damit dem Datenschutz Rechnung getragen."
    Im Frankfurter Vergnügungsviertel Sachsenhausen seien in den vergangenen Monaten Body Cams probehalber zum Einsatz gekommen, erläutert später der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) das Überwachungsprojekt bei einer Pressekonferenz im Landtag. Betrunkene seien durch die Body Cams der Polizisten spät in der Nacht davon abgehalten worden, gegenüber Polizisten handgreiflich zu werden:
    "Wir haben vor allem mit diesem Einsatzmittel erreicht, dass wir einen deutlichen Rückgang der gewalttätigen Übergriffe auf Polizeivollzugsbeamte im Einsatz erreichen konnten. Und das ist ein wirklich messbarer und guter Erfolg."
    Deshalb will Hessen nun 60 zusätzliche "Body Cams" für Polizisten anschaffen und regelmäßig vor allem in nächtlichen Brennpunkten einsetzen, so der Innenminister. Auch Hamburg erprobt diese Überwachungstechnik zurzeit, auch Rheinland-Pfalz habe Interesse signalisiert, hieß es heute in Wiesbaden. Hessens Innenminister Peter Beuth befürchtet nicht, dass dadurch die Entfremdung zwischen Bürgern und Polizei wächst:
    "Ich glaube nicht, dass es das Bild der Polizei verändert. Denn unsere Polizisten sind große Kommunikatoren. Sie sind, wenn sie auf Streife unterwegs sind und in eine Situation hineingeraten, wie sie das eben auch selbst gesehen haben, werden die Personen angesprochen."
    Kamera soll deeskalierende Wirkung haben
    Die Kamera solle erst dann zum Einsatz kommen, wenn sie eine ernüchternde und deeskalierende Wirkung verspricht. Eine Gymnasiasten- Gruppe aus Gießen verfolgte am hessischen Landtag den inszenierten Body Cam-Einsatz der Polizei. Die Meinungen sind geteilt:
    "Also ich finde das gar nicht so übel, denn so hätte die Polizei eindeutige Beweise und könnte so gegen Wiederholungstäter eindeutig vorgehe."
    "Schon wenn die Polizei kommt, wird man ein bisschen ruhiger. Aber wenn man jetzt noch weiß, dass die Kameras haben, bleiben sie vielleicht ganz normal in der Gegend rumstehen."
    "Also das geht mir jetzt zu weit, einfach Leute zu filmen."
    "Ich denke, es ist schon sinnvoll, allerdings kann ich schon verstehen, dass sich viele Leute angegriffen fühlen, weil es eben in die Privatsphäre eingreift."
    "Es mag ja sein, es hat vielleicht auch was Gutes. Aber man wird als Persönlichkeit total eingegrenzt."
    NRW sieht "Body Cams kritisch
    Anders als ihre Parteifreunde etwa in Nordrhein-Westfalen, die die "Body Cams" kritisch sehen, sind die hessischen Grünen mit dem Einsatz einverstanden. Die Grünen regieren in Hessen gemeinsam mit der CDU. Auch aus den Oppositionsfraktionen des Landtages kam heute kein lautstarker Protest – die Linkspartei erwartet, dass der Innenminister die Ergebnisse des Body-Cam-Projekts noch einmal dem Landtag vorstellt, bevor er es flächendeckend einführt. Der Landesdatenschützer erklärt, er wolle bei der Formulierung der Handlungsanweisungen für den alltäglichen Umgang mit Body- Cams bei Streifengängen besonders darauf achten, dass der Zeitpunkt, an dem die Kamera angeschaltet wird, dem Bürger, der gefilmt werden soll, ganz deutlich mitgeteilt wird. Ab Frühjahr 2015 wird er dann aber wohl in den meisten hessischen Städten Streifengänge mit Videokameras geben- besonders nachts.