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Polizeigeschichte als Gesellschaftsgeschichte
Wandel im Umgang mit Protest

Für die einen ist sie "Dein Freund und Helfer", für die anderen repressives Werkzeug eines verhassten Staates. Heute gibt es zwar auch in der Polizei kritische Beamten, die die moralischen Grenzen des eigenen Handels diskutieren, wie aber steht es um eine spezifische Polizei-Ethik?

Von Andreas Beckmann |
Demonstration von "Querdenken 711" in Stuttgart am Karsamstag. Vor der Demo sind Polizeifahrzeuge zu sehen.
Die Polizei muss das Recht auf Demonstration schützen, dann aber auch wieder gegen Regelverstöße von Demonstranten vorgehen; notfalls mit Gewalt (IMAGO / Nicolaj Zownir)
"Sowohl die Polizei, als auch die Gesellschaft wandelt sich. Und da sehen wir, dass das in unterschiedlichem Tempo vonstatten geht, in unterschiedlichen Rhythmen," sagt Professor Sabine Mecking, Herausgeberin des ersten Bands der Reihe "Polizei und Protest" und Historikerin an der Universität Marburg.
"Dass die Gesellschaft sich nach 1945 sehr viel offensiver verändert, wir in den 60er-Jahren etwa Aufbrüche in der Jugendkultur erleben und die Polizei hinkt hinterher. Die Polizei hat das Bild, dass sie den Staat schützen muss und für Ruhe und Ordnung sorgen muss."
In dieser altherbrachten Haltung fühlte sich die westdeutsche Polizei zunehmend herausgefordert, seit der Rock’n’Roll aus den USA ins Land schwappte. Wiederholt kam es zu Unruhen, als Jugendliche gröhlend und laut musizierend durch die Straßen zogen, was die Medien seit den 50er-Jahren als "Halbstarken-Krawalle" titulierten.

Rebellisches Lebensgefühl politisch aufgeladen

"Das stört dieses allgemeine Bild, wie Jugendliche sich zu verhalten haben, wie Jugendliche auszusehen haben. Und die Polizei weiß eigentlich noch gar nicht so richtig, wie sie damit umgehen soll und reagiert zum Teil eben unangemessen und das merkt man dann eben etwa bei den Schwabinger Krawallen Anfang der 60er-Jahre in München."
Polizisten gehen im Juni 1962 auf der Leopoldstraße in München-Schwabing mit Gummiknüppeln gegen randalierende Jugendliche vor.
Polizisten gehen im Juni 1962 auf der Leopoldstraße in München-Schwabing mit Gummiknüppeln gegen randalierende Jugendliche vor. (picture alliance / dpa / Gerhard Rauchwetter)
Es beginnt am 21. Juni 1962. "Da gibt es dann ein paar Musikanten und die Polizei greift ein und ist unverhältnismäßig hart in ihrem Durchgreifen."
"In den folgenden vier Nächten gehen die Demonstrationen weiter. Bis zu 40.000 Menschen ziehen durch die Gassen zwischen Siegestor und Münchener Freiheit. Studenten, noch mehr aber Lehrlinge, die Lederjacken und die Weißhemden." (Reportage Schwabinger Krawalle)
"Und das führt eben dazu, dass es mehrere Tage lang zu Raufereien zwischen Polizei und Jugendlichen kommt, die sich ein Kräftemessen liefern."
"Und Volkes Stimme kommentiert die ausufernde Staatsgewalt mit: 'Prügelstrafe, das ist die einzige Sprache, die diese Rowdys verstehen.' 'Hundsgemein, uns nicht schlafen zu lassen. Wissen’s was die gemacht haben, die haben fortwährend die Polizei provoziert.'"(Reportage Schwabinger Krawalle)
Der iranische Schah Reza Mohammed Pahlavi (M) schreitet am 2. Juni 1967 die Front der Ehrenformation der Berliner Bereitschaftspolizei mit dem Regierenden Bürgermeister Heinrich Albertz (l) auf dem Flughafen Tempelhof in Berlin ab. Das iranische Herrscherpaar hielt sich für 24 Stunden im westlichen Teil der geteilten Stadt auf. Der Besuch des Schahs löste Massendemonstrationen und schwere Tumulte gegen den iranischen Herrscher aus, der Student Benno Ohnesorg kam dabei ums Leben.
Der iranische Schah Reza Mohammed Pahlavi (M) schreitet am 2. Juni 1967 die Front der Ehrenformation der Berliner Bereitschaftspolizei ab. (dpa)

