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Porträtserie über Wissenschaftler
"Ich wollte Körper und Geist zusammen haben"

Die Fotografin Herlinde Koelbl hat internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fotografiert und interviewt - und war beindruckt von den Persönlichkeiten hinter der Forschung. "Wissenschaft hat ein Imageproblem", sagte Koelbl im Dlf.

Herlinde Koelbl im Corsogespräch mit Adalbert Siniawski |
Die Fotografin Herlinde Koelbl
Die Fotografin Herlinde Koelbl (Johannes Rodach)
"Learn from failures", aus Fehlschlägen lernen - diesen Satz hat der emeritierte US-Professor für Biochemie und Biophysik Bruce Alberts mit einem Filzstift auf seine Handinnenfläche geschrieben. Für ihr Foto- und Interviewprojekt "Faszination Wissenschaft" hat Herlinde Koelbl ihn und andere Top-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler aus aller Welt nach Leitsätzen für ihre Arbeit gefragt. Koelbl will mit ihren Arbeiten Menschen, ihre Gesichter und Umgebungen näher kennenlernen - darunter hochrangige Politiker, Politjournalisten, jüdische Emigranten oder Menschen in Flüchtlingslagern. Unter den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ihres aktuellen Projekts sind Nobelpreisträger und Forscher, die bahnbrechende Entdeckungen gemacht haben. Sie hat versucht, ihre Persönlichkeiten zu erforschen, wie steht es um Ehrgeiz, Leidenschaft, Neugier, Frusttrationstoleranz, Konkurrenzdenken?
Wissenschaft hat ein Imageproblem
Wissenschaft habe ein Imageproblem, sagte Herlinde Koelbl im Dlf. "Wissenschaftler müssen besser mit der Gesellschaft kommunizieren und sie so darlegen, dass man sie versteht." Anders als Politiker seien sie eher introvertiert. Virologe Christian Drosten zum Beispiel habe einen Anfang gemacht, wie man Wissenschaft vermitteln kann. Durch die Pandemie sei Wissenschaft sichtbar geworden, ihre Bedeutung werde erkannt und über Forschungsergebnisse diskutiert, auch wenn sie angegriffen werde. Wissenschaftsskeptikern sagt Koelbl, dass sie sich an Fakten orientieren und erkennen sollten, wie stark das Bemühen der Forscher sei, die Wahrheit darzulegen, das sei in Zeiten von Fake News eine wichtige Sache.
Nie erwachsen werden
Buchcover Faszination Wissenschaft, Frauenportrait s/w mit nach außen gedrehter Handinnenfläche, auf der steht: "Nanotech is small but powerful!" 
Buchcover Faszination Wissenschaft - "Forscher müssen etwas Spielerisches haben" - (Verlag Knesebeck)
Sie sei von den Persönlichkeiten der Porträtierten beeindruckt, und als Außenstehende hätte sie auch Fragen stellen können, die nicht nur auf ihr Fachgebiet zielen. Zum Beispiel, wie sie mit Fehlern und dem Scheitern umgehen. Dass alle Fotografierten ihren Leitspruch oder eine Formel auf die Handfläche geschrieben haben, zeige ihre spielerische Ader. Sie seien nicht nur die strengen Professoren, "und Forscher müssen etwas Spielerisches haben", so Koelbl. Einer von ihnen habe gesagt, man sollte nie erwachsen werden und immer wieder fragen: warum? Das gehöre genauso zu ihrer Forschung wie der Mut, nach Fehlschlägen weiterzumachen.
Ständig neugierig
Sie selbst sei ständig neugierig, Neugier treibe sie an zu ihren Themen. Dadurch erschließe sie sich immer wieder neue Horizonte. "Die Themen kommen zu mir, ich muss sie nicht suchen, manche warten schon jahrelang, bis sie endlich bearbeitet werden."
Der Band "Faszination Wissenschaft" ist im Knesebeck Verlag erschienen. Die Ausstellung ist in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin bis Ende Januar zu sehen.