Der mythologische Sänger Orpheus stammt aus Thrakien - heute Bulgarien. Deswegen liegt es nahe, wie Barrie Kosky es getan hat, Orpheus' Hochzeit mit Eurydike auf den Balkan zu verlegen. Antike Faune, Bauersleute in gestickten Trachten und Osteuropäer von heute lassen in einem üppig wuchernden Paradiesgarten so richtig die Puppen tanzen, auch wenn Freund Hein als menschengroße Skelettmarionette schon dabei ist. Barrie Kosky hat Monteverdis Musik von 1607 aber nicht eins zu eins übernommen, so wie sie nach Jahrzehnten musikwissenschaftlicher Recherche wuchtig und schönheitsselig klingt, sondern Kosky hat Monteverdi von Elena Kats-Chernin übermalen lassen. Mit traditionellen Balkanklängen und -rhythmen und Instrumenten aus jener Region hat Kats-Chernin den "Orpheus" eingefärbt. Auch Tangotöne fließen ein, wenn Akkordeon und Bandoneon aufspielen.
Wie eine schmierige Tangokneipe in Buenos Aires klingt die Welt des "Odysseus", wenn sich Penelopes Freier an die Königin ran schleimen, die aber nur eines im Sinn hat, ihren seit 20 Jahren in den Wirren des Trojanischen Krieges verschollenen Odysseus. Doch nicht nur weltmusikalisch hat Kats-Chernin gepinselt, sondern auch pophistorisch. Die Liebenden in der dritten Oper, "Poppea", schmachten zu Synthesizer, E-Gitarre und Vibraphon. In einer Hotellobby der 70er-Jahre hätte es nicht schauerlicher klingen können. Seicht, verkitscht, gefällig ist diese musikalische Neufassung. Die wegen ihrer himmlischen Aura nur sparsam einsetzbaren Glockenspieleffekte werden auf eine Weise überstrapaziert, wie es sonst nur der Popindustrie einfallen würde. Billige Filmmusik ist das Ergebnis dieser Monteverdi-Bearbeitung, die Orchester, Sänger und Chor vor allem im "Orpheus" nicht einmal so richtig zu spielen in der Lagen waren. Aber das kann auch Premierenpech sein nach so langer, experimenteller, 21-wöchiger Probenzeit. Problematischer ist die Sängerbesetzung. Die meisten Solisten können nicht nur keine sauberen Koloraturen singen, sondern ihnen fehlt jegliche Präzision, Klarheit und Brillanz, wie sie Monteverdi verlangt. In der Komischen Oper wird, bis auf wenige Ausnahmen, irgendwie gesungen, es kommt nicht so genau drauf an. Um Musik geht es nur an zweiter Stelle. Der Berliner Monteverdi-Zyklus bleibt Lichtjahre hinter Deutungen von Jacobs, Harnoncourt oder Gardiner zurück. Nicht weil man in Berlin Neues wagt, meinetwegen könnte Kosky ein ganzes Akkordeonorchester plus Vuvuzela-Gruppe aufstellen. Aber es muss mindestens genau so gut werden, wie alles Frühere.
Eines der schönsten und schmerzvollsten Duette der Musikgeschichte, der Schlussgesang von Poppea und Nero, verschenkt Kosky, weil er den Nero nicht mit einem Sopran oder Countertenor besetzt, wie von Monteverdi vorgesehen, sondern mit einem Tenor. Zu allem Überfluss des Unbehagens gesellt sich eine deutsche Übersetzung des italienischen Originals, die allenfalls in den Ulkszenen sinnvoll wäre. Permanent kommt es zu falschen Betonungen. Ungelenkt, trivial ist die Sprache und dient ausschließlich den Kalauern, von denen es nur so wimmelt. Um den Zuschauer bei der Stange zu halten, setzt Kosky auf derbe Komik. Mit primitivem Witz arbeitet er dem Unterschichtfernsehen zu, denn er will populär sein, Oper für alle machen und setzt auf schlechten Geschmack. Oder auf brutale Gewalt. Das bringt auch Quote. Eine schöne säuische Vergewaltigung, eine sadistische Blendung mit Pfeilen, ein Spieß in den Arsch von Seneca, ein Gewichse beim Folterurteil Neros. Die Komische Oper in Berlin muss sich eben gegenüber der Lindenoper und der Deutschen Oper profilieren. Mit Tunten-Theater und Transvestiten-Getummel auf der Bühne hat Kosky sicherlich ein Marktsegment besetzt. Wenn es nur nicht so langweilig wäre! Aber das sind Tattoos ja auch, trotzdem trägt sie jeder.
