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Portugal
Sozialistische Regierung will den Arbeitsmarkt reformieren

Vor allem für junge Arbeitnehmer ist die Situation in Portugal nach wie vor prekär. Wenn sie überhaupt Arbeit haben, arbeiten sie als Honorarkräfte, bekommen niedrige Gehälter und kaum Sozialleistungen. Die sozialistische Regierung will das ändern - bekommt aber Gegenwind von den Arbeitgeberverbänden.

    Die linken Oppositionsparteien haben die Mitte-Rechts-Regierung in Portugal gestürzt.
    Die portugiesische Regierung will zusätzliche Inspektoren einstellen, um Arbeitsverträge schärfer zu kontrollieren. (picture alliance/EPA/MIGUEL A. LOPES)
    Paula Gil stand im März 2011 auf einer Bühne vor Zehntausenden Lissabonnern und sang ein improvisiertes Protestlied. Die studierte Politikwissenschaftlerin hatte damals zusammen mit ein paar Freunden zu einer Großdemonstration aufgerufen, um gegen die schlechten Bedingungen für junge Arbeitnehmer in Portugal zu protestieren.
    Die Jugend sei damals aufgewacht, erinnert sich Paula Gil. Doch fünf Jahre nach der Protestaktion wartet die 30-Jährige immer noch auf eine Festanstellung:
    "Ich arbeite weiterhin auf Honorarbasis. Das heißt, es hat sich eigentlich nichts verändert. Im Gegenteil: Ich verdiene sogar noch weniger, weil die Gehälter gekürzt und die Steuern angehoben wurden. Es reicht gerade so, um zu überleben."
    Vielen jungen Arbeitnehmer in Portugal geht es ähnlich. Über die Hälfte aller Erwerbstätigen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren arbeitet auf Honorarbasis oder hat einen kurzfristigen Arbeitsvertrag. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen insgesamt sowie die Jugendarbeitslosigkeit seit dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise vor drei Jahren spürbar zurückgegangen. Doch gerade Berufseinsteiger müssen sich immer noch mit niedrigen Gehältern und geringer sozialer Absicherung zufrieden geben.
    Arbeitsminister warnt vor den Konsequenzen
    Den Kampf gegen die schlechten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt hat sich nach eigenem Bekunden die sozialistische Regierung auf die Fahnen geschrieben. Arbeitsminister José Vieira da Silva warnte im Parlament vor den Konsequenzen für die portugiesische Gesellschaft:
    "Die jetzige Segmentierung auf dem Arbeitsmarkt ist eine direkte Bedrohung für den sozialen Frieden und für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das wir nur erreichen, wenn wir gemeinschaftlich dafür arbeiten. Das ist der Grund, warum so viele hoch qualifizierte junge Menschen auswandern und es wirkt sich auch auf die Geburtenrate aus, die seit Jahren immer weiter sinkt."
    Die Regierung hat inzwischen eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt, um den Arbeitsmarkt zu reformieren. So sollen Unternehmen, die sich vor allem auf kurze Zeit- und Honorar-Verträge stützen, höhere Abgaben an die Sozialversicherung zahlen. Zudem will das Kabinett zusätzliche Inspektoren einstellen, um Missbrauch zu unterbinden und die Arbeitsverträge schärfer kontrollieren.
    Arbeitgeberverbände kritisieren schärfere Kontrollen
    Nuno Carvalinha, Präsident des Verbands Kleiner und Mittlerer Unternehmen, hält davon jedoch nicht viel:
    "Die Firmen werden schon jetzt stark überprüft, sie werden geradezu erdrückt von einem Katalog von Strafen und Bußgeldern, Gesetzen und Vorschriften. Dazu kommen Steuern und hohe Sozialabgaben. Anstatt die Kontrolle noch weiter auszubauen, brauchen wir eine größere Flexibilisierung bei den Arbeitsverhältnissen. "
    Bei der letzten großen Arbeitsrechtsreform aus dem Jahr 2012 war die damalige konservative Regierung den Unternehmen bereits entgegen gekommen und hatte etwa die Kosten für Abfindungszahlungen stark reduziert. Doch bisher hat dies nicht dazu geführt, dass die Arbeitgeber ihren Beschäftigten wieder langfristige Verträge anbieten. Nuno Carvalinha glaubt, dass sich daran erst etwas ändern wird, wenn sich die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern:
    "Die Unternehmen versuchen vor allem bei den Arbeitskosten zu sparen, weil sie die Krise immer noch sehr stark spüren. Wir haben so gut wie kein Wirtschaftswachstum. Und viele Firmen stehen kurz vor der Pleite. Früher haben die Unternehmen kein Problem gehabt, Kredite bei den Banken zu erhalten. Aber jetzt sieht das ganz anders aus. Das ganze Bankensystem in Portugal steckt in einer tiefen Krise, und den Firmen fällt es sehr schwer, sich zu finanzieren."
    Mit weiteren Erleichterungen, wie etwa mit der Senkung der Unternehmenssteuer, können die Betriebe jedoch erst einmal nicht rechnen. Die sozialistische Minderheitsregierung benutzt den Kampf gegen die schlechten Arbeitsverhältnisse für junge Beschäftigte auch, um das Bündnis mit den kleineren radikaleren Linksparteien zu stärken. Denn der immer wieder ausbrechende Konflikt zwischen Portugal und der EU über die Notwendigkeit neuer Sparmaßnahmen hinterlässt im Linksbündnis in Lissabon bereits erste Risse.