Es ist eine immer wieder diskutierte Idee, die Robert Habeck heute wieder belebt. Nach Rechtsextremismus-Vorwürfen gegen Polizisten in Hessen fordert der Grünen-Chef gegenüber AFP ein Meldesystem für solche Vorfälle. Außerdem solle es "unabhängige Beauftragte" geben, die jenseits von Dienstwegen Hinweisen nachgehen könnten. Es dürfe keinen Generalverdacht gegen Polizisten geben, betont im Deutschlandfunk der Professor für Publizistik Tanjev Schulz, der sich intensiv mit dem NSU auseinandergesetzt hat. Es gebe aber immer wieder problematische Vorfälle - und solche Polizisten, die sich dagegen wehrten.
Unabhängige externe Ansprechpartner
"Diese Leute muss man stärken in der Polizei und in anderen Sicherheitsbehörden, da muss es Mechanismen geben, dass die nicht als die "Verräter" gelten und "Nestbeschmutzer". Es braucht auch tatsächlich, wie es jetzt Politiker fordern, glaube ich, so etwas wie unabhängige Polizeibeauftragte, Ombudsleute."
Die Innenpolitikerin der Fraktion die Linke im Bundestag, Ulla Jelpke, wird konkreter. Solche Beschwerdestellen müssten organisatorisch unabhängig, finanziell und personell gut ausgestattet sein. Und sie müssten Kompetenzen haben - etwa das Recht, Akten einzusehen und Zeugen zu befragen.
Die Idee ist umstritten. In der Diskussion um die hessischen Vorfälle hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sie bereits abgelehnt. Zu unabhängigen Beauftragten oder Ombudsleuten sagte der CSU-Politiker:
"Die lösen ja nicht das Problem, um das es geht, nämlich erst einmal überhaupt solche Personen zu erkennen, auf sie aufmerksam zu werden. Da ändert sich ja nichts dran. Zunächst muss erst einmal ein betroffener Bürger oder eben ein Kollege sagen: Da ist was im Gange, da ist jemand nicht ok. Und dann muss man konsequent handeln."
Polizeigewerkschaft: Wir haben demokratische Strukturen
So sieht es auch Oliver Malchow. Im Bayerischen Rundfunk forderte der Chef der Gewerkschaft der Polizei gestern Aufklärung und gegebenenfalls scharfe Sanktionen, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Ein generelles Problem sieht er aber nicht, auch nicht in der Gesprächskultur der Polizei.
"Ich glaube, dass die Polizei sich in den letzten 30 Jahren sehr verändert hat. Wir haben demokratische Strukturen, Beteiligungsrechte, da kann man den Mund aufmachen, da haben sich Vorgesetzte kooperativ zu verhalten."
Deshalb hält auch er, wie Joachim Herrmann, keine externen Ansprechpartner wie einen unabhängigen Beauftragten für nötig.
"Was aber natürlich sein muss, ist, dass Fehlverhalten auch gemeldet wird. Da haben auch Dienstvorgesetzte eine Funktion. Ob die überhaupt in der Lage gewesen sind, hier dieses Fehlverhalten festzustellen, das muss man aber abwarten."
Ein systematisches Problem?
Mal sehen, was bei den Untersuchungen herauskommt, so gestern im Deutschlandfunk auch der hessische Innenausschussvorsitzende Horst Klee. An sich aber lehnt auch der CDU-Politiker die Idee des Ombudsmanns ab.
"Ich halte nichts davon, jetzt schon wieder weitere Institutionen in den Raum zu stellen, die im Prinzip alle nur dazu führen, dass es weitere Zeitverzögerungen gibt, dann gibt es noch mehr Anlaufstellen."
Die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic, selbst gelernte Polizistin, stellt eine andere Forderung auf, die nach bundesweiter Aufklärung. In einem ersten Schritt sollten die Innenminister einen länderübergreifenden statistischen Überblick über Disziplinarverfahren in Sicherheitsbehörden schaffen, bei denen es Bezüge zu Extremismus gebe. Mehr Aufklärung fordert auch Tanjev Schultz. Der Wissenschaft fehle der Zugang zu Behördendaten.
"Weil Politik und auch die Behördenchefs bisher wenig Interesse gezeigt haben, seit vielen Jahren, das ganze systematisch als Problem zu erkennen und anzugehen und für die Aus- und Fortbildung auch entsprechende Datengrundlagen zu haben."
In der Affäre um die mutmaßliche rechtsextreme Chat-Gruppe werden inzwischen auch andere hessische Dienststellen als die in Frankfurt untersucht. Hessens Innenminister Peter Beuth hatte gestern betont, er sehe keine Anhaltspunkte für ein "rechtes Netzwerk" in der Polizei.