Der Todesschuss vom 2. Juni

Zunächst ist der Protest von einem diffusen rebellischen Lebensgefühl getragen. Aber er wird zunehmend politisch im Zuge der Studentenbewegung. Als mit dem Schah von Persien am 2. Juni 1967 ein brutaler Diktator West-Berlin besucht und eine Vollversammlung der Freien Universität zu Gegendemonstrationen aufruft, eskaliert die Konfrontation.
"Der persische Gast erfährt ein monotones deutsches Landschaftsbild: Polizei. Polizei. Polizei." (Reportage Schah-Besuch)
Der Schah wird begleitet von einer sehr speziellen Entourage, den sogenannten "Jubelpersern".
"Kaum ist der Schah im Rathaus verschwunden, gehen die Jubelperser zum Angriff über. Die Schranken, die sie von den Demonstranten trennten, sind plötzlich geöffnet, man weiß nicht wie, und ebenso plötzlich sind die unheimlichen Gäste mit Totschlägern und Holzknüppeln bewaffnet. Bei Einbruch der Dunkelheit fällt ein Schuss." (Reportage Schah-Besuch)

Sabine Mecking: "Dass ein Demonstrant durch eine Polizeikugel getötet wird, löst heftige Diskussionen aus. Das ist interessant, weil das nicht der erste Demonstrant ist, der durch eine Polizeikugel stirbt, sondern bereits 1952 in Essen auf einer Demonstration, da stirbt Philipp Müller. Und während das 1952 keine Diskussionen auslöst, ist das 67 ganz, ganz anders."
Benno Ohnesorg wurde 1967 von dem Kriminalobermeister und bekennenden Waffennarr Karl-Heinz Kurras erschossen, von hinten. Doch Kritik und Empörung über Polizeigewalt fanden intern lange keinerlei Resonanz und werden auch heute noch oft zurückgewiesen.
Tumulte vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin am 2.6.1967. Der Besuch des persischen Herrscherpaares Kaiser Schah Reza Mohammed Pahlavi und Kaiserin Farah Diba, die sich für 24 Stunden in Westberlin aufhielten, löste Massendemonstrationen aus. Bei schweren Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und der Polizei wurde der 26jährige Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen.
Anti-Schah-Demonstration in Berlin, vorne an der Absperrung "Jubelperser" mit Willkommensschildern (picture-alliance / dpa)
Hochgehaltene Zeitungen, Hände und Mäntel sollen Fotografen daran hindern zu dokumentieren, wer die Glastüren aufgebrochen hat bzw. wer sich an der Stürmung des Rektorats beteiligte. Nachdem Studenten der Goethe-Universität in Frankfurt am Main am 27.05.1968 über Maßnahmen gegen die von der Bonner Regierung geplanten Notstandsgesetze, wie Vorlesungsstreik oder Besetzung der Universität beraten und für eine Besetzung gestimmt hatten, stürmen sie das Rektoratsgebäude. 
Notstandsgesetze 1968 - Alte Debatte mit Relevanz
Wie stark dürfen Regierungen durchgreifen? Diese Frage wurde seit Beginn der Corona-Pandemie immer wieder gestellt. Auch 1968 bei Einführung der Notstandsgesetze wurde diese Debatte schon einmal heftig geführt.

Vom Korpsgeist zur Polizei-Ethik?

