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Kritik an "PotAS"
Warum der Blick in die Glaskugel nicht richtig funktioniert

Andreas Michelmann hat im Dlf harsche Kritik am Potenzialanalysesystem "PotAS" geübt. Der Sprecher von Teamsport Deutschland sagte, es könne nicht sein, dass der Bundesrechnungshof vorgibt, was der Sport zu machen hat.

Andreas Michelmann im Gespräch mit Andrea Schültke |
Eingang und Ausgang zum Olympiapark in München
Mit PotAS sollte alles besser werden. Doch Erfolgsvorhersagen bleiben schwierig, wie das Beispiel der Basketball-Weltmeister zeigt. (dpa / picture alliance / CHROMORANGE )
Das Analysesystem "PotAS" hatte der Leichtathletik das höchste Medaillenpotenzial bescheinigt, dem Basketball das niedrigste. In der Praxis passierte dann genau das Gegenteil: Die Leichtathleten gingen bei der WM in Budapest leer aus, die Basketballer holten bei der WM in Asien den Titel und bei der Europameisterschaft Bronze.
"Im Grunde genommen nehmen wir dieses System doch nicht so richtig ernst", sagte Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB) im Dlf. Ihm würden vor allem die Leute leid tun, die sich intensiv mit dem System beschäftigen müssen, den 122 Attributen und die vielen Formulare ausfüllen müssen. "Die tun mir wirklich richtig leid, egal, aus welcher Sportart", sagte Michelmann. Für ihn stehe fest: "Der Blick in die Glaskugel funktioniert nicht so richtig".
"Sonst wären auch Basketball nicht auf Platz 26 gelandet und die Leichtathletik auf Platz eins. Krasser geht es ja kaum. Das scheint doch großer Unsinn gewesen zu sein."

Punkt der Misstrauenskultur

Die Einstufung durch das Potenzialanalysesystem hat für die Verbände unmittelbare finanzielle Folgen. "PotAS" ist Teil der Spitzensportreform, in deren Rahmen Fördergelder des Bundes künftig stärker anhand von Erfolgserwartungen und Medaillenchancen verteilt werden sollen. "PotAS" war auch als Antwort auf die Kritik des Bundesrechnungshofs eingeführt worden. Dieser hatte die aktuelle Sportförderung als nicht nachvollziehbar und den Einfluss des DOSB als zu groß kritisiert. 
"Ich habe das von Anfang an selbst sehr skeptisch gesehen", sagte der Sportfunktionär. "Wenn der Bundesrechnungshof schon vorgibt, was der Sport zu machen hat, dann sind wir wieder bei dem Punkt dieser Misstrauenskultur", sagte er. "Die Sportarten sind doch viel komplexer eigentlich, als sich dass dieser oder jene aus dem Bundesrechnungshof vielleicht vorstellen kann."

Bundesrechnungshof darf Leistungssport nicht vorgeben

Es sei in Ordnung, dass man an Leistungen gemessen werde und wenn es darum geht, dem Bundesrechnungshof zu befriedigen, dann müsste man das machen. "Das hat dann aber mit Leistungssport nicht so wahnsinnig viel zu tun", sagte der 63-Jährige. "Ich bin doch sehr dafür, Rechenschaft abzuliefern. Die Frage ist doch nur, ob das der richtige Weg ist."
Der richtige Weg sei, keine Mitrauenskultur zu brauchen. "Wenn du erfolgreich bist, hast du alles richtig gemacht. Transparenz hin, Transparenz her", sagte er.
Um Erfolge zu erzielen, müsse man aber zuerst investieren, wenn man am Ende Erträge erzielen wolle, forderte Michelmann im Dlf. Es könne nicht der Weg sein, nur zu konzentrieren, um dann wieder Mittel zu sparen.
So habe man beim Frauen-Handball herausgefunden, dass man andere Wege gehen müsse, erklärte der Handball-Funktionär. Da die deutschen Vereine nicht so finanzkräftig, wie bei den Männern seien, müsse man dort die Handballerinnen besser konzentrieren, um sie zu entwickeln. Man könne dort nicht so viel von den Klubs erwarten. Generell müsse man in Deutschland deutlich mehr Wert auf die Entwicklung und Ausbildung legen und nicht zu viel auf den kurzfristigen Erfolg. Zudem forderte er auch eine gesellschaftliche Aufwertung des Trainerberufes. Hier verlange er vor allem auch eine Akademisierung des Trainerberufes. "Am Anfang muss zuerst einmal der politische Wille da sein, das überhaupt zu wollen", sagte Michelmann.