Der polnische Ministerpräsident Morawiecki kündigte das Referendum in den Sozialen Medien an. Die Frage zum EU-Asylkompromiss soll demnach lauten: "Unterstützen Sie die Aufnahme Tausender illegaler Einwanderer aus dem Nahen Osten und Afrika im Rahmen des von der europäischen Bürokratie auferlegten Zwangsumsiedlungsmechanismus?" In einem von der PiS veröffentlichten Video werden Szenen von brennenden Autos und Straßengewalt in Westeuropa und ein Schwarzer, der an einem Messer leckt, gezeigt. Der Parteivorsitzende Kaczynski fragt: "Wollt ihr, dass dies auch in Polen geschieht? Wollt ihr aufhören, die Herren eures eigenen Landes zu sein?"
PiS in Umfragen nur knapp vor der Bürgerplattform von Ex-Premier Tusk
Video und Referendum reihen sich ein in einen anti-europäischen und anti-deutschen Kurs, den Beobachter im Wahlkampf der regierenden PiS-Partei ausgemacht haben. Die PiS steht wegen hoher Inflation, eines strengen Abtreibungsrechts und diverser Skandale um Vetternwirtschaft unter Druck. In Umfragen erreicht sie derzeit Werte um 33 Prozent, die oppositionelle Bürgerplattform (PO) des früheren EU-Ratspräsidenten Tusk liegt mit 26 bis 32 Prozent nur knapp dahinter. Tusk war von 2007 bis 2014 schon einmal polnischer Ministerpräsident.
In diesem Umfeld wendet sich die PiS gegen den Asyl-Kompromiss, den die EU-Innenminister Anfang Juni ausgehandelt handelten. Die Aufnahme von Flüchtlingen soll demnach für die Mitgliedsländer künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. EU-Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sollen zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden. Polen hat viele Menschen aus der Ukraine aufgenommen, wehrt sich aber gegen Geflüchtete aus muslimischen Ländern. Das Problem: Selbst wenn sich eine Mehrheit der polnischen Wahlberechtigten in dem Referendum gegen den EU-Asylkompromiss aussprechen würde, hätte das keinerlei Einfluss auf den Entscheidungsprozess innerhalb der EU.
Misstrauen gegenüber Deutschland
Der Wahlkampf der PiS richtet sich jedoch nicht nur gegen die EU, sondern auch gegen Deutschland. Mit anti-deutscher Rhetorik mobilisiere die PiS ihre Stammwählerschaft, Mitte Oktober zur Wahl zu gehen, sagt der Politikwissenschaftler Zaborowski von der Lazarski-Universität in Warschau. Im Rahmen des Referendums am 15. Oktober soll auch folgende Frage gestellt werden soll: "Sind Sie für den Verkauf von Staatsunternehmen?" Der PiS-Vorsitzende Kaczynski behauptet, Deutschland wolle Polen "Tusk aufdrängen, damit er unser öffentliches Vermögen verkauft".
Der Politologe Zaborowski hält diese Strategie für erfolgversprechend. 30 bis 40 Prozent der Polen seien Deutschland gegenüber bis heute "misstrauisch bis feindlich" eingestellt. Mit dem von Kaczynski angestrebten Referendum könne die PiS die polnische Wählerschaft noch stärker in zwei Lager spalten, meint Zaborowski. So werde es am Wahltag nicht mehr nur um "eine einfache Wahl zwischen PiS und Opposition" gehen - sondern um den "allgemeinen Blick" auf die Welt.
Insgesamt vier Fragen im Referendum
In einer weiteren Frage des Referendums geht es um eine Anhebung des Renteneintrittsalters, das von der PiS auf 60 Jahre für Frauen und 65 Jahre für Männer gesenkt wurde. Die wirtschafts- und EU-freundliche Bürgerplattform, die von 2007 bis 2015 das Land regierte, hatte während ihrer Regierungszeit das Renteneintrittsalter angehoben. Eine vierte Frage will die Regierung noch bekannt geben.