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Polizeischuss bei Bundesligaspiel
Debatte um Polizeieinsätze entfacht erneut

Ein abgefeuerter Schuss durch einen Polizisten beim Spiel des FC Augsburg gegen Borussia Mönchengladbach am 1. Spieltag hat für Aufsehen gesorgt. Während sich die Behörden mittlerweile zu dem Vorfall nicht mehr äußern, stellen Fanvertreter massive Polizeieinsätze in der Bundesliga generell in Frage.

Thorsten Poppe |
Blick auf den Schriftzug "Polizei" auf der Rückseite einer Weste eines Beamten als Symbolbild.
Das Verhältnis von Fußballfans und Polizei gilt seit langem als zerrüttet. (picture alliance / Wagner / Ulrich Wagner)
„Nur durch Glück ging der Schuss diesmal daneben. Es muss Konsequenzen geben“. So stand es auf einem der vielen Transparente in den Stadionkurven der Bundesliga vor der Länderspielpause.
Die Augsburger Fans fordern sogar die Abschaffung des so genannten USK, des Unterstützungskommandos der Polizei Bayern. Es war die Waffe eines Polizisten aus dieser Einheit, aus der am ersten Spieltag ein Schuss abgegeben worden ist. Angeblich versehentlich, verletzt oder gar getötet wurde niemand.

Einschussloch in Mönchengladbacher Fanbus

„Man war sich dann erst mal gar nicht sicher, ob es sich vielleicht um einen Scherz handelt. Weil es ja normalerweise beim Fußball durchaus mal zu Problemen mit der Polizei kommt, aber eigentlich nicht zu Schusswaffeneinsätzen.“
Simon Bender von der Fanhilfe Mönchengladbach war vor Ort in Augsburg. Die Fanhilfe unterstützt dabei ehrenamtlich Fußball-Anhänger am Spieltag bei möglichen Konflikten mit der Polizei.
„Ich konnte sehen, dass halt in dem Bus ein Schussloch ist und auch in dem daneben stehenden Polizeiauto so ein kleines Loch klaffte. Wir haben das Ganze ja letztendlich auch mit unserem Tweet dann in die Öffentlichkeit gebracht. Das war den Personen dann nicht ganz so recht. Und da ist man dann auch durchaus verscheucht worden, weil noch mehr Zuschauer - in Anführungszeichen - wollte man dann da nicht haben!“

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Ermittlungen dauern an

Der Tweet hat entsprechend viel Aufmerksamkeit bekommen. Die Polizei veröffentlicht nach dem Vorfall Pressemitteilungen, dass die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen den Schützen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet habe.
Weiter heißt es: „Nach derzeitiger Kenntnislage haben sich unmittelbar vor der Schussabgabe Polizeibeamte auf Grund der hohen Außentemperaturen gegenseitig mit Wasser bespritzt. Warum der Schütze dann zur Waffe gegriffen hat und es zur Schussabgabe gekommen ist, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.“
Vor diesem Hintergrund würden derzeit keine weiteren Auskünfte erteilt. Damit will sich der sportpolitische Sprecher der bayerischen Grünen nicht zufriedengeben: „Insgesamt ist es ein absolut verstörender Vorfall, wo ich im ersten Moment erst mal froh war, dass niemandem was passiert ist. Weil man sich ja da katastrophale Szenarien ausmalen kann und ich froh bin, dass niemand verletzt worden ist.“

Schussabgabe ist Anlass für kleine Anfrage im bayerischen Landtag

Max Deisenhofer möchte nun mit Hilfe einer Kleinen Anfrage im Landtag vor allem den Zusammenhang zwischen dem Bespritzen mit Wasser und der Schussabgabe erklärt bekommen: „Als dann ein bisschen mehr Details ans Licht kamen, habe ich mich schon sehr gewundert, was denn die USK-Beamten in der Zeit machen, wo sie bei einem Fußballspiel im Einsatz sind. Und ich kenne jetzt immer noch nicht die genaue Konstellation, wie es am Ende zu der Schussabgabe kommt. Aber der Zusammenhang zwischen Wasserspritzen und aus einer scharfen Waffe löst sich ein Schuss, gibt leider weiter Raum für Spekulationen.“
Zudem möchte Deisenhofer wissen, warum überhaupt das USK für dieses Bundesligaspiel benötigt worden ist. Schließlich habe es in den letzten Jahren bei der Partie Augsburg gegen Mönchengladbach keine größeren Ausschreitungen gegeben.

Sportpolitischer Sprecher der bayerischen Grünen fordert Suspendierung

Auf Deutschlandfunk-Anfrage gibt das Polizeipräsidium Schwaben Nord dazu an, dass das Unterstützungskommando ein möglicher Baustein der Gesamtkräfteplanung und rückblickend auf die vergangene Saison nicht bei jedem Heimspiel des FCA eingesetzt worden sei. Außerdem könnten aus einsatztaktischen Gründen keine weiteren Auskünfte erteilt werden.
Max Deisenhofer sieht die Behörden jedenfalls jetzt in der Pflicht: „Ich finde, allein die zügige Suspendierung des betroffenen Polizeibeamten spricht auf jeden Fall schon mal dafür, dass nicht alles okay war an dem Vorfall und dass sich anscheinend jemand was zuschulden kommen hat lassen. Und wir werden weiter auf eine restlose Aufklärung drängen.“

Schwieriges Verhältnis zwischen Polizei und Fußballfans

Das Verhältnis von Fans und Polizei gilt seit langem als zerrüttet. Erst zum Start der Bundesligasaison hatte die Gewerkschaft der Polizei vor zunehmender Gewalt im Fußball seitens der Fans gewarnt. Unter anderem seien Massenschlägereien keine Seltenheit.
Als zu pauschal kritisiert Simon Bender von der Fanhilfe Mönchengladbach solche Aussagen - insbesondere vor dem Hintergrund des Polizeischusses. Gerade weil bei der Polizei verbal extrem aufgerüstet werde, was vermeintliche Gewalt der Anhänger angehe: „Wenn jetzt aber eine Schussabgabe am Rande in wenigen Metern Entfernung eines Fußballspiels stattfindet, wo Menschenleben gefährdet waren, da ist man dann auf einmal ziemlich kleinlaut. Und es gibt keine großen Verlautbarungen oder keine riesigen Pressemitteilungen mehr, sondern man mauert eher. Und diese Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung von Fanverhalten und den eigenen Polizeibeamten, das sehen wir natürlich auch. Und der Vorfall bietet da meiner Meinung nach schon eine gute Gelegenheit, vielleicht mal darüber nachzudenken, wie man einiges gerade rücken kann!“
Ein Mittel dafür wäre die transparente Aufklärung, warum sich der Schuss gelöst hat.