Niehr nannte als Beispiel AfD-Chef Alexander Gauland, der über den Fußballspieler Jerome Boateng gesagt hatte, "die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben". Damit sei ein Tabu gebrochen worden – und die Rechtspopulisten hätten eine große Bühne gehabt, so der Sprachwissenschaftler.
"Aber spannender sind die Reaktionen, das sind meist fadenscheinige halbherzige Entschuldigungen", sagte Niehr. So habe Gauland anschließend gesagt, nur die Meinung irgendwelcher Leute wiedergegeben zu haben.
Ein anderes Beispiel sei der AfD-Politiker Jens Maier, über dessen Twitter-Account Noah Becker als "Halbneger" beleidigt worden war – anschließend sei dann ein Mitarbeiter verantwortlich gewesen. Er habe die Befürchtung, dass der öffentliche Diskurs durch solche Tabubrüche weiter nach rechts gerückt werde, betonte Niehr.
Populismus als Kampfbegriff
Wer das Wort Populismus benutze, werte mit diesem Wort vor allem den politischen Gegner ab. Es gäbe einige wenige Politiker, die von sich sagen würden, sie seien Populisten, weil das gar nichts Schlimmes sei. Denn in dem Wort stecke ja Populus, das Volk.
Allerdings sei damit üblicherweise etwas anderes gemeint. Das Wort sei sicherlich ein Kampfbegriff. Man müsse dann eigentlich genau sagen, was das populistische an den Äußerungen sei. Er sei der Meinung, dass nicht die Person per se ein Populist sei, sondern Äußerungen.
Es würden Parolen produziert und es würden immer wieder erstaunlich simple Lösungen für komplexe Probleme präsentiert.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Buchtipp:
Jana Reissen-Kosch/Thomas Niehr: "Volkes Stimme Zur Sprache des Rechtspopulismus", Duden-Verlag 2019
Jana Reissen-Kosch/Thomas Niehr: "Volkes Stimme Zur Sprache des Rechtspopulismus", Duden-Verlag 2019