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Polizisten in Nebenjobs
Wenn das Gehalt nicht reicht

15 Prozent aller Polizisten in Bayern verdienen in Nebenjobs dazu, vor allem in Ballungszentren. Selbst im mittleren Dienst reicht die Besoldung mit 1.800 Euro netto nicht für das Leben in München oder Nürnberg. Die Gewerkschaft der Polizei beobachtet steigende Nebentätigkeiten in den letzten Jahren.

Von Susanne Lettenbauer |
    Polizisten in Uniform
    Bei vielen Polizisten, die in Städten wie München oder Nürnberg leben, reicht das Gehalt nicht aus. Immer mehr Beamte lassen sich daher Nebentätigkeiten genehmigen. (Imago | Ralph Peters)
    Mittags 13 Uhr vor der Polizeiinspektion Mossach. Ein junger Polizist wartet auf mich, in Zivilkleidung:
    "Grüß Di."
    Ein Lächeln. Ein Händedruck. Ich begrüße Marcel Seiderer vor dem Auto. In einer Stunde muss er bei seinem Nebenjob sein. Er wirkt ein wenig übernächtigt. Es sei aber ok, meint er:
    "Zwei Nachtschichten am Stück waren es jetzt. Die Nacht von gestern auf heute war relativ ruhig, die Nacht davor war bissl heftiger, aber ansonsten habe ich eben um 20 Uhr angefangen bis um 6 Uhr morgens und dann habe ich eben den ersten Tag ausgeschlafen, dann wieder in die Schicht und etwas weniger geschlafen und jetzt geht es eben in die Arbeit."
    Zusatzarbeit auf Minijobbasis
    Fünf Stunden Schlaf – der 29-jährige Polizist zuckt mit den Schultern. Wir steigen ins Auto und fahren los. Zum Frankfurter Ring. Marcel Seiderer überführt Fahrzeuge auf Minijobbasis:
    "Also heute fahre ich zum Frankfurter Ring, bekomme dort das Auto übergeben, mit Schlüssel, muss dann das Auto wahrscheinlich noch tanken, weil natürlich übergeben es die Autohäuser immer relativ leer, und fahre das Auto dann nach Regensburg, von Regensburg muss ich dann weiter nach Abendsberg und in Abendsberg bekomme ich dann ein Auto, was dann nach München zur Ingolstädter Straße zurückkommt."
    Teure Mieten, hohe Fixkosten
    In seinem normalen Job bekommt Marcel rund 1.800 Euro netto. Das muss für seine im Münchner Vergleich günstige Wohnung in Dachau mit monatlich knapp 800 Euro reichen, plus diverse Versicherungen und Fahrtkosten. Mit dem Mini-Nebenjob könnten maximal 450 Euro dazukommen, meist werden es nur 400, weil die freie Zeit begrenzt ist. Pro Stunde gibt es zehn Euro:
    "Ich arbeite jetzt da seit fünf Monaten in diesem Job, naja sechs Monate sind es jetzt. Ich habe mit Kollegen über mögliche Nebentätigkeiten gesprochen, weil ich mir überlegt hatte – ich hatte früher mal im Service gearbeitet, bevor ich bei der Polizei war, aber nachdem Service bei der Polizei leider verboten ist, habe ich mich mit Kollegen unterhalten, was es da noch für Arten von Nebenjobs gibt."
    Nicht erlaubt: Sicherheitsdienste, Türsteher oder Kellner
    Alle Jobs, die nicht mit der Arbeit als Polizist kollidieren, dürfen die Beamten in ihrer Freizeit und auch im Urlaub annehmen, erklärt Marcel Seiderer. Also Rettungssanitäter, Fitnesstrainer, Statist oder Aushilfskraft in Supermärkten. Nicht erlaubt sind: Sicherheitsdienste, Türsteher oder Kellner.
    "Ich weiß auf jeden Fall von zwei Kollegen, die in derselben Firma angestellt sind wie ich. Und ich weiß von zwei Kollegen, die machen Komparsenrollen als Nebenjobs und da ist noch eine Kollegin im Umkreis, die auch noch irgendwo Regale einräumt, so in diese Richtung."
    Traumberuf Polizist, Nebentätigkeit auf Antrag
    Marcel wusste von Anfang an, dass er nicht viel verdienen würde in seinem Traumberuf Polizist. Seit sechs Jahren ist er dabei. Sicherte als Mitglied der Mobilen Eingreifgruppe MEK die Münchner Pegida-Demonstrationen. Den Antrag auf Nebentätigkeit genehmige die Personalverwaltung recht anstandslos, erzählt Marcel während unserer Fahrt:
    "Das läuft bei uns alles bürokratisch und schriftlich ab. Ich habe da nur einen Antrag auf Nebentätigkeit gestellt, den gibt man dann ab beim Dienststellenleiter, der schreibt, falls es noch negative Sachen geben würde etwa dazu. Und dann geht es weiter zur Personalabteilung und die prüfen dann, ob es genehmigungsfähig ist oder nicht. Innerhalb von drei bis vier Wochen war die Bestätigung da, dass ich den machen darf."
    15 Prozent aller Polizisten in Bayern haben Nebenjobs
    Fünfzehn Prozent aller bayerischen Polizisten verdienen sich etwas in Nebenjobs dazu, vor allem in den Ballungszentren wie Nürnberg und München. Von den 5.000 Beamten sind das 930 allein im Polizeipräsidium München. Bei 58 Prozent des mittleren Dienstes reichen die A8/A9 Besoldung des Öffentlichen Dienstes, rund 1.800 Euro netto im Monat, nicht aus, schon gar nicht die 76 Euro Münchenzulage, weiß Jürgen Ascherl von der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG. Und das obwohl die Bayern bis zu 5.000 Euro mehr im Jahr verdienen als ihre Kollegen in Berlin oder Nordrhein-Westfalen:
    "Die Nebentätigkeit ist in den letzten Jahren immer leicht angestiegen, also kontinuierlich steigt sie, nicht riesig, aber wir haben bei der Nebentätigkeit immer eine leichte Steigerung drin und das wird sich in den kommenden Jahren nicht ändern, weil die Preise so bleiben."
    Familienplanung, "das wäre aktuell nicht möglich"
    Mittlerweile sind wir am Autohaus angekommen. Marcel stellt sich der Dispo vor. Seine Firma Greimel-Fahrdienstleistungen aus Altdorf bei Landshut hat ihn angemeldet. Dieses Mal geht es nach Regensburg, es waren aber schon Fahrten nach Köln und Dortmund dabei. Zurück fährt der Nebenjobber per Bahn. Eine Familie ist bei diesem Leben nicht drin, sagt Marcel Seiderer, der 29jährige Münchner Polizist:
    "Also aktuell sehr schwierig. Das kommt drauf an, welchen Partner ich an meiner Seite hätte und wie die finanzielle Lage von ihr eben wäre, aber wenn ich mir vorstellen würde, ich müsste jetzt noch ein Kind finanzieren, das wäre nicht möglich, auch nicht mit dem Nebenjob und meinen Nebenkosten, die ich schon habe."