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Polizeiausbildung trotz Hitze und Malaria

In Afrikas flächenmäßig größtem Land - dem Sudan - wird ab Sonntag gewählt. Es sind die ersten Wahlen seit 24 Jahren und mit Ausschreitungen wird gerechnet. Die UN Mission im Südsudan versucht daher in Windeseile, die Sicherheitsvorkehrungen zu stärken, indem sie Polizisten ausbildet.

Von Dagmar Wittek |
    7000 Menschen lagern direkt am Nilufer. Die Behausungen sind zumeist eilig zusammengezimmerte Reetsonnendächer. Sanitäre Einrichtungen gibt es nicht. Die Wahl besteht zwischen Plumpsklos oder dem Busch. Gekocht wird unter freiem Himmel in gewaltigen Blechtöpfen auf offenem Feuer. Noch ähnelt die künftige Polizeieliteschule des Südsudan eher einem Flüchtlingslager.

    Die Polizeileitzentrale befindet sich unter einem Mangobaum und ist mit weißen Plastikstühlen und Klapptischen ausgestattet. Die Ausbildung der neuen Polizeigeneration findet unter schwierigsten Bedingungen in brütender Hitze statt. Täglich melden sich rund 200 Rekruten krank mit Durchfall oder Malaria.

    Zurzeit wird daher rasch eine Klinik gebaut - und bevor die Regenzeit in den nächsten Wochen hereinbricht, sollen auch noch Unterkünfte entstehen. Für sanitäre Einrichtungen hat das deutsche Außenministerium nach einer Stippvisite spontan 300.000 Euro Nothilfe bereitgestellt. Josephine Najora ist eine der Rekrutinnen im Polizeiausbildungslager Rajaf. Ihre Geschichte ist typisch für das, was die meisten jungen Leute erlebt haben.

    "Als ich in der Grundschule war, wurden wir ständig von den Bombern der Araber gestört. Wir mussten dann immer rennen und uns im Busch verstecken. Ich habe so viele Freunde dadurch verloren. Es war hart. Deshalb will ich jetzt Polizistin werden, dann Politik studieren und mein Land wieder sicher machen und kultivieren."

    Die 22-Jährige ist voller Optimismus, dass es von nun an mit den ersten Wahlen seit 24 Jahren bergauf gehen wird.

    "Das wird ein voller Erfolg und es wird unser Land verändern. Wir hoffen nur, dass unsere Politiker das Richtige tun, damit wir für immer Frieden im Sudan haben werden."

    Aber das Konfliktpotenzial im Land ist enorm. Zwar hat der Süden große Ölreserven, aber diese liegen zum Großteil im noch nicht klar demarkierten Grenzgebiet zwischen Nord- und Südsudan. Zudem enden ethnische Auseinandersetzungen, in denen es meist um Grundbesitz und Weideland geht, mit Hunderten Toten. Schätzungen zufolge befinden sich in jedem Haushalt etwa zwei bis drei Schnellfeuergewehre. Umso wichtiger, dass die neue Polizeigeneration eine zivile Kraft wird und Grundkenntnisse in Deeskalationstechniken hat, erklärt Major General Jackson Elia.

    "Politik und ethnische Auseinandersetzungen gehören nicht in die Polizei. Wir versuchen, in den jungen Leuten den Geist des nationalen Denkens zu kultivieren. Stammesfehden gehören hier nicht her. Daher mischen wir die Einheiten. Immer 50 aus den verschiedenen Staaten. Sie essen und schlafen gemeinsam. Das sollte ihre Haltungen gegenüber anderen Ethnien verändern. Sie sind jetzt in der Polizei, da muss man neutral sein und das Gesetz richten lassen."

    Daran gewöhnt, dass das Gesetz richte, ist die Mehrzahl der rund 38 Millionen Sudanesen aber nicht. Die meisten kennen nur 22 Jahre blutigsten Bürgerkrieg und nun gerade mal fünf Jahre Frieden. Zudem hängen allein im Südsudan rund 90.000 ehemalige Soldaten der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung aufgabenlos herum. Teil des Friedensabkommens war, dass sie die Waffen abgeben, demobilisiert und rapatriiert werden. Die internationale Gemeinschaft hatte 2005 Geld dafür zugesagt, so der Präsident des Südsudan Salva Kiir Mayardit.

    "Aber so kam es nicht. Deshalb konnten wir nicht alle Soldaten demobilisieren. Wir hatten kein Geld dafür. Und Soldaten, die man einfach so auf die Straße setzt, können rebellieren und einen neuen Krieg entfachen."

    Dass es wieder Krieg geben könnte, daran mag keiner im Sudan denken. Aber es knirscht mächtig im Regierungsgebälk von Präsident Omar al-Baschir und Vizepräsident Salva Kiir. Vor allem geht es um die Verteilung der Einnahmen aus Sudans Ölquellen, die weitgehend im Süden des Landes liegen.

    "Aus den Ölgeschäften sollen wir laut Friedensabkommen 50 Prozent bekommen, das ist nicht der Fall. Baschirs Partei, die NCP, leugnet das. Aber internationale Beobachter haben bestätigt, dass wir nur zwölf bis 25 Prozent bekommen. Jetzt sagt die NCP, sie werde das untersuchen lassen, aber nichts passiert. Das ist und bleibt ein Skandal."

    Eine explosive Situation bestätigt auch Major General Elia.

    "Es wird zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen. Aber deshalb bereiten wir unsere jungen Polizisten jetzt gut auf alle Eventualitäten vor, damit möglichst keine Gewalt eskaliert."

    Es herrscht sengende Hitze, es staubt und der Drill kennt kein Pardon. Aber Josephine Najora weiß, was sie will.

    "Die Bedingungen sind extrem hart, aber ich bin ja nicht umsonst hier. Ich werde Polizistin werden, also kann ich das auch aushalten. Ich habe viel Extremeres im Krieg erlebt. Ich werde etwas erreichen und mein Land verändern."

    Die Mission der Vereinten Nationen, UNPOL, unterstützt die südsudanesische Polizei im Aufbau einer neuen Polizeigeneration, die so wie Josephine aufrichtig und demokratisch denkt und agiert. Das Ziel, so der stellvertretende Polizeikommissar der UNPOL Klaus-Dieter Tietz: die Ausbildung von 30.000 jungen Polizisten im Vorfeld der Volksabstimmung im Januar 2011, bei der sich der Südsudan voraussichtlich vom Norden abspalten wird und es möglicherweise zu größeren Unruhen kommen wird.

    "Nur mit Frieden ist es möglich, dieses Land voran zu entwickeln. Einer der ganz wesentlichen Punkte denke ich, ist Vertrauen zu haben in sein Land, in die Regierung, aber auch in die Polizei. Ich muss mich sicher fühlen in meinem Staat. Soweit sind wir noch nicht. Das bedarf jahrelangen Engagements."