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Portugal
Grüne Steuerreform oder Augenwischerei?

Die konservative Regierung Portugals hat sich in den vergangenen Jahren fast gar nicht um Umweltfragen gekümmert, aber gleichzeitig immer wieder Steuern und Abgaben erhöht. Jetzt will sie nachhaltiges Handeln besonders fördern, doch Teile der Bevölkerung sind skeptisch.

Von Tilo Wagner |
    Die Flaggen Portugals und Europas
    Portugal hat sich mit allen anderen EU-Staaten Ziele im Umweltbereich gesetzt, die die Regierung nun durch eine Steuerreform erreichen möchte. Doch ausgerechnet die Grüne Partei im portugiesischen Parlament stellt sich gegen die neuen Ökosteuern. (dpa / picture-alliance / Peter Zimmermann)
    In vielen portugiesischen Supermärkten wandern die Waren vom Laufband direkt in die Plastiktüten. Der Kunde zahlt nichts, die Tüten gibt es umsonst. Kein Wunder also, dass Portugal in einer europaweiten Statistik besonders schlecht abschneidet. Nach Angaben der EU-Kommission verbraucht jeder Portugiese jährlich 466 Plastiktüten, also fast achtmal so viel wie deutsche Bürger.
    Wenn es nach Jorge Vasconcelos geht, dann sollen Plastiktüten in den portugiesischen Supermärkten schon ab Januar 2015 Geld kosten. Der Energieberater hat in den vergangenen Monaten eine Kommission geleitet, die das Projekt einer grünen Steuerreform vorbereit und jetzt ins Parlament eingebracht hat. Neben der Abgabenpflicht für Plastiktüten sieht die Reform auch eine Ökosteuer auf Benzin beziehungsweise Diesel und auf Langstreckenflüge vor. Auch Anreize für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln gehören dazu:
    "Portugal hat sich mit allen anderen EU-Staaten gewisse Ziele im Umweltbereich gesetzt, und wenn wir den Hebel bei den Steuern anheben, dann scheint es möglich, diese Ziele zu erreichen. Und dann gibt es noch einen zweiten Punkt: Wenn wir den Verbrauch natürlicher Rohstoffe höher besteuern und die Lohn- und Unternehmenssteuern senken, könnten wir gleichzeitig ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum fördern."
    Die Kommission hat errechnet, dass die Steuerreform über 160 Millionen Euro in die Staatskassen spülen soll. Noch hat die konservative Regierung nicht erkennen lassen, ob sie im Gegenzug wirklich Steuern senken wird. Die Zeichen dafür stehen nicht gut. Nach jüngsten Prognosen könnte Portugal das Defizitziel von vier Prozent im laufenden Jahr verfehlen. Der Spielraum für Steuersenkungen ist dementsprechend gering.
    Ausgerechnet die Grüne Partei im portugiesischen Parlament stellt sich deswegen gegen die neuen Ökosteuern. Die Grünen sind in Portugal in einem Wahlbündnis mit der Kommunistischen Partei vereint und verteidigen vor allem die Interessen der Kleinverdiener. Die grüne Abgeordnete Heloísa Apolónia wehrt sich deshalb, das aktuelle Projekt einer umweltfreundlichen Steuerreform zu unterstützen.
    "Wir sind für ein grüneres Steuersystem. Aber wir wollen nicht, dass ein Reformprojekt nur eingeführt wird, damit Geld in die Staatskassen kommt. Die Reform, die jetzt gerade diskutiert wird, wird aus Budget-Gründen eingeführt, und nicht der Umwelt zur Liebe. Die Umwelt ist nur ein Deckmantel für eine neue Steuererhöhung. Den Menschen bringt das gar nichts. Es geht wieder nur ums Geschäft."
    Das Reformprojekt fällt in eine Zeit, in der die Portugiesen mit wesentlich höheren Abgaben leben müssen. Die Steuerlast nahm allein im vergangenen Jahr um über acht Prozent zu. Kritiker werfen der Regierung zudem vor, ökologische Themen sträflich vernachlässigt zu haben. Die grüne Steuerreform sei knapp ein Jahr vor den Parlamentswahlen nicht mehr als Augenwischerei.
    Tatsächlich hat die Mitte-rechts-Koalition um Premierminister Pedro Passos Coelho eine Vielzahl von Initiativen der vorherigen Regierung gestoppt, die den Ausbau der alternativen Energien in Portugal kräftig gefördert hatte. Der Umweltexperte Jorge Vasconcelos, der zu Gesprächen mit der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank eingeladen worden war, gibt die Schuld jedoch den internationalen Geldgebern:
    "Ich glaube, es muss einmal ganz klar gesagt werden: Welche Partei in Portugal in den letzten Jahren regiert hat, spielt diesbezüglich keine Rolle. Die Troika hat ihren Standpunkt hinsichtlich Energiefragen ganz klar durchgesetzt: Und es ging der Troika nur um die Senkung der Elektrizitätspreise, um die Wettbewerbsfähigkeit der portugiesischen Wirtschaft zu steigern – wir wissen aber, dass die Probleme ganz woanders liegen. Die Troika hat die ökologisch geprägte Wirtschaft nie als Motor einer nachhaltigen Entwicklung in Portugal verstanden. Alles, was nach grün aussah, wurde nur als Hindernis auf dem Weg zum Wachstum verstanden. Diese Einstellung hatte extrem negative Folgen."
    Die Regierungskoalition hofft auf die Unterstützung der Sozialisten, um die grüne Steuerreform auf ein breites gesellschaftliches Fundament zu stellen. Wenn die Regierung den Steuerzahlern aber keine Erleichterungen verspricht, droht das Projekt in den Augen vieler Portugiesen wieder nur als eine erneute Steuererhöhung wahrgenommen zu werden.