Tobias Armbrüster: Wenn ein deutscher Regierungschef in die Türkei reist, dann sind das immer schwierige Besuche – schwierig vor allem deshalb, weil die Wünsche und Erwartungen auf beiden Seiten so unterschiedlich sind. Das wird auch beim aktuellen Besuch von Angela Merkel in Ankara und Istanbul deutlich. Schon in den vergangenen Tagen hat es Diskussionen um türkische Gymnasien in Deutschland gegeben. Gestern bei den ersten Gesprächen zwischen Merkel und Präsident Erdogan ging es dann außerdem um das Wie und Ob eines EU-Beitritts der Türkei.
Gemeinsam mit Angela Merkel unterwegs ist die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, und sie erreichen wir jetzt in Istanbul. Schönen guten Morgen, Frau Böhmer.
Maria Böhmer: Guten Morgen!
Armbrüster: Wie ist denn die Stimmung bei Ihren Gesprächen mit Ihren türkischen Gesprächspartnern?
Böhmer: Die Stimmung mit jedem der Gesprächspartner ist von großer Freundschaft getragen. Die Gespräche bedeuten auch immer wieder, dass das Thema Integration im Mittelpunkt steht. Das war sowohl bei Ministerpräsident Erdogan der Fall, als auch bei dem Staatspräsidenten Gül, und ich hatte das Gespräch mit dem Minister für die im Ausland lebenden Türken, Herrn Celik. Wir haben uns schon das vierte Mal jetzt getroffen und da festigen sich freundschaftliche Beziehungen.
Armbrüster: Werden denn da Differenzen tatsächlich ausgeräumt, oder eher großzügig überdeckt?
Böhmer: Ich hatte den Eindruck, dass gerade in der Frage der Integration wir eine sehr positive Entwicklung haben, denn sowohl der Staatspräsident als auch der Ministerpräsident und auch bei mir Minister Celik haben immer wieder mit großer Deutlichkeit betont, wie wichtig ihnen zum einen die Integration ist, zum anderen aber auch, dass das Beherrschen der deutschen Sprache von großer Bedeutung ist. Diskussionen, die wir im Vorfeld erlebt haben, die sind klargestellt worden und die haben eine positive Entwicklung genommen.
Armbrüster: Aber es war ja auch in der Türkei wahrscheinlich unüberhörbar, dass die Forderung nach mehr türkischen Schulen in Deutschland hier bei uns auf breite Ablehnung gestoßen ist. Wie vermitteln Sie das der türkischen Regierung?
Böhmer: Ich glaube, man kann das sehr deutlich machen. Zum einen gibt es ja schon türkische Privatschulen in Deutschland, die nach den deutschen Regeln die Schülerinnen und Schüler unterrichten, denn sie sollen ja zu den entsprechenden Schulabschlüssen geführt werden. Aber der Punkt der Diskussion war ja, inwieweit diese Schulen von der türkischen Sprache bestimmt sind. Das ist nicht der Fall. Deutsch ist die Unterrichtssprache, Deutsch ist die primäre Sprache, darin bestand große Übereinstimmung. Der Staatspräsident hat das mit großer Deutlichkeit betont: Wer in Deutschland auf Dauer leben muss, sagte er auch, muss die deutsche Sprache beherrschen. Das war geradezu eine Ermunterung seiner Landsleute und der türkischstämmigen Migranten in Deutschland, die deutsche Sprache gut zu beherrschen, um hier einen guten Lebensweg und Berufsweg dann auch erreichen zu können.
Armbrüster: Das heißt, es war falsch, wenn hier in Deutschland davon berichtet wurde, dass Erdogan Schulen in Deutschland fordert, auf denen vor allem Türkisch gesprochen wird?
Böhmer: Der Wunsch nach der Unterrichtung der türkischen Sprache ist da, aber nicht im Sinne vorrangig, sondern dass man in beiden Sprachen zu Hause ist, aber immer wieder, muss ich Ihnen sagen – und das war das sehr Erfreuliche, weil es uns auch unterstützt im Integrationsprozess, in diesem Prozess, die deutsche Sprache zu vermitteln und auch deutlich zu machen, welche Bedeutung die deutsche Sprache hat -, dass darin große Einigkeit bestand.
Armbrüster: Anderes großes Thema sind die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei. Angela Merkel hat gestern gesagt, sie wisse jetzt, dass der Begriff der privilegierten Partnerschaft in der Türkei nicht besonders gut ankommt. Hat sie diesen Terminus jetzt aus ihrem Vokabular gestrichen?
