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Popstar mit Bachelor

Eine Karriere als Popmusiker ist der Traum vieler junger Menschen. Statt den fragwürdigen Weg über eine Casting-Show zu nehmen, kann man sich diesem Traum auch mit einem Studium nähern. An der Fachhochschule Osnabrück gibt es ab dem Wintersemester den neuen Studiengang Popularmusik, dessen Aufnahmeprüfungen in dieser Woche stattfanden.

Von Kerstin Staben |
    Daniel Hannes aus Dortmund versuchte die siebenköpfige Fachjury mit seinem Saxophonspiel zu überzeugen. Der 20-Jährige konnte sich drei Stücke aussuchen. Dann das Urteil der Musikexperten hinter verschlossenen Türen:

    " Er hat nicht bestanden, weil er grundsätzlich zu wenig Aussagekraft im Spiel hat. Da fehlen wirklich auch ein paar technische, bläserische Dinge. War weder für Pop noch für Jazz was. "

    Daniel Hannes spielt seit Jahren Saxophon. Die Absage - eine Enttäuschung für ihn. Doch von rund 30 Bewerbern im Bereich Instrumental schaffte am Ende gerade einmal die Hälfte die Aufnahmeprüfung. Oft fehlte es am nötigen Variationsspielraum. Im zweiten Schwerpunkt - dem Gesang - war es nicht leichter:

    " Es war halt schon irgendwie so eine Stresssituation. Ich glaube, wenn ich noch ein bisschen Zeit gehabt hätte, mich richtig einzusingen und so, dann wäre es noch ein bisschen besser gewesen. Ich fand mich selbst halt nicht so super, deswegen kann ich das nicht einschätzen. "

    Doch die 23-jährige Verena Metz packte es: Sie hat wie viele andere Teilnehmer bereits eine Musicalausbildung hinter sich. Das Studium soll ihr zweites Standbein werden. Zum Inhalt des Studiengangs: Michael Schmoll, Leiter des Instituts für Musik an der Fachhochschule Osnabrück:

    " Das Studium ist modularisiert und hat im Wesentlichen eine Struktur, die man mit 60 Prozent etwa künstlerischem Schwerpunkt beschreiben kann und 40 Prozent weitere Schwerpunkte. Davon etwa die Hälfte noch mal pädagogischer Schwerpunkt. Theorie und Wissenschaft und natürlich, was ganz, ganz wichtig ist, Schlüsselqualifikationen. Das heißt: Management, Musikelektronik und alles was dazu gehört. Und natürlich auch eine Bachelorarbeit, die abschließt. "

    Alle Bewerber müssen neben der praktischen auch eine theoretische Prüfung und einen Gehörbildungstest absolvieren. Bewerben können sich auch Interessierte ohne Abitur - bei ihnen gelten allerdings strengere Regeln. Sie müssen ein besonderes Talent mitbringen. Mit in der Jury und einer der künftigen Dozenten an der Fachhochschule Osnabrück ist Heinz-Rudolf Kunze. Er wird unter anderem Workshops im Song-Schreiben geben. Ihn reizt es, Teil des neuen Projektes zu sein:

    " Also der Ansatz des Teams ist ja sehr, sehr ehrgeizig. Die wollen Leute auf allen Gebieten ausbilden. Die wollen fähige Musiker und Sänger ausbilden. Gleichzeitig aber auch Leute, die das an Schüler weitergeben wollen und können und die die Schüler beeindrucken sollen durch große allgemeine Kompetenz im spielerischen, sängerischen und auch im popmusikalischen und musiktheoretischem Wissen. Es ist also ein sehr ehrgeiziger Plan und ich hoffe nur, dass es aufgeht. Ich werde mich bemühen, dass ich da ein kleines Stückchen zu beitragen kann. "

    Der Studiengang Popularmusik - eine Premiere an der Fachhochschule in Osnabrück. Der achtsemestrige Bachelor-Studiengang will nicht zwingend Popstars hervorbringen. Die Absolventen sollen vor allem im pädagogischen Bereich Jobs finden, so Michael Schmoll:

    " Wir wünschen es jedem unserer Absolventen, dass er weltberühmt wird. Aber es ist sicherlich nicht die Wahrscheinlichkeit, dass es alle werden. Und dann ist für uns eben die Frage, was machen diese Menschen dann nachher im Beruf. Und der pädagogische Arbeitsbereich, möchte ich mal sagen, wächst ja ständig. Immer mehr junge Menschen wollen Popularmusik lernen und es mangelt an Lehrern. Nach wie vor. "

    Die Bewerber wissen, dass es hier nicht darum geht, einmal als Solokünstler die Welt zu erobern. Sie haben sich bewusst für den Weg außerhalb von Casting-Shows entschieden. Ihr Ziel: Die Leidenschaft zur Musik mit einer soliden Ausbildung zum Beruf zu machen:

    " Berufswunsch ist Musiklehrer/Gesangslehrerin. Es macht mir halt mehr Spaß zuzusehen, wie die dann besser werden als selber auf der Bühne zu stehen, habe ich festgestellt "