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Polnisches Mediengesetz
Brüssel reagiert auf umstrittene Reformen

Das im Eilverfahren verabschiedete neue Mediengesetz erlaubt es der polnischen Regierung, massiv darauf Einfluss zu nehmen, wer im öffentlich-rechtlichen Hörfunk künftig das Sagen hat. Die EU-Kommission sieht damit die Meinungsvielfalt in Polen bedroht und reagiert prompt.

Von Thomas Otto |
    EU-Kommissar Günther Oettinger
    EU-Kommissar Günther Oettinger macht sich Sorgen um die Pressefreiheit in Polen. (dpa / picture-alliance / Julien Warnand)
    Im Eilverfahren hat die neue rechtskonservative PiS-Regierung in Polen die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durchgezogen. Hinzu kommt die vorangegangene Reform des Verfassungsgerichts, die dessen Arbeit erschwert.
    Die EU-Kommission reagiert nun auf diese Reformen und will in einem Verfahren die möglichen Risiken für die Rechtsstaatlichkeit in Polen untersuchen. Der unter anderem für Medien zuständige Kommissar Günther Oettinger teilte im Interview mit dem SWR mit:
    "Wir haben seit einem Jahr einen von der Kommission entwickelten sogenannten Rechtsstaatsmechanismus. Und jetzt können wir die Regierung und die Politik in Polen zu einem Dialog auffordern und sie kontrollieren und beaufsichtigen und ihr mitteilen, ob – und wenn ja wo – wir Rechtsbedenken haben, dass der Gesetzentwurf gegen europäische Werte und Rechte verstößt."
    Dieses Verfahren bei einer Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit hatte die EU eingeführt, um in solchen Fällen nicht gleich zur Ultima Ratio – dem Entzug des Stimmrechts im Rat – greifen zu müssen. Nun solle es Gespräche mit Vertretern aus Warschau geben und eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, so Oettinger.
    Nach Agenturberichten soll die Initiative dazu, das Thema am 13. Januar auf die Tagesordnung der Kommission zu setzen, von Kommissionspräsident Juncker selbst gekommen sein.
    Meinungsvielfalt in Gefahr
    Mit der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Polen werden die Chefs der einzelnen Sender in Zukunft direkt von der Regierung ernannt und abberufen. Die Direktoren von fünf Programmen und Abteilungen legten daraufhin ihre Posten nieder.
    "Wir sind sehr besorgt. Besorgt deswegen, weil das Thema Pressefreiheit, Medienfreiheit, aber auch Meinungsvielfalt in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie mit Werten, die die EU hat, wichtig sind und hier schon die Sorge besteht, dass die Abhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entwickelt wird und die Unabhängigkeit weggeschwächt wird."
    So Oettinger. Der Kommissar glaubt allerdings, dass Warschau einlenken werde. Auch weil die jetzige Regierung wisse, dass sie Europa brauche und Polen wie kein anderes Land seinen Aufschwung mit der Hilfe der EU erreicht habe.
    Reaktionen aus Polen
    Derweil kritisierte Polens Außenminister Witold Waszczykowski die Äußerungen aus Brüssel. Laut Medienberichten sagte er, die neue Regierung wolle lediglich ihren Staat von einigen Krankheiten heilen, damit er wieder genesen könne und warnte vor einer "Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energien setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen".
    Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen. Forderte, nicht zu viel Druck auf Polen aufzubauen: "Wer Herrn Kaczynski in Polen stärken und die ohnehin sehr schwierige Lage in Europa weiter verschlechtern wolle, der müsse mit Belehrungen und Drohgebärden gegenüber Warschau weiter machen", sagte er den Zeitungen der Funke-Gruppe.