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Portal hochschulwatch.de
Mehr Transparenz bei der Forschungsfinanzierung

Die Hochschulen in Deutschland erhalten immer mehr Drittmittel aus der Wirtschaft. Einerseits eine gute Finanzhilfe - Kritiker sehen jedoch einen zu starken Einfluss der Wirtschaft auf die Forschungsinhalte. Das Internetportal hochschulwatch.de will für Transparenz sorgen.

Von Claudia van Laak |
    Studenten verfolgen in Köln in der Aula Universität eine Veranstaltung.
    Viele Vorlesungen und Seminare werden laut Hochschulwatch zunehmend von Unternehmensvertretern bestritten. ( picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Auf viele kleine Edward Snowdens hatte man gehofft. Auf Hochschulmitarbeiter, die - anonym - geheime Verträge zwischen Unternehmen und Forschungsinstituten hochladen, und so mehr Transparenz in das Dunkel bringen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. So haben sich Mitarbeiter von Transparency und der taz selber an die Arbeit gemacht und die Datenbank gefüttert. "Wir beobachten eine Entwicklung an den Hochschulen", so Edda Müller, Vorsitzende von Transparency:
    "Wo wir den Eindruck haben, dass zunehmend die Verwertungsinteressen der Wirtschaft die Lehre und auch die Forschung weitgehend bestimmen. Und weniger das, was unser großes Erbe ist, nämlich die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre, also das alte Humboldtsche Bildungsideal zu verteidigen."
    Auf der Internetseite hochschulwatch.de lassen sich Belege für den zunehmenden Einfluss der Wirtschaft finden. In den Fokus der Kritik ist zum Beispiel die Fachhochschule Flensburg geraten, hier speziell das Institut für Windenergie. Es sei geradezu von der Windenergieindustrie gekapert worden, meint Anna Lehmann von der taz:
    "Die Stifter richten nicht nur ein Institut ein und zwei Professuren, sondern sie entscheiden auch, was auf welchem Gebiet erforscht wird. Und das widerspricht klar den Regeln, die sich die Wirtschaft selber gegeben hat."
    In der Tat hat sich der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft vor einigen Jahren Verhaltensrichtlinien gegeben, einen sogenannten Code of Conduct. Darin heißt es: "Der Geldgeber nimmt keinen Einfluss auf Forschung und Lehre und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen."
    Zahl der Stiftungsprofessuren hat sich verdoppelt
    Isabella Albert vom Freien Zusammenschluss der Studentenvertretungen fzs hat grundsätzliche Bedenken:
    "Wir sehen als Studierende, dass Drittmittel grundsätzlich Hochschulen in ein Konkurrenzverhältnis setzen. Hochschulen müssten eigentlich aus öffentlicher Hand finanziert werden, werden aber zunehmend privat finanziert. Die Ausgaben der Länder pro Studi sinken immer weiter. Das heißt, die Hochschulen müssen ihre ursprünglichen Ausgaben durch Drittmittel kompensieren. Das sind keine Mittel, die oben drauf kommen, das sind Mittel, die bisherige öffentliche Finanzierung ersetzen."
    Nach Angaben von Hochschulwatch hat sich die Zahl der Stiftungsprofessuren in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Seminare und Vorlesungen würden zunehmend von Unternehmensvertretern bestritten. Die Forderung von Transparency International an die Politik:
    "Dass wir eindeutige und klare Regeln bekommen für die Offenlegung für solche fremdfinanzierten Projekte, dass wir das in den Informationsfreiheitsgesetzen beziehungsweise Transparenzgesetzen klar verankern. Und wir sagen, wir brauchen regelmäßige Sponsorenberichte: Was wird in welcher Form an unseren Hochschulen finanziert."
    Lob erhält die Landesregierung Rheinland-Pfalz - dort müssen Hochschulen künftig alle Informationen über Drittmittelgeber offenlegen - das geplante Transparenzgesetz sieht es so vor.