Natürlich kann man das auch Pop Art nennen, aber das ist nur die alleroberflächlichste Schicht des Werks. Seit der amerikanische Künstler Jasper Johns 1954 träumte, er solle die amerikanische Flagge malen, hat er zwar immer wieder popkulturelle Objekte wie Fahnen und Zielscheiben thematisiert, aber doch nur, um an diesen reproduzierbaren, signalhaft dauerpräsenten Dingen den Vorgang des Malens selbst zu beleuchten und immer neu durchzuprobieren.
Dass man die Frühphase dieses Werks nun wie unter dem Mikroskop beobachten kann, in minimalen Verschiebungen und Vorwärtsbewegungen, ist das Verdienst dieser ungeheuer dichten Basler Ausstellung. Sie kreist einen Zeitraum ein, in dem das kalkulierte gestische Wüten des Abstrakten Expressionismus sich langsam mit anderen Bewegungen überlagert: Jasper Johns hatte früh schon mit Robert Rauschenberg zu tun, öffnete sich aber über John Cage und den Choreografen Merce Cunningham auch der Geräuschmusik und der abstrahierten Bewegung. Sowieso ist sein Frühwerk ja eine einzige Untersuchung des Synästhetischen: Wer mit Red-Yellow-Blue in einer konzentrisch aufgebauten Zielscheibe experimentiert und diese Farb-Bezeichnungen dann auf grauem Grund (grau ist die Mischung der drei Grundfarben) nur als Buchstaben, eben als die Worte Rot-Gelb-Blau, aufscheinen läst, der will das Malen, aber auch den Wahrnehmungsvorgang als solchen analysieren, in seine Bestandteile zerlegen.
Die Ausstellung zeigt nun, ausgehend von der knallbunt ausgeführten Zielscheibe, die Variation von vier Elementen: die Grundfarben; das Motiv des Kreises, bisweilen materialisiert in einer Holzleiste, mit der man zirkelartig um das Zentrum herumschaben kann; dann Schriftzeichen, die entweder als großformatige Schablonen auftauchen oder als collagierte Alltagsrelikte - in Form von Zeitungsartikeln - unter der Farbe durchscheinen; schließlich der Abdruck des menschlichen Körpers, Hand, Arm, Gesicht, die fragmentartig in den Bildern auftauchen. Einmal hat Johns sogar ins Bild gebissen: "Painting bitten by a Man".
Über seiner ersten Zielscheibe hatte Johns noch vier ocker bemalte, augenlose Gips-Köpfe wie Totenmasken montiert - das Bild hatte für ihn von Anfang an etwas Räumliches, und schon bei den Flaggen hatte Johns die Technik der Enkaustik genutzt, flüssiges Wachs mit Farbe gemischt, was schnell trocknete und den Malvorgang sozusagen einfror, in einer haut-ähnlichen transparenten Oberfläche. In Basel werden nun die Elemente Kreis, Farbe, "Device" (Hilfsgerät, meist ein Lineal) und Körperabdruck immer neu kombiniert und entfaltet, über Zeichnung, Aquarell, Lithografie und skulpturale, installative Ideen, und es wird gezeigt, wie man an einem künstlerischen Umbruchpunkt aus diesem reduzierten Vokabular eine ganze Welt erschaffen kann.
Wie die strahlend bunte Zielscheibe sich aus einem monochromen Graphit-Nebel heraus entwickelt und sich wieder in ihn zurückverwandelt, in Farbflächen, schrundigen grauen, weißen oder grünen Farblandschaften verschwindet und dann auf einmal als Pupille, als Auge sichtbar wird, das ist nicht nur künstlerisch großartig, sondern auch von der Hängung über mehrere Räume sehr gelungen. Dass man Gefühle abstrakt ausdrücken kann, dass Malerei Ausdruck und Rekonstruktion ist, dass der Geometrie-Fetisch mit Drippings und ins Bild montierten Gabeln, Löffeln, Tassen und Kommunikations-Drähten konterkariert werden kann, das wird Schritt für Schritt nachvollzogen. In der "Zone" von 1962 flimmert erstmals - reklameartig und ironisch - ein einzelner Leuchtbuchstabe, in "Land's End" ein Jahr später kommt das Konzept dunkel und mit fallenden bunten Strichen an einen Haltepunkt. Dann teilt sich die Leinwand zum Diptychon, später zum Triptychon, Buchstaben stülpen sich skulptural heraus (ebenso wie Bierdosen), Wachsabgüsse von Unterkörpern hängen kopfüber im Bild, Schallwellen und Geschwindigkeit werden über Wischer und das industriell graue Scheiben-Motiv sichtbar gemacht; rechts am Rand eines nun wieder popbunten dreiteiligen abstrakten Altars baumelt ironisch ein Besen als großer Pinsel.
