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Pop-Historie "Es geht voran"
Eingeschränkter Blick auf den deutschen Pop

Von Rudi Schuricke bis Kollegah, vom Heile-Welt-Schlager bis zum Gangsta-Rap der Gegenwart: Die deutschsprachige Popmusik hat einen langen Weg zurückgelegt. Manfred Prescher erzählt im Buch „Es geht voran“ ihre Geschichte. "Da wird alles durcheinandergeworfen", meint Musikkritiker Jens Balzer im Dlf.

Jens Balzer im Kollegengespräch mit Achim Hahn |
    Buchcover "Es geht voran" und Autor Manfred Prescher
    Buchautor Manfred Prescher legt den Schwerpunkt auf die sprachliche Verfasstheit (Manfred Prescher)
    "Es geht voran", der Titel des Buches von Manfred Prescher, geht auf eine der bekanntesten Songzeilen der deutschen Popgeschichte zurück, nämlich auf den Song "Ein Jahr (Es geht voran)" der Band Fehlfarben aus dem Jahre 1980.
    Manfred Prescher verfolge darin die Geschichte der deutschen Popmusik von den Fünfzigerjahren an und setze einen ersten Schwerpunkt in den 60er-Jahren, wo "tatsächlich zum ersten Mal Künstler wie Hannes Wader und Reinhard Mey auch auf Deutsch singen," erklärt Musikkritiker Jens Balzer, "im Gegensatz zu den Beatmusik-Bands wie den Lords und den Rattles, die Anfang der Sechziger versuchen, als englischsprachige Beatles-Imitate zu reüssieren."
    Einer der Vorzüge dieses Buches sei, dass gerade Reinhard Mey als herausragender Sprachkünstler gewürdigt werde, während er doch in den meisten Popgeschichten übergangen würde. Dagegen vernachlässige Prescher Deutsch-Pop-Phänomene wie die Krautrocker der 70er-Jahre oder auch den Techno der 90er. "Dadurch, dass sein Schwerpunkt sehr stark auf der sprachlichen Verfasstheit der Popmusik liegt, kommen ihm solche klanglichen Eigenständigkeiten, die ja auch sehr wichtig sind, nicht in den Blick."
    Ein eingeschränkter Blick auf den deutschen Pop
    Bezogen auf die sehr erfolgreiche, deutschsprachige Popmusik der Gegenwart nehme er sich zwar Künstlern wie Mark Forster an, "den man ja gemeinhin in der Popkritik mit spitzen Fingern anfaßt" - er vernachlässige aber, trotz eines eigenständigen Kapitels, den deutschen Hip-Hop.
    "Da wird alles durcheinandergeworfen - von Casper bis Kollegah. Gerade wenn man sich so stark mit Sprache und ihrer Rückwirkung auf die deutschsprachige Gesellschaft befasst, dann hätte ich erwartet, dass man sich mit der Frage beschäftigt: Was ist das eigentlich für eine Zeit, in der deutschsprachige Popmusik vor allem von migrantisch geprägten Deutschen komponiert und getextet wird?"
    Man bekomme, nach Einschätzung des Musikkritikers Jens Balzer, durch die Fokussierung auf die deutsche Sprache nur einen sehr eingeschränkten Blick auf den deutschen Pop.
    Manfred Prescher: "Es geht voran. Die Geschichte der deutschsprachigen Popmusik"
    Theiss Verlag Stuttgart, 2018. 248 Seiten, 19,95 Euro.