Der Skandal um ein mögliches rechtsradikales Netzwerk in der hessischen Polizei hält auch nach dem Jahreswechsel die Politik in Wiesbaden weiterhin in Atem. Er wird noch einen Tag vor der Neuwahl der hessischen Landesregierung am kommenden Freitag erneut den Innenausschuss des Landtages beschäftigten. Wieder hat die Links-Fraktion eine Sondersitzung beantragt - wie zuletzt kurz vor Weihnachten. Denn es gibt neue, beunruhigende Entwicklungen.
Zweites Drohfax aufgetaucht
Kurz vor der Jahreswende war bereits bekannt geworden, dass eine Frankfurter Anwältin mit türkischem Migrationshintergrund einen mit "NSU 2.0" unterzeichneten Drohbrief erhalten hatte. Die persönlichen Daten, die dieses Schreiben enthielt, stammen aus einem Polizeicomputer in Frankfurt am Main, so der schwerwiegende Verdacht. Ermittlungen gegen fünf hessische Polizeibeamte laufen, die vom Dienst suspendiert sind.
Nun berichtete die "Süddeutsche Zeitung" über einen zweiten aktuellen Drohbrief gegen die Anwältin, der wiederum mit " NSU 2.0" unterschrieben ist. Er soll sich auf die Suspendierung der Polizeibeamten mit beziehen, die außerdem unter Verdacht stehen, auch in einer Chatgruppe rechtsextremes Gedankengut ausgetauscht haben.
Weiterer Polizist mit Kontakt zu Rechtsradikalen
Zudem gab es vor wenigen Tagen einen Bericht über einen weiteren ehemaligen hessischen Polizeibeamten mit möglichen Kontakten in Neonazi-Kreise- diesmal nach Halle in Sachsen-Anhalt. Obwohl dieser Polizist aktuell nicht mehr in Hessen Dienst tut, spricht die hessische Linksfraktion von einem erneuten "Vorgang mit gravierender Bedeutung und zahlreichen offenen Fragen, bei denen der Innenminister sich nicht aus der Verantwortung stehlen" dürfe.
Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende der Linken im hessischen Landtag:
"Und da finde ich, müssen wir halt sehen, dass wir gerade durch den NSU-Untersuchungsausschuss halt festgestellt haben, dass wir durchaus vernetzte militante Neonazi-Strukturen haben in Hessen, die jahrelang geleugnet wurden. Und da ist natürlich die Frage, ob es da einen Bezug zu gibt, ja."
Misstrauen zwischen Polizei und Landeskriminalamt
Wolfgang Greilich, der scheidende FDP-Vizepräsident des Hessischen Landtages ist vor allem besorgt über Kommunikationsprobleme einzelner Polizeipräsidien im Land mit dem Landeskriminalamt, das diese Fälle aktuell aufzuklären hat. Bereits bei der letzten Sondersitzung des Landtags-Innenausschusses kurz vor Weihnachten sei klar geworden, dass zum Beispiel das Frankfurter Polizeipräsidium - kurz PP - dem LKA grundsätzliche misstraue, so Greilich. Verantwortlich für diese Probleme innerhalb der hessischen Polizei sei Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).
"Das Landeskriminalamt ist die Institution in unserer Sicherheitsstruktur in Hessen, das dafür zuständig ist, dafür zu sorgen, dass wir einen Abgleich kriegen über das gesamte Land. Das wir einen Blick dafür bekommen, wo gegebenenfalls Verbindungen bestehen. Und wir haben ja festgestellt, dass es Verdachtsmomente in mehreren Polizeipräsidien gibt. Dafür hat das PP Frankfurt natürlich keine Blick. Dafür haben wir das Landeskriminalamt und das, weil man offensichtlich aus irgendwelchen Gründen Vorbehalte hat gegenüber der Arbeit des LKA auszubooten, das ist eine sehr bedenkliche Geschichte. Und deswegen habe ich auch erhebliche Zweifel daran, dass dieser Innenminister wirklich Innenminister bleiben kann."
Ob Peter Beuth trotz des aktuellen Polizeiskandals vom hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier am Freitag wieder für das Amt des Innenministers nominiert werden wird- das soll in den nächsten Tagen bekannt werden. Sollte es so sein, droht ihm schnell ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zum Polizeiskandal. Die Grünen, der Regierungspartner der CDU, haben bereits signalisiert, dass sie sich dieser Untersuchung nicht entgegenstellen würden.