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Pop und Theater
Debatte ohne Gedankenaustausch

Es sollte eine Diskussion zu der Frage werden, ob sich Pop und Theater wirklich vertragen: Das zumindest war die Idee hinter der Veranstaltung "Jugend ohne Shakespeare" im Hamburger Thalia Theater mit dem Pop-Theoretiker Diedrich Diederichsen. Doch statt einer angeregten Debatte kam es lediglich zu verhärteten Fronten.

Von Dirk Schneider |
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    Der Pop-Theoretiker Diedrich Diederichsen diskutierte am 23. März im Thalia Theater Hamburg mit Theatermachern und Musikern über die Frage, ob sich Pop und Theater vertragen. (Deutschlandradio - Matthias Dreier)
    "Begriffliches Denken: Worin liegt der Ehrgeiz, die Dinge immer voneinander zu trennen?" - "Ja, das ist das Problem der Menschen, die denken halt, und das ist das Trennen von Dingen: Denken ist Trennen. Und wenn man sich die Frage stellt, dass das interessant sein soll, zwei Dinge zusammen gefügt zu haben, dann muss man sich erst einmal klar machen, was die unterschieden hat, bevor man sie zusammengeführt hat."
    So kann es klingen, wenn künstlerische Praxis auf Theorie trifft, in diesem Fall vertreten auf der einen Seite von der Regisseurin Jette Steckel, auf der anderen vom Poptheoretiker Diedrich Diederichsen. Die beiden Dinge, die Jette Steckel zusammengeführt hat und die Diederichsen sich bemühte, begrifflich zu trennen, waren Pop und Theater.
    Laut Diederichsen, und so schreibt er es auch in seinem letztes Jahr erschienenen Grundlagenwerk "Über Pop-Musik", zeichnet sich die Bühnenperformance des Pop dadurch aus, dass jederzeit unklar ist, ob der Performer auf der Bühne gerade sein wahres Selbst präsentiert oder vollkommen in einer Rolle aufgeht. Er kann und er soll mit dieser Unklarheit spielen.
    "Und diese spezifischen Aufgaben sind etwas anders als die Aufgaben, die Schauspieler normalerweise so haben. Aber sie sind attraktiv als Modell, wie auch das Spiel von Schauspielern funktionieren könnte. Und da besteht ein ungeklärtes, spannungsreiches Verhältnis, denke ich."
    Eine andere Sorte Rolle
    Leider kam es an dem Abend nicht dazu, sich über dieses interessante Verhältnis auszutauschen. Denn obwohl Diederichsen mit keinem Wort den Ansatz kritisiert hatte, Pop und Theater zusammen zu bringen, fühlten sich die Theatermacher von ihm provoziert. Und versuchten dann nur noch, ihn zu widerlegen, wie hier Dramaturg Carl Hegemann:
    "Für mich ist es evident, dass wenn Sepp Bierbichler auf der Bühne steht, als Beispiel, oder auch hier Mirco Kreibich, ich absolut nicht weiß, und das macht den Reiz, dem überhaupt zuzugucken, kämpft er da mit sich selbst oder kämpft er mit der Rolle?" - "Ja, aber das ist ein anderes Problem. Er hat eine Rolle, mit der er kämpft, aber es ist eine andere Sorte Rolle. "
    Nämlich: Der Schauspieler bekommt seine Rolle von außen, der Popkünstler gibt sich die Rolle selbst. Naheliegendere Fragen, zum Beispiel ob Pop auf der Theaterbühne nicht auch ein billiges dramaturgisches Mittel sein kann, wurden schnell entschärft: Ihr Stück als Musiktheater verstanden zu wissen, damit hatten die Theatermacher kein Problem. Die Rolle der Musik auf der Bühne formulierte der Musiker Anton Spielmann dennoch so:
    "Die Musik kann das, was das Wort nicht mehr schafft. Aber was ich doof finde ist, wenn die Musik am Theater nur dazu verwendet wird, dem Wort des Spielers oder der Emotion, die übertragen werden soll, zu helfen."
    Selbstherrliches Auftreten
    Dass die Theatermacher sich von Diederichsen provoziert fühlten, lag bestimmt auch an seinem selbstherrlichen Auftreten. Seine durchdachte Theorie hat er letztes Jahr in seinem Grundlagenwerk "Über Pop-Musik" schwarz auf weiß vorgelegt und wollte sie nicht zur Diskussion stellen. Sie in den Dienst der Sache zu stellen, darum bemühte er sich auch nicht. So bereitete es durchaus eine gewisse Genugtuung, dass Anton Spielmann offenbar nicht wusste, wer dieser Diederichsen überhaupt ist:
    "Wie heißt du? Diederichsen?" - "Diedrich. Mit Vornamen." -"Ist ja ein komplizierter Name. Aber auch ein geiler Name."
    Ob das nun echtes Unwissen war oder Provokation? Das im Unklaren zu lassen, das haben wir von Diederichsen nun gelernt, beherrschen diese Popmusiker ja besonders gut.