Professor Tobias Trappe, der an der Hochschule für Polizei und Verwaltung in Münster Ethik lehrt, kann das verstehen: "Polizei ist eine Gefahrengemeinschaft, insofern hat der Schutz untereinander, die Loyalität untereinander eine ganz überragende Bedeutung. Wo man sich auf den Kollegen oder die Kollegin verlassen muss, auch blind verlassen muss, und man muss improvisieren. Auch da ist das gegenseitige Vertrauen unverzichtbar."
Anders als noch Ende der 60er-Jahre gibt es heute aber auch in der Polizei viele kritische Beamten, die die moralischen Grenzen des eigenen Handels diskutieren.
"Rechtlich ist die Frage klar. In dem Moment, wo es zum Beispiel zu einer Körperverletzung im Amt kommt, ist der Polizeibeamte verpflichtet, das zur Anzeige zu bringen. Es gehört aber auch zur Realität, dass er eine andere Verpflichtung hat, die zu tun hat mit der gerade angesprochenen Loyalität. In dem Moment, wo ich wirklich etwas zur Anzeige bringe, muss ich damit rechnen, dass ich damit für die Gemeinschaft untragbar werde."

Obwohl die Polizei das Gewaltmonopol des Staates ausübt und damit eine hoch moralische Aufgabe erfüllt, fehlt es in Deutschland bis heute an einer spezifischen Polizei-Ethik, stellt Tobias Trappe fest.
"Ich glaube schon, dass Gewalt das zentrale Identitätsmerkmal der Polizei ist. Was ich sehe, zum Beispiel im Rahmen der Ausbildung der Polizei, in dem Moment, in dem die jungen Menschen erleben, was leiblich ausgetragenen Konflikte in dieser Gesellschaft bedeuten, wenn sie selber zum Objekt von Angriffen körperlicher Art werden, was es bedeutet, wenn sie selbst körperlichen Zwang anwenden müssen, das verändert Menschen. Und ich glaube, es ist evident, dass umgekehrt auch für die Bürger solche Einsätze, in denen es zu Gewalt kommt, immer hoch prekär sind."
Polizisten beim Heimspiel des 1. FC Köln 2019 gegen Borussia Mönchengladbach
Konfrontative Auseinandersetzungen gehören zum Alltag von Polizisten (www.imago-images.de)

"Deutscher Herbst" als Wendepunkt

1977, nach der Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, sahen sich Bürger bei flächendeckenden Verkehrskontrollen Polizisten mit Maschinenpistole im Anschlag gegenüber. Denen steckte die Erfahrung in den Knochen, dass mehrere ihrer Kollegen von der Terrorgruppe RAF ermordet worden waren.
Nach dem Ende dieses "Deutschen Herbstes" distanzierten sich die meisten radikalen Linken vom revolutionären Wahn der RAF und wandten sich der Umwelt- und Friedensbewegung zu. Und auch die Polizei begann, mental abzurüsten, erzählt Sabine Mecking:
"Während wir in Brokdorf ein sehr hartes Polizeihandeln haben, aber auch eine sehr militante Linke haben, haben wir in der gleichen Zeit Auseinandersetzungen an anderen Kernkraftwerken, die sich da gerade im Bau befinden, und Einsätze, die sehr viel stärker auf Deeskalationstaktiken Wert legen und nicht mehr versuchen, die Schlacht am Bauzaun zu gewinnen, sondern diese Schlacht erst gar nicht entstehen zu lassen."

Wenig später blockierte die Friedensbewegung Depots der NATO, in denen neue Atomraketen stationiert werden sollten. Viele Polizisten fühlten sich unsicher in ihrer neuen Rolle, die ihnen vorgab, einen Demonstranten sanft wegzutragen.
Demonstration gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen 1983 in Mutlangen.
Demonstration gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen 1983 in Mutlangen, Baden-Württemberg.. (imago images / Sommer)
"Und dann haben wir ihn halt untern Arm gepackt, sitzender Weise, hat er dann seinen Schneidersitz auch behalten, und wir haben ihn dann abtransportiert zum Wagen, wo er dann durchsucht wurde. Jetzt einen Menschen wegzutragen, das ist für mich ein bisschen unwürdig in der Hinsicht, man sagt sich, bist du jetzt nur ein Träger? Du bist doch der letzte Trottel, dass man das jetzt so machen muss." (Reportage Mutlangen Blockade)

