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Postkarten
Schatzkammer des Kubismus

Leonard Lauder hat in den vergangenen vier Jahrzehnten kubistische Meisterwerke zusammengetragen. Dabei konzentrierte er sich auf vier Künstler: Pablo Picasso, George Braque, Juan Gris und Fernand Léger. Seine Sammlung hat er nun dem Metropolitan Museum vermacht, wo sie derzeit einen prominenten Platz erhält.

Von Sacha Verna |
    Besucher der Ausstellung 'Cubism: The Leonard A. Lauder Collection' schauen auf Bilder, die an der Wand hängen.
    Im Metropolitian Museum of Art in New York wird die Kubismus-Sammlung von Lauder gezeigt. (picture alliance / dpa - Justin Lane)
    Leonard Lauders Leidenschaft fürs Sammeln begann mit Postkarten. Seine Leidenschaft für den Kubismus begann mit dem, was viele dieser Postkarten darstellten. Das waren Arbeiten jener Künstler, die am Vorabend des Ersten Weltkriegs in Frankreich die Wahrnehmung revolutionierten und den Weg der figürlichen Malerei hin zur Abstraktion ebneten.
    Seine Postkartensammlung hat der 81-jährige New Yorker Mäzen dem Boston Museum of Fine Arts vermacht. Die 81 kubistischen Meisterwerke, die Leonard Lauder in den vergangenen vier Jahrzehnten zusammengetragen hat, sind jetzt erstmals öffentlich im Metropolitan Museum zu sehen. Dort werden sie auch bleiben und als eine der wertvollsten Schenkungen in der Geschichte des Museums einen prominenten Platz einnehmen.
    Emily Braun ist Leonard Lauders Privatkuratorin:
    "Der Kubismus hat Leonard Lauder deshalb so fasziniert, weil er für ihn den Geist Europas zur Zeit des Ersten Weltkriegs einfing, mit der Fliegerei, der Populärkultur, der Werbung, dem Kino und der Politik."
    Leonard Lauder hat sich auf die vier wichtigsten Vertreter des Kubismus beschränkt: Auf Pablo Picasso und George Braque, die als Erfinder dieser Kunstrichtung gelten, sowie auf Juan Gris und Fernand Léger. Über die Hälfte der Werke in der Sammlung stammen aus den Jahren zwischen 1909 und 1914.
    Picasso und Braque
    Picasso und Braque lernten sich 1908 über den Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler kennen, in dessen Pariser Galerie Picasso Braques neuartige Werke zum ersten Mal sah. Die zwei waren bald unzertrennlich. Sie hätten sich fast jeden Abend in ihren Ateliers besucht, schrieb Picasso einmal, weil jeder unbedingt sehen wollte, was der andere tagsüber gemacht hatte.
    Picasso und Braque nahmen ihre Motive und den Blick darauf auseinander und setzten sie neu zusammen. Statt aus einer betrachtet Braque eine Mandoline aus unzähligen Perspektiven. Statt den Akt einer Frau in einem Lehnstuhl präsentiert Picasso verschobene Versatzstücke davon, die zugleich flach und vieldimensional wirken.
    "Während bei Braque und Picasso stets eine gewisse visuelle Uneindeutigkeit herrscht, entwarf Juan Gris seine Bilder wie Puzzles. Bei ihm ist jede Ecke vorgeplant."
    Diese Tendenz hin zur Geschlossenheit zeigen Juan Gris' Collagen besonders gut. Sie bilden eine weitere technische Innovation des Kubismus. Dass Schnipsel aus Zeitungspapier, Tapeten, ja sogar Stücke von Schnur zum Teil eines Bildes werden könnten, war noch wenige Jahre zuvor undenkbar.
    "Von den vier Künstlern steuerte Fernand Léger am beharrlichsten auf die pure Abstraktion zu. Er reduzierte seine Malerei auf den Kontrast von Formen und Farben, flach versus voluminös, Kurven versus gerade Linien."
    Kubismus und die Auswirkungen
    Die erste Phase des Kubismus endete mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Doch hatte der Kubismus die Geburt anderer -ismen da bereits eingeleitet, vom italienischen Futurismus bis zum Purismus von Le Corbusier.
    Deutlich wird in dieser Ausstellung die Konzentration und Gründlichkeit, mit der Leonard Lauder bei seiner Auswahl vorgegangen ist. Das macht diese Sammlung einzigartig und zu einer prächtigen Ergänzung der wichtigsten Bestände kubistischer Kunst, jenen des Museum of Modern Art, des Pariser Centre Pompidou und der Eremitage in Sankt Petersburg. Dass mit dem Metropolitan Museum nun eine weitere öffentliche Institution zu einer Schatzkammer des Kubismus geworden ist, muss man Leonard Lauder hoch anrechnen. Sonst lassen sich kunstbeflissene Multimillionäre heutzutage ja lieber ihre eigenen musealen Tempel errichten.