Der Chef von Portugals größter Oppositionspartei ließ keine Zweifel aufkommen: Die Sozialisten, so António José Seguro beim Besuch einer Schule im Norden Lissabons, würden keine neuen Sparmaßnahmen der Regierung unterstützen, um das Loch im portugiesischen Haushalt zu stopfen. Seguro drängt seit Monaten auf eine Revision des Spar- und Reformprogramms, das Portugal vor etwas über einem Jahr mit der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank vereinbart hat.
Die überwältigende Mehrheit der Portugiesen gibt der Opposition Recht. Neue Steuererhöhnungen? Da schüttelt Sónia Domingues den Kopf. Sie arbeitet in Portugals größtem staatlichen Krankenhaus in Lissabon:
"Die Stimmung unter meinen Kollegen ist jetzt schon sehr schlecht. Die Leute sind empört. Gerade jetzt sollten wir eigentlich unser Urlaubsgeld bekommen. Doch das wurde ja schon gestrichen."
Seit Portugal im Mai 2011 unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft ist, wird die soziale Lage im Land immer angespannter: Die Wirtschaft ist eingebrochen, Tausende Betriebe mussten schließen, fast 150.000 Menschen haben in den vergangenen zwölf Monaten ihren Job verloren, und diejenigen, die noch arbeiten, müssen Einkommenskürzungen von bis zu 15 Prozent hinnehmen.
Auch die konservative Regierung von Premierminister Passos Coelho hat inzwischen erkannt, dass noch mehr Sparmaßnahmen den politischen und sozialen Frieden empfindlich stören könnten. Politische Analysten gehen deshalb davon aus, dass die Regierung demnächst zum ersten Mal in ihrer 13-monatigen Amtszeit auf Nachverhandlungen mit der Troika drängen wird.
Der Wirtschaftsprofessor João César das Neves von der Katholischen Universität Lissabon allerdings glaubt, dass es selbst dann keine grundsätzlichen Zweifel an Portugals Reformwillen geben würde, sollte das Land jetzt einen Aufschub des ehrgeizigen Reformprogramms aushandeln.
"Es ist jedoch enorm wichtig, dass Portugal jetzt nicht auf die Idee kommt, der Druck von außen würde nachlassen. Wir haben so wie andere europäische Staaten durch unser unverantwortungsvolles Verhalten über Jahre hinweg Glaubwürdigkeit verloren, die wir jetzt mühsam zurückgewinnen müssen. Es ist verständlich, dass die Finanzmärkte und andere EU-Staaten auf eine strikte Umsetzung der Reformprogramme drängen. Doch ein exzessives Sparen könnte sehr negative Folgen haben. Denn die Portugiesen würden nicht mehr an den Erfolg glauben, und dann sind wir auf dem Weg in eine Abwärtsspirale, die sich nicht mehr aufhalten lässt, so wie das in Griechenland passiert ist."
Ganz leicht wird Premierminister Pedro Passos Coelho und seinem eisernen Spar-Finanzminister Vítor Gaspar der Schritt nicht fallen, die Troika um mehr Zeit zum Erreichen der gesetzten Defizitziele zu bitten. Schließlich spricht eine Revision des Reformprogramms gegen die bisherige Strategie, mit der die Regierung das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen wollte. Portugal will sich unter den Schuldenstaaten als Musterschüler präsentieren, der seine Hausaufgaben ganz alleine und im vorgegebenen Zeitrahmen lösen kann.
Deutschland und die EU haben zwar immer wieder erkennen lassen, dass Portugal durchaus mehr Zeit für die Reduzierung des Haushaltsdefizits bekommen könnte. Der Wirtschaftsexperte Neves sieht die Rezepte der Troika dennoch kritisch. Er warnt davor, sich zu sehr auf die finanzpolitischen Ziele zu konzentrieren und dabei andere grundlegende Probleme aus den Augen zu verlieren:
"Mir macht vor allem Sorgen, dass die ganz großen Veränderungen noch nicht angestoßen wurden. Die Strukturreformen greifen bisher nur ganz zaghaft und an wenigen Punkten. Wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns, zum Beispiel bei der Regulierung des Arbeitsmarktes oder bei der Justiz, die ganz dringend endlich reformiert werden muss. Und auch bei der Reform der öffentlichen Verwaltung sind viele Dinge noch nicht umgesetzt worden. Der Staat muss jetzt bei der Liberalisierung der Wirtschaft endlich Nägel mit Köpfen machen und unnötige Hindernisse für die Unternehmen abbauen."