Die "Wutbürger" kommen

Auch wenn Deeskalation verstärkt zur Handlungsmaxime wird, kommt es immer noch zu brachialen Einsätzen wie im 30. September 2010, dem "Schwarzen Donnerstag" am Stuttgarter Hauptbahnhof.
"Gegen 10 Uhr kam die Polizei mit Hunderten Beamten in den Stuttgarter Schlossgarten. Dort will die Bahn für das Bahnprojekt Stuttgart 21 knapp 300 Bäume und Sträucher roden. Am Morgen hatten Schüler eine Demonstration gegen Stuttgart 21 angemeldet.
"Das ist keine deutsche Demokratie, gar keine Demokratie!" "Vor allem, dass die auf Schüler losgehen mit Tränengas und jetzt auch noch mit den Wasserwerfern, wo auch Tränengas drin, und mit Schlagstöcken auf einen losgehen." (Reportage Stuttgart 21)


"Die Polizei hat dazugelernt, aus Stuttgart 21 auch, hat gesehen, was bestimmtes Auftreten bedeutet. Die Polizei ist auch eine lernende Organisation."
Wasserwerfer der Polizei gehen am Donnerstag (30.09.2010) in Stuttgart im Schlossgarten gegen Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 vor.
Der Polizeieinsatz am 30.9.2010 im Stuttgarter Schlossgarten löste wegen seiner Härte breite Kritik aus. (picture alliance / dpa / Uwe Anspach)
Und, ergänzt Tobias Trappe, sie macht die neue Erfahrung, dass ihr Gegenüber bei Demonstrationen häufig aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Diese sogenannten "Wutbürger" stehen keineswegs immer links.
"Volksverräter! Volksverräter! Volksverräter!" (Reportage Pegida)
Am Beginn der Kundgebungen, die Pegida seit 2014 in Dresden abhält, spricht ihr Einpeitscher Lutz Bachmann diensttuende Polizisten gern als Freunde an, mit denen man die Veranstaltung gemeinsam ordentlich über die Bühne bringen wolle. Geschickt versucht er damit, wenn schon keine Verbrüderung, so doch ein habituelles Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen.
"Wir sind gekommen, um zu bleiben, und wir bleiben, um zu siegen. Widerstand, Widerstand. Und wir werden siegen!" (Reportage Pegida)

Rassismusproblem in der Polizei?

Als Bachmann im August 2018 mit führenden AfD-Politikern wie Björn Höcke und anderen Rechtsradikalen durch Chemnitz zog, wurde die Polizei für ihre Zurückhaltung kritisiert. Die behielt sie noch bei, als Teilnehmer den Hitlergruß zeigten, Menschen durch die Straßen jagten und ein jüdisches Restaurant zerstörten. Angehörige von Minderheiten fühlten sich zum wiederholten Mal nicht ausreichend geschützt.
Nach den Anschlägen von Mölln und Solingen, von Rostock und Hoyerswerda, nach der Mordserie des NSU und dem Terror von Halle und Hanau, muss sich die deutsche Polizei, ähnlich wie die amerikanische, inzwischen auch fragen lassen, ob sie ein Rassismusproblem hat, weiß Sabine Mecking:
"Wir haben über 300.000 Polizeibeamte, und die alle über einen Kamm zu scheren, finde ich schwierig. Gleichwohl merken wir, wenn unsere Gesellschaft sich verändert, auch wenn unsere Gesellschaft weiter nach rechts rückt, warum sollte die Polizei, die sich aus der Gesellschaft heraus rekrutiert, warum sollte sie sich nicht auch verändern?"
Nordrhein-Westfalen, Essen: Ein Polizeischild steht vor dem Polizeipräsidium Essen.
Den Blick nach rechts schärfen
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat 2020 zunächst eine Polizei-Studie zu rechtsradikalen Tendenzen bei der Polizei abgelehnt. Sozialwissenschaftler halten diese aber für dringend geboten. Sie beobachten eine schleichende Veränderung des Klimas bei Polizei und Sicherheitsbehörden.