Böhmer: Nein, aber sie hat dieses auch von ihrer Seite in die Gespräche eingebracht. Es ist sicherlich für die Türkei noch ein großer Weg, der zu gehen ist, denn die einzelnen Kapitel für den EU-Prozess sind zum Teil erst eröffnet. Das heißt auch, dass die Reformen in der Türkei, so haben uns das unsere Gesprächspartner immer wieder bestätigt, auch weiter vorangetrieben werden sollen. Wir wissen, es ist ein ergebnisoffener Prozess, das weiß auch die türkische Seite, aber das Interesse, die Reformen weiter zu gestalten, ist groß.
Armbrüster: Aber sollte die Bundeskanzlerin vielleicht nicht mal Klartext reden und offen ihre Meinung sagen, nämlich dass sie gegen eine Vollmitgliedschaft ist?
Böhmer: Die Kanzlerin hat deutlich gemacht, dass sie die Perspektive der privilegierten Partnerschaft sieht. Sie hat aber genauso deutlich gemacht, dass die Beitrittsverhandlungen ein ergebnisoffener Prozess sind, und ich glaube, das ist auch der Weg, der wichtig ist in dieser Partnerschaft zwischen der Türkei und Deutschland. Wir haben eine über Jahrzehnte währende Freundschaft. Auch das Thema Integration hat ja die Bedeutung, dass viele Menschen, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, hier ihren Weg finden. Auch das sind Brückenbauer, das sind freundschaftliche Bande, und das ist etwas, was sich durch alle Gespräche wie ein roter Faden gezogen hat.
Armbrüster: Welches Signal soll denn von diesem Besuch an die Türken in Deutschland ausgehen, wenn im Grunde eine der grundsätzlichen Forderungen der Türkei ständig zurückgewiesen wird?
Böhmer: Ich glaube nicht, dass dieses das bestimmende Moment ist mit Blick auf die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland. Für die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland ist es von zentraler Bedeutung, dass sie eine gleichberechtigte Teilhabe haben, dass die Chancen, die unser Land bietet, auch ergriffen werden können, dass dafür aber auch die Voraussetzungen gemeinsam weiterentwickelt werden sollen. Das heißt bessere Sprache, bessere Bildung, bessere berufliche Qualifikation. Und in meinen Gesprächen mit dem Minister für die Auslandstürken, Herrn Celik, habe ich deutlich gemacht, dass wir einen Meilenstein jetzt vorankommen wollen durch die Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Qualifikation. Das würde auch eine große Zahl von Menschen betreffen, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, ob sie Ingenieure sind, ob sie Handwerker sind, die aber bisher nicht in ihrem angestammten Beruf arbeiten können. Hier setzen wir eine Entwicklung fort, die durch den nationalen Integrationsplan begonnen worden ist.
Armbrüster: Maria Böhmer, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, zurzeit gemeinsam mit Angela Merkel auf Staatsbesuch in der Türkei, und dieses Interview haben wir vor einer Stunde aufgezeichnet.
Gemeinsam mit Angela Merkel unterwegs ist die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, und sie erreichen wir jetzt in Istanbul. Schönen guten Morgen, Frau Böhmer.
Maria Böhmer: Guten Morgen!
Armbrüster: Wie ist denn die Stimmung bei Ihren Gesprächen mit Ihren türkischen Gesprächspartnern?
Böhmer: Die Stimmung mit jedem der Gesprächspartner ist von großer Freundschaft getragen. Die Gespräche bedeuten auch immer wieder, dass das Thema Integration im Mittelpunkt steht. Das war sowohl bei Ministerpräsident Erdogan der Fall, als auch bei dem Staatspräsidenten Gül, und ich hatte das Gespräch mit dem Minister für die im Ausland lebenden Türken, Herrn Celik. Wir haben uns schon das vierte Mal jetzt getroffen und da festigen sich freundschaftliche Beziehungen.
Armbrüster: Werden denn da Differenzen tatsächlich ausgeräumt, oder eher großzügig überdeckt?
Böhmer: Ich hatte den Eindruck, dass gerade in der Frage der Integration wir eine sehr positive Entwicklung haben, denn sowohl der Staatspräsident als auch der Ministerpräsident und auch bei mir Minister Celik haben immer wieder mit großer Deutlichkeit betont, wie wichtig ihnen zum einen die Integration ist, zum anderen aber auch, dass das Beherrschen der deutschen Sprache von großer Bedeutung ist. Diskussionen, die wir im Vorfeld erlebt haben, die sind klargestellt worden und die haben eine positive Entwicklung genommen.
Armbrüster: Aber es war ja auch in der Türkei wahrscheinlich unüberhörbar, dass die Forderung nach mehr türkischen Schulen in Deutschland hier bei uns auf breite Ablehnung gestoßen ist. Wie vermitteln Sie das der türkischen Regierung?