Ende August sind die Vertreter der internationalen Institutionen wieder in Lissabon, um die Fortschritte bei der Umsetzung des Reformprogramms zu bewerten. Bis dahin wird im portugiesischen Sommerloch die Diskussion über den Sinn und Zweck der vereinbarten Spar- und Reform-Ziele auf Hochtouren laufen.
Die überwältigende Mehrheit der Portugiesen gibt der Opposition Recht. Neue Steuererhöhnungen? Da schüttelt Sónia Domingues den Kopf. Sie arbeitet in Portugals größtem staatlichen Krankenhaus in Lissabon:
"Die Stimmung unter meinen Kollegen ist jetzt schon sehr schlecht. Die Leute sind empört. Gerade jetzt sollten wir eigentlich unser Urlaubsgeld bekommen. Doch das wurde ja schon gestrichen."
Seit Portugal im Mai 2011 unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft ist, wird die soziale Lage im Land immer angespannter: Die Wirtschaft ist eingebrochen, Tausende Betriebe mussten schließen, fast 150.000 Menschen haben in den vergangenen zwölf Monaten ihren Job verloren, und diejenigen, die noch arbeiten, müssen Einkommenskürzungen von bis zu 15 Prozent hinnehmen.
Auch die konservative Regierung von Premierminister Passos Coelho hat inzwischen erkannt, dass noch mehr Sparmaßnahmen den politischen und sozialen Frieden empfindlich stören könnten. Politische Analysten gehen deshalb davon aus, dass die Regierung demnächst zum ersten Mal in ihrer 13-monatigen Amtszeit auf Nachverhandlungen mit der Troika drängen wird.
Der Wirtschaftsprofessor João César das Neves von der Katholischen Universität Lissabon allerdings glaubt, dass es selbst dann keine grundsätzlichen Zweifel an Portugals Reformwillen geben würde, sollte das Land jetzt einen Aufschub des ehrgeizigen Reformprogramms aushandeln.
"Es ist jedoch enorm wichtig, dass Portugal jetzt nicht auf die Idee kommt, der Druck von außen würde nachlassen. Wir haben so wie andere europäische Staaten durch unser unverantwortungsvolles Verhalten über Jahre hinweg Glaubwürdigkeit verloren, die wir jetzt mühsam zurückgewinnen müssen. Es ist verständlich, dass die Finanzmärkte und andere EU-Staaten auf eine strikte Umsetzung der Reformprogramme drängen. Doch ein exzessives Sparen könnte sehr negative Folgen haben. Denn die Portugiesen würden nicht mehr an den Erfolg glauben, und dann sind wir auf dem Weg in eine Abwärtsspirale, die sich nicht mehr aufhalten lässt, so wie das in Griechenland passiert ist."
Ganz leicht wird Premierminister Pedro Passos Coelho und seinem eisernen Spar-Finanzminister Vítor Gaspar der Schritt nicht fallen, die Troika um mehr Zeit zum Erreichen der gesetzten Defizitziele zu bitten. Schließlich spricht eine Revision des Reformprogramms gegen die bisherige Strategie, mit der die Regierung das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen wollte. Portugal will sich unter den Schuldenstaaten als Musterschüler präsentieren, der seine Hausaufgaben ganz alleine und im vorgegebenen Zeitrahmen lösen kann.
Deutschland und die EU haben zwar immer wieder erkennen lassen, dass Portugal durchaus mehr Zeit für die Reduzierung des Haushaltsdefizits bekommen könnte. Der Wirtschaftsexperte Neves sieht die Rezepte der Troika dennoch kritisch. Er warnt davor, sich zu sehr auf die finanzpolitischen Ziele zu konzentrieren und dabei andere grundlegende Probleme aus den Augen zu verlieren:
"Mir macht vor allem Sorgen, dass die ganz großen Veränderungen noch nicht angestoßen wurden. Die Strukturreformen greifen bisher nur ganz zaghaft und an wenigen Punkten. Wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns, zum Beispiel bei der Regulierung des Arbeitsmarktes oder bei der Justiz, die ganz dringend endlich reformiert werden muss. Und auch bei der Reform der öffentlichen Verwaltung sind viele Dinge noch nicht umgesetzt worden. Der Staat muss jetzt bei der Liberalisierung der Wirtschaft endlich Nägel mit Köpfen machen und unnötige Hindernisse für die Unternehmen abbauen."
Ende August sind die Vertreter der internationalen Institutionen wieder in Lissabon, um die Fortschritte bei der Umsetzung des Reformprogramms zu bewerten. Bis dahin wird im portugiesischen Sommerloch die Diskussion über den Sinn und Zweck der vereinbarten Spar- und Reform-Ziele auf Hochtouren laufen.