Sensibilisierung gegen "Racial Profiling"

Ein aktueller Vorwurf lautet "Racial Profliling", also besonders scharfe Kontrollen gegenüber Menschen mit dunkler Hautfarbe oder schwarzen Haaren. Tobias Trappe will nicht ausschließen, dass es so etwas gibt. Aber er berichtet, dass die Ausbildung zumindest in Nordrhein-Westfalen dem entgegenwirken will.
"Wir haben die Menschenrechtsbildung zu einem wichtigen Baustein der Ausbildung gemacht, zu der eben auch die Begegnung mit ganz heterogenen Gruppen gehört, Projekte mit Flüchtlingshilfeeinrichtungen, mit Obdachloseneinrichtungen, wo die Studierenden dann in einen Austausch mit solchen Gruppen auch kommen, der nicht unter Kontrollperspektive steht, sondern schlicht und ergreifend den Charakter einer Begegnung hat."
Am Sonnabend, dem 7. Oktober 1989 - dem Nationalfeiertag zur Gründung der DDR - und zwei Tage vor der historischen Montagsdemonstration mit über 70.000 Teilnehmern auf dem Karl-Marx-Platz stehen Bürgerinnen und Bürger von Leipzig ganz ruhig auf dem Nikolaikirchhof vor der Nikolaikirche in Leipzig zusammen, der von Polizisten in alle Himmelsrichtungen abgeriegelt ist.
"Vopos" bei den Demonstrationen im Herbst 1989 - die DDR hatte ihre ganz eigene Polizeigeschichte (picture alliance / Volkmar Heinz/dpa-Zentralbild/ZB)

Eine eigene Polizei-Geschichte des Ostens

Von Ethik und Menschenrechten wird der zweite Band handeln. Im dritten soll dann wenigstens am Rande auch Ostdeutschland vorkommen mit seiner ganz eigenen Polizeigeschichte. Dort hatte die Volkspolizei einen Staat zu schützen, der nie eine demokratische Legitimation fand. Noch 1989, zum 40. Jahrestag der DDR, schlug sie eine Demonstration in Ost-Berlin blutig nieder. Doch am Ende gab sie keinen Schuss ab, als die friedliche Revolution die SED-Herrschaft beendete. Völlig verunsichert tauchte sie in den 90er-Jahren großenteils ab und ließ die sogenannten Baseballschlägerjahre zu, als Neo-Nazis mancherorts sogenannte national befreite Zonen ausriefen.
Mittlerweile laufen Ost- und West-Geschichte der Polizei ineinander, aber Sabine Mecking glaubt nicht, dass es so etwas wie eine gesamtdeutsche Polizeikultur gibt. "Ich glaube, es gibt 16 verschiedene Polizeikulturen auf Länderebene. Wir müssen immer von Polizeien sprechen, denn Polizei ist Ländersache. 86 Prozent der Polizisten sind Landesbeamte."

Und die befinden sich aktuell bei jeder Corona-Demo auf einer Gratwanderung zwischen der Durchsetzung des Infektionsschutzes einerseits und der Wahrung der Demonstrationsfreiheit andererseits.
Ein Plakat „#say their names“ wird auf der Kundgebung zum Gedenken an den rassistischen Anschlag im Februar 2020 in Hanau hochgehalten.
Rechtsextremismus-Forscher fordert Demokratiefördergesetz
Der Soziologe Matthias Quent sieht die öffentliche Anteilnahme zum Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau positiv. Um Rassismus zu bekämpfen, reiche Haltung aber nicht aus, sagte er im Dlf. Man müsse antirassistische Strukturen dauerhaft fördern – Teile der CDU seien dazu aber nicht bereit.

Staatspolizei oder Bürgerpolizei?

Sabine Mecking: "Idealtypisch gibt es zwei unterschiedliche Arten von Polizei. Es gibt die Staatspolizei und es gibt die Bürgerpolizei. Und wenn sich die Polizei Richtung Bürgerpolizei entwickelt, ist die Vorstellung weniger, dass der Bürger Objekt der Polizei ist, sondern dass der Bürger ein Subjekt ist, das politische Interessen hat. Und die Polizei sich im besten Fall dann als Dienstleister der Bevölkerung, der Gesellschaft versteht."
Eine solche Polizei kann dann selbst ein dezidiert linker Satiriker wie Jan Böhmermann, wenn auch mit Einschränkungen, "cool" finden. Nicht nur, weil er selbst Polizistensohn ist.
In einer Demokratie haben Bürger und Polizei zumindest die Chance, ein Verhältnis zu entwickeln, das nicht von grundlegendem gegenseitigen Misstrauen geprägt ist.