Archiv


Porsche zum Schleuderpreis

Die Eurokrise hat die griechische Autowelt verändert. Durch die fehlende Nachfrage sind die Preise massiv gesunken. Hinzu kommt eine neue Luxussteuer auf Autos mit großem Hubraum. Sie sollte Geld in die Staatskasse spülen, hat die Lage auf dem Markt aber verschlimmert.

Von Rodothea Seralidou |
    Der Gebrauchtwagenmarkt "Keratsas GmbH" an der Thivon-Straße in Ilion. Seit 25 Jahren schon werden hier im Athener Westen Gebrauchtwagen aller Art verkauft - vom bescheidenen Opel Corsa bis zum imposanten Jeep Cherokee ist alles dabei. Verkäufer Stratos Alexandris steht am Eingang zu dem 500 Quadratmeter großen Verkaufsgelände und hält Ausschau nach Kundschaft:

    "Die meisten Leute kommen nur, um Preise zu vergleichen. Sie gucken sich die Autos an, kaufen aber nichts."

    Nach stundenlangem Warten - endlich ein Kunde: der 55-jährige Nikos Petropoulos. Doch auch er will nichts kaufen, sondern verkaufen: seinen schwarzen acht Jahre alten Porsche Boxster. Dabei trennt sich der Sportwagenliebhaber nur ungern von seinem frisch polierten Cabrio:

    "Ich liebe mein Auto und ich würde es gerne behalten, aber ich gebe es ab, weil es nicht anders geht. Leider hat es an Wert verloren: Früher hätte man ein Auto mit einem Kaufpreis von 100.000 Euro noch für rund 80.000 Euro verkauft. Jetzt verlangen wir dafür 10.000 Euro und werden es trotzdem nicht los!"

    Der Grund: die hohen Steuern für den neuen Besitzer. Denn: Fährt jemand in Griechenland ein Auto mit großem Hubraum, geht der Staat davon aus, dass sein Besitzer auch gut verdient.

    Nikos Petropoulos kommt allein durch seinen Porsche auf ein sogenanntes "tekmirio", ein geschätztes Einkommen, von mehr als 15.000 Euro. Hinzu kommen 880 Euro Kfz-Steuer und die neu eingeführte Luxussteuer für Autos ab zwei Litern Hubraum - weitere 1500 Euro im Jahr. Das alles führe zu absurden Verhältnissen, erklärt Autohändler Kostas Keratsas:

    "Wir haben im Moment Autos, die wir spottbillig verkaufen und deren Haltungskosten im Jahr höher sind als der Kaufpreis des Autos. Wenn ich für ein Auto 100 bis 200 Euro im Monat bezahlen muss, nur um es zu besitzen - ohne Werkstattkosten, ohne nichts - ist das unattraktiv . Und je größer der Hubraum, desto höher die Kosten. Halter von großen Autos haben im Moment wirklich Pech!"

    Dabei sah noch vor fünf Jahren alles ganz anders aus, erinnert sich der erfahrene Autohändler an die fetten Jahre vor der Krise:

    "Früher florierte der Automarkt. Die Leute haben Autos gekauft, es gab Tausende Jobs - nicht nur beim Verkauf, sondern auch für Automechaniker, für Versicherungsmakler und all die anderen Berufe rund ums Auto. Ich habe mit drei Geschäften rund 250 Autos im Jahr verkauft. Heute verkaufe ich zwei oder drei im Monat - und das gilt schon als Erfolg!"

    Im Neuwagenhandel ist die Lage vergleichbar. Nach Berechnungen des Verbands der griechischen Kfz-Importeure sind die Neuzulassungen seit 2008 um fast 80 Prozent zurückgegangen. Autohändler Keratsas hat früher oft Autos aus anderen EU-Ländern eingeführt, vor allem aus Deutschland. Doch damit ist nicht nur bei ihm, sondern auch bei seinen Kollegen Schluss:

    "Heute gibt es nur Exporte: In alle EU-Staaten, aber auch in Drittländer wie Moldawien, Aserbaidschan, Russland. Das ist aber kein lukrativer Markt, sondern dient dazu, die Verluste zu minimieren. Denn in Griechenland können wir solche Autos gar nicht mehr verkaufen!"

    Porscheliebhaber Nikos Petropoulos versucht schon seit einem Jahr, sein Schätzchen in Griechenland privat zu verkaufen. Jetzt hofft er, dass sich über Autohändler Keratsas Interessenten finden.

    "Das kann wirklich nur in Griechenland passieren! Bald werden wir auf den griechischen Straßen gute Autos nur noch mit bulgarischen Kennzeichen sehen, und der Staat wird nichts dagegen unternehmen können!"

    Tatsächlich sieht man in letzter Zeit auf griechischen Straßen immer öfter große Geländewagen und Limousinen mit bulgarischen Kennzeichen. Die Besitzer gründen eine Schattenfirma in Bulgarien und versteuern dort ihr Auto - am griechischen Fiskus vorbei.
    Statt mit den hohen Steuern die Staatskassen zu füllen, wie erhofft, habe diese Politik dem griechischen Automarkt den Todesstoß gegeben, glaubt Keratsas.