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Pop-Phänomen Geisterjäger
Die Welt voller Dämonen

Mit einer Auflage von 250 Millionen Romanen, 5 Millionen Hörspielen, und regelmäßigen top 10 Plazierungen bei verschiedenen Streamingdiensten ist der Geisterjäger John Sinclair selbst nach 45 Jahren noch immer beliebt. Kürzlich ist sein Erfinder Helmut Rellergerd, alias Jason Dark, 75 geworden.

Von Amy Zayed | 03.02.2020
Der Autor Helmut Rellergerd alias Jason Dark hinter einem seiner Produkte - über 2000 Heftromane hat er inzwischen geschrieben. Das Bild stammt aus dem Jahr 1997.
Der Autor Helmut Rellergerd alias Jason Dark hinter einem seiner Produkte - über 2000 Heftromane hat er inzwischen geschrieben. Das Bild stammt aus dem Jahr 1997. (imago / teutopress)
Jörn Brom: "Die Faszination John Sinclair ist sehr ähnlich wie James Bond. Ist ein cooler Typ, jagt Geister, ist eine völlig schlüssige Handlung, eine riesige Welt mit vielen Charakteren Dämonen, Ich denke, der, der es nicht kennt und reinhören oder reinlesen wird, der wird süchtig."
Jörn Brom ist glühender Fan des Geisterjägers John Sinclair und seines Schöpfers Jason Dark. Im richtigen Leben stellt der 44-jährige Gesichtsprothesen her, doch in seiner Freizeit dreht sich alles um den geisterjagenden Oberinspektor aus London. Er überredete sogar den Verlag dazu, das offizielle Merchandising der Marke übernehmen zu dürfen: inzwischen fertigt er sogar Figuren der Charaktere von Hand an. Dass die Marke John Sinclair je so bekannt werden würde, hätte sich Autor Helmut Rellergerd, alias Jason Dark, am Anfang seiner Karriere niemals vorstellen können. Er wuchs in der Nachkriegszeit auf und begann eigentlich nur zu schreiben, weil er selber so gerne las.
Helmut Rellergeld: "Es gab ja nichts anderes. Radio hören und Bücher lesen. Ich war in zwei großen Büchereien in Dortmund, und ich habe mir von meinem Taschengeld die Romane gekauft. Krimis und Western. Das war meine Welt!"
Rellergerd hat nie viel Aufhebens um seine Person gemacht. Obwohl es bis heute tausende von Fans gibt, die ihn verehren, war für ihn relativ früh klar, dass er den ganzen Glamour gar nicht braucht.
"Ich war verheiratet, bin es heute noch, hatte zwei Kinder. Ich bin aufgestanden, die Kinder gingen zur Schule, ich hab mich an die Schreibmaschine gesetzt - allerdings hier im Verlag, weil die Kinder nicht wirklich mitkriegen sollten, wer ich wirklich bin, und das geschah erst später, als ich den deutschen Roman zu "Ghost Busters" geschrieben habe. Und ansonsten habe ich gearbeitet wie ein kreativer Beamter."
Neues Team für John Sinclair
Vor fünf Jahren beschloss Jason Dark etwas kürzer zu treten, und um die Serie zu verjüngen, suchte er sich ein paar Co-Autoren. Einer der bekanntesten davon ist Kriminalbiologe Mark Benecke. Man kennt ihn aus dem Fernsehen als Forensiksachverständiger und Bestsellerautor zum Thema Mordfälle. Er beschäftigt sich selbst gern mit dem Ursprung von Horrormythen und fand die Idee, einen Horror-Roman zu schreiben reizvoll.
Mark Benecke: "Das liegt wahrscheinlich daran, weil der Genremix schon echt gewagt ist. Ich als Naturwissenschaftler musste wirklich damit rechnen, dass mich Fachgesellschaften rausschmeissen würden. Weil die irgendwann sagen, okay Mark, bis hierhin, aber jetzt reicht es! Ich mach wozu ich Bock habe, und dann ist es mir auch egal. Und dann haben wir gesagt, wir brauchen jemanden, der sich ganz genau mit den ganzen Figuren auskennt. Das sind Hunderte, wenn nicht Tausende von Monstern, Zombies, Geistern, die alle besondere Kräfte und Fähigkeiten haben. Das können die Tina, meine Frau Ines und ich nicht. Also wir sind das Team. Ich wollte auch unbedingt, dass wir als Team vorkommen, wo wir Fälle mit spontaner Selbstentzündung lösen."
Die Magie der Stimme
Daraus wurde dann das Buch "Brandmal" in Zusammenarbeit mit Florian Hilleberg. Mark Benecke hatte sich aber schnell in das Sinclair-Universum eingelebt, und trägt mittlerweile sogar ein Jason Dark-Tattoo auf seinem Oberarm. Auch die John Sinclair-Hörspiele sind seit ihrer Neuauflage vor einigen Jahren wieder sehr erfolgreich, auch in englischer Sprache. Sie wurden mit Gold und Platin ausgezeichnet und gewannen mehrere Hörspielpreise. Dabei wird bei der Produktion offenbar nicht gespart, mit Klangeindrücken aus den jeweiligen Ländern, in denen die Handlung stattfindet, so wie bekannten Sprechern wie der deutschen Stimme von George Clooney oder Johnny Depp. John Sinclair wird von niemand geringerem synchronisiert als von Dietmar Wunder, der auch James Bond seine Stimme leiht.
Dietmar Wunder: "Was ich beobachte in den letzten Jahren ist, dass diese Höraffinität des deutschhörigen Publikums, das hat wirklich bewusst noch mal zugenommen. Die Macht der Stimme, die Magie der Stimme, das ist schon etwas, was hier in Deutschland sehr verstärkt ist. Das funktioniert wirklich, dass Du die Hörbücher auch dadurch anpreisen kannst, dass Du sagst, die deutsche Stimme von dem und dem Schauspieler erzählt dir die Geschichte."
Und so hält sich Jason Darks Schöpfung noch immer in den Köpfen der Menschen und ist zu einer Art popkulturellem Phänomen geworden, auch wenn Kritiker die Lektüre als anspruchslos sehen, oder als 80er-Jahre- Kitsch. Die Verkaufszahlen hingegen zeigen, dass der Geisterjäger auch nach mehr als 45 Jahren von seinen Fans heißgeliebt wird.