Böhmer: Ich glaube, man kann das sehr deutlich machen. Zum einen gibt es ja schon türkische Privatschulen in Deutschland, die nach den deutschen Regeln die Schülerinnen und Schüler unterrichten, denn sie sollen ja zu den entsprechenden Schulabschlüssen geführt werden. Aber der Punkt der Diskussion war ja, inwieweit diese Schulen von der türkischen Sprache bestimmt sind. Das ist nicht der Fall. Deutsch ist die Unterrichtssprache, Deutsch ist die primäre Sprache, darin bestand große Übereinstimmung. Der Staatspräsident hat das mit großer Deutlichkeit betont: Wer in Deutschland auf Dauer leben muss, sagte er auch, muss die deutsche Sprache beherrschen. Das war geradezu eine Ermunterung seiner Landsleute und der türkischstämmigen Migranten in Deutschland, die deutsche Sprache gut zu beherrschen, um hier einen guten Lebensweg und Berufsweg dann auch erreichen zu können.
Armbrüster: Das heißt, es war falsch, wenn hier in Deutschland davon berichtet wurde, dass Erdogan Schulen in Deutschland fordert, auf denen vor allem Türkisch gesprochen wird?
Böhmer: Der Wunsch nach der Unterrichtung der türkischen Sprache ist da, aber nicht im Sinne vorrangig, sondern dass man in beiden Sprachen zu Hause ist, aber immer wieder, muss ich Ihnen sagen – und das war das sehr Erfreuliche, weil es uns auch unterstützt im Integrationsprozess, in diesem Prozess, die deutsche Sprache zu vermitteln und auch deutlich zu machen, welche Bedeutung die deutsche Sprache hat -, dass darin große Einigkeit bestand.
Armbrüster: Anderes großes Thema sind die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei. Angela Merkel hat gestern gesagt, sie wisse jetzt, dass der Begriff der privilegierten Partnerschaft in der Türkei nicht besonders gut ankommt. Hat sie diesen Terminus jetzt aus ihrem Vokabular gestrichen?
Böhmer: Nein, aber sie hat dieses auch von ihrer Seite in die Gespräche eingebracht. Es ist sicherlich für die Türkei noch ein großer Weg, der zu gehen ist, denn die einzelnen Kapitel für den EU-Prozess sind zum Teil erst eröffnet. Das heißt auch, dass die Reformen in der Türkei, so haben uns das unsere Gesprächspartner immer wieder bestätigt, auch weiter vorangetrieben werden sollen. Wir wissen, es ist ein ergebnisoffener Prozess, das weiß auch die türkische Seite, aber das Interesse, die Reformen weiter zu gestalten, ist groß.
Armbrüster: Aber sollte die Bundeskanzlerin vielleicht nicht mal Klartext reden und offen ihre Meinung sagen, nämlich dass sie gegen eine Vollmitgliedschaft ist?
Böhmer: Die Kanzlerin hat deutlich gemacht, dass sie die Perspektive der privilegierten Partnerschaft sieht. Sie hat aber genauso deutlich gemacht, dass die Beitrittsverhandlungen ein ergebnisoffener Prozess sind, und ich glaube, das ist auch der Weg, der wichtig ist in dieser Partnerschaft zwischen der Türkei und Deutschland. Wir haben eine über Jahrzehnte währende Freundschaft. Auch das Thema Integration hat ja die Bedeutung, dass viele Menschen, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, hier ihren Weg finden. Auch das sind Brückenbauer, das sind freundschaftliche Bande, und das ist etwas, was sich durch alle Gespräche wie ein roter Faden gezogen hat.
Armbrüster: Welches Signal soll denn von diesem Besuch an die Türken in Deutschland ausgehen, wenn im Grunde eine der grundsätzlichen Forderungen der Türkei ständig zurückgewiesen wird?
Böhmer: Ich glaube nicht, dass dieses das bestimmende Moment ist mit Blick auf die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland. Für die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland ist es von zentraler Bedeutung, dass sie eine gleichberechtigte Teilhabe haben, dass die Chancen, die unser Land bietet, auch ergriffen werden können, dass dafür aber auch die Voraussetzungen gemeinsam weiterentwickelt werden sollen. Das heißt bessere Sprache, bessere Bildung, bessere berufliche Qualifikation. Und in meinen Gesprächen mit dem Minister für die Auslandstürken, Herrn Celik, habe ich deutlich gemacht, dass wir einen Meilenstein jetzt vorankommen wollen durch die Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Qualifikation. Das würde auch eine große Zahl von Menschen betreffen, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, ob sie Ingenieure sind, ob sie Handwerker sind, die aber bisher nicht in ihrem angestammten Beruf arbeiten können. Hier setzen wir eine Entwicklung fort, die durch den nationalen Integrationsplan begonnen worden ist.
Armbrüster: Maria Böhmer, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, zurzeit gemeinsam mit Angela Merkel auf Staatsbesuch in der Türkei, und dieses Interview haben wir vor einer Stunde aufgezeichnet.