1.500 Selfies in drei Tagen und 4.000 Menschen die Hand geschüttelt: Portugals Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa erzählt in einem portugiesischen Fernsehsender von dem Medienrummel rund um seine Person. Der ehemalige Juraprofessor fühlt sich vom Volk geliebt, und mit dieser Einschätzung hat er durchaus Recht. Rund ein Jahr nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt der iberischen Republik schätzen fast 93 Prozent der Portugiesen die Arbeit von Rebelo de Sousa als positiv ein.
Rebelo de Sousa nutzt die Sozialen Medien
Anders als sein Vorgänger Cavaco Silva, der immer etwas spröde wirkte und wenig von seiner Persönlichkeit preisgab, weiß Rebelo de Sousa, worauf es im Zeitalter der Sozialen Medien ankommt. Der Meinungsforscher Pedro Magalhães weist darauf hin, dass nur der im Januar verstorbene Mário Soares, der als Vater der portugiesischen Demokratie gilt, in den 80er und 90er Jahren ähnlich populär war:
"Wir können Mário Soares als Referenzpunkt für die Popularität eines Staatspräsidenten angeben, aber trotzdem gab es große Unterschiede. Soares bewahrte mehr Distanz zum Volk. Damals gab es natürlich noch keine Sozialen Medien und die Menschen verehrten die Politiker viel mehr. Das hat sich nun sehr verändert, und Rebelo de Sousa weiß damit umzugehen.
Er ist ein bisschen wie ein Filmstar. Er kommt zu uns ins Haus, in den Laden oder ins Restaurant, er flirtet mit den Köchinnen, lässt Selfies mit sich machen und führt kurze Dialoge mit allen, die anwesend sind. Er ist jemand, den wir alle aus dem Fernsehen kennen, und auf einmal taucht er neben mir in der realen Welt auf."
Zu Beginn seiner Amtszeit stand der Staatspräsident jedoch auch im politischen Rampenlicht. In seiner konservativen Partei PSD hatte man sich noch nicht damit abgefunden, dass die Sozialisten ihre Minderheitsregierung auf radikalere Linksparteien stützen würden. Rebelo de Sousa sollte, so die Hoffnung konservativer Politiker, ein politisches Gegengewicht zur Linksregierung bilden und im besten Fall sogar Neuwahlen ausrufen.
Doch das war nicht im Sinne des Staatspräsidenten. Rebelo de Sousa hat in den vergangenen zwölf Monaten fast alles dafür getan, dass die Linksregierung ihr politisches Projekt umsetzen konnte. Und dafür hat der Staatspräsident in einem Interview mit dem portugiesischen Fernsehsender SIC auch eine Erklärung:
"Der Beginn meiner Amtszeit war von einem unangenehmen politischen Klima geprägt: Viele Konflikte, eine tiefe Spaltung zwischen den großen Parteien, ein Risiko der sozialen Instabilität und ein Misstrauen im Aus- und Inland hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Situation des Landes. Unter diesen Umständen brauchten wir eine starke Regierung. Die politische Konstellation hat es vorher noch nicht gegeben, und deshalb hängt die Stabilität der Regierung von den Parteien ab, aber auch vom Staatspräsidenten."
Gutes Verhältnis zu Sozialisten
Vor allem mit Premierminister António Costa, ein ehemaliger Student von Rebelo de Sousa an der Universität Lissabon, pflegt der Staatspräsident eine sehr enge Beziehung. Beobachter weisen auch daraufhin, dass Rebelo de Sousa und Costa aus der gleichen intellektuellen und einflussreichen Lissabonner Elite stammen. Oppositionsführer und PSD-Vorsitzender Pedro Passos Coelho scheint dagegen Schwierigkeiten zu haben, mit seinem Parteikollegen Rebelo de Sousa ein ähnlich gutes Verhältnis aufzubauen. Der Politologe Pedro Magalhães nennt aber noch ein anderes Argument, das das exzellente Verhältnis zwischen dem konservativen Staatspräsidenten und der sozialistischen Regierung erklärt:
"Warum sollte der Staatspräsident sich gegen eine Regierung richten, die bei den Portugiesen beliebt ist? Schließlich muss Rebelo de Sousa an die Konsequenzen für seine eigene mögliche Wiederwahl denken. Wenn eine Regierung in der Krise steckt, dann hat der portugiesische Präsident die Möglichkeit, eine politische Alternative zu suchen. Aber diese Frage stellt sich zurzeit nicht.
Selbst wenn Rebelo de Sousa gegen den Weg der Linksregierung wäre, und das glaube ich nicht, hätte er keine Alternative zu bieten. Die Regierung ist so populär, weil sie auf die gute wirtschaftliche Entwicklung verweisen kann. Und die Opposition unter Führung von Passos Coelho steckt in einer Krise und ist nicht sehr beliebt."