In ihrer langsamen Ausdifferenzierung und Steigerung findet diese Ausstellung so schnell nicht ihresgleichen, und Jasper Johns löst ein, was der Titel verspricht: Malen als Allegorie - an einem Bruchpunkt der klassischen Moderne.
Dass man die Frühphase dieses Werks nun wie unter dem Mikroskop beobachten kann, in minimalen Verschiebungen und Vorwärtsbewegungen, ist das Verdienst dieser ungeheuer dichten Basler Ausstellung. Sie kreist einen Zeitraum ein, in dem das kalkulierte gestische Wüten des Abstrakten Expressionismus sich langsam mit anderen Bewegungen überlagert: Jasper Johns hatte früh schon mit Robert Rauschenberg zu tun, öffnete sich aber über John Cage und den Choreografen Merce Cunningham auch der Geräuschmusik und der abstrahierten Bewegung. Sowieso ist sein Frühwerk ja eine einzige Untersuchung des Synästhetischen: Wer mit Red-Yellow-Blue in einer konzentrisch aufgebauten Zielscheibe experimentiert und diese Farb-Bezeichnungen dann auf grauem Grund (grau ist die Mischung der drei Grundfarben) nur als Buchstaben, eben als die Worte Rot-Gelb-Blau, aufscheinen läst, der will das Malen, aber auch den Wahrnehmungsvorgang als solchen analysieren, in seine Bestandteile zerlegen.
Die Ausstellung zeigt nun, ausgehend von der knallbunt ausgeführten Zielscheibe, die Variation von vier Elementen: die Grundfarben; das Motiv des Kreises, bisweilen materialisiert in einer Holzleiste, mit der man zirkelartig um das Zentrum herumschaben kann; dann Schriftzeichen, die entweder als großformatige Schablonen auftauchen oder als collagierte Alltagsrelikte - in Form von Zeitungsartikeln - unter der Farbe durchscheinen; schließlich der Abdruck des menschlichen Körpers, Hand, Arm, Gesicht, die fragmentartig in den Bildern auftauchen. Einmal hat Johns sogar ins Bild gebissen: "Painting bitten by a Man".
Über seiner ersten Zielscheibe hatte Johns noch vier ocker bemalte, augenlose Gips-Köpfe wie Totenmasken montiert - das Bild hatte für ihn von Anfang an etwas Räumliches, und schon bei den Flaggen hatte Johns die Technik der Enkaustik genutzt, flüssiges Wachs mit Farbe gemischt, was schnell trocknete und den Malvorgang sozusagen einfror, in einer haut-ähnlichen transparenten Oberfläche. In Basel werden nun die Elemente Kreis, Farbe, "Device" (Hilfsgerät, meist ein Lineal) und Körperabdruck immer neu kombiniert und entfaltet, über Zeichnung, Aquarell, Lithografie und skulpturale, installative Ideen, und es wird gezeigt, wie man an einem künstlerischen Umbruchpunkt aus diesem reduzierten Vokabular eine ganze Welt erschaffen kann.
Wie die strahlend bunte Zielscheibe sich aus einem monochromen Graphit-Nebel heraus entwickelt und sich wieder in ihn zurückverwandelt, in Farbflächen, schrundigen grauen, weißen oder grünen Farblandschaften verschwindet und dann auf einmal als Pupille, als Auge sichtbar wird, das ist nicht nur künstlerisch großartig, sondern auch von der Hängung über mehrere Räume sehr gelungen. Dass man Gefühle abstrakt ausdrücken kann, dass Malerei Ausdruck und Rekonstruktion ist, dass der Geometrie-Fetisch mit Drippings und ins Bild montierten Gabeln, Löffeln, Tassen und Kommunikations-Drähten konterkariert werden kann, das wird Schritt für Schritt nachvollzogen. In der "Zone" von 1962 flimmert erstmals - reklameartig und ironisch - ein einzelner Leuchtbuchstabe, in "Land's End" ein Jahr später kommt das Konzept dunkel und mit fallenden bunten Strichen an einen Haltepunkt. Dann teilt sich die Leinwand zum Diptychon, später zum Triptychon, Buchstaben stülpen sich skulptural heraus (ebenso wie Bierdosen), Wachsabgüsse von Unterkörpern hängen kopfüber im Bild, Schallwellen und Geschwindigkeit werden über Wischer und das industriell graue Scheiben-Motiv sichtbar gemacht; rechts am Rand eines nun wieder popbunten dreiteiligen abstrakten Altars baumelt ironisch ein Besen als großer Pinsel.
In ihrer langsamen Ausdifferenzierung und Steigerung findet diese Ausstellung so schnell nicht ihresgleichen, und Jasper Johns löst ein, was der Titel verspricht: Malen als Allegorie - an einem Bruchpunkt der klassischen Moderne.