Die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom Wochenende geht versöhnlich zu Ende. Mit 66 zu 31 stimmten die Synodalen für einen 3,25-Millionen-Euro-Kredit. Der ist zinslos und soll der Wiedererrichtung der Potsdamer Garnisonkirche dienen. Bischof Markus Dröge gibt sich zufrieden.
"Es hat sich bewährt, dass die Kirchenleitung gesagt hat, Thema Garnisonkirche entscheiden wir nicht alleine. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit dem Haushaltsausschuss ein Darlehen zu vergeben. Das sieht die Grundordnung so vor. Es haben