Wie eine schmierige Tangokneipe in Buenos Aires klingt die Welt des "Odysseus", wenn sich Penelopes Freier an die Königin ran schleimen, die aber nur eines im Sinn hat, ihren seit 20 Jahren in den Wirren des Trojanischen Krieges verschollenen Odysseus. Doch nicht nur weltmusikalisch hat Kats-Chernin gepinselt, sondern auch pophistorisch. Die Liebenden in der dritten Oper, "Poppea", schmachten zu Synthesizer, E-Gitarre und Vibraphon. In einer Hotellobby der 70er-Jahre hätte es nicht schauerlicher klingen können. Seicht, verkitscht, gefällig ist diese musikalische Neufassung. Die wegen ihrer himmlischen Aura nur sparsam einsetzbaren Glockenspieleffekte werden auf eine Weise überstrapaziert, wie es sonst nur der Popindustrie einfallen würde. Billige Filmmusik ist das Ergebnis dieser Monteverdi-Bearbeitung, die Orchester, Sänger und Chor vor allem im "Orpheus" nicht einmal so richtig zu spielen in der Lagen waren. Aber das kann auch Premierenpech sein nach so langer, experimenteller, 21-wöchiger Probenzeit. Problematischer ist die Sängerbesetzung. Die meisten Solisten können nicht nur keine sauberen Koloraturen singen, sondern ihnen fehlt jegliche Präzision, Klarheit und Brillanz, wie sie Monteverdi verlangt. In der Komischen Oper wird, bis auf wenige Ausnahmen, irgendwie gesungen, es kommt nicht so genau drauf an. Um Musik geht es nur an zweiter Stelle. Der Berliner Monteverdi-Zyklus bleibt Lichtjahre hinter Deutungen von Jacobs, Harnoncourt oder Gardiner zurück. Nicht weil man in Berlin Neues wagt, meinetwegen könnte Kosky ein ganzes Akkordeonorchester plus Vuvuzela-Gruppe aufstellen. Aber es muss mindestens genau so gut werden, wie alles Frühere.
Eines der schönsten und schmerzvollsten Duette der Musikgeschichte, der Schlussgesang von Poppea und Nero, verschenkt Kosky, weil er den Nero nicht mit einem Sopran oder Countertenor besetzt, wie von Monteverdi vorgesehen, sondern mit einem Tenor. Zu allem Überfluss des Unbehagens gesellt sich eine deutsche Übersetzung des italienischen Originals, die allenfalls in den Ulkszenen sinnvoll wäre. Permanent kommt es zu falschen Betonungen. Ungelenkt, trivial ist die Sprache und dient ausschließlich den Kalauern, von denen es nur so wimmelt. Um den Zuschauer bei der Stange zu halten, setzt Kosky auf derbe Komik. Mit primitivem Witz arbeitet er dem Unterschichtfernsehen zu, denn er will populär sein, Oper für alle machen und setzt auf schlechten Geschmack. Oder auf brutale Gewalt. Das bringt auch Quote. Eine schöne säuische Vergewaltigung, eine sadistische Blendung mit Pfeilen, ein Spieß in den Arsch von Seneca, ein Gewichse beim Folterurteil Neros. Die Komische Oper in Berlin muss sich eben gegenüber der Lindenoper und der Deutschen Oper profilieren. Mit Tunten-Theater und Transvestiten-Getummel auf der Bühne hat Kosky sicherlich ein Marktsegment besetzt. Wenn es nur nicht so langweilig wäre! Aber das sind Tattoos ja auch, trotzdem trägt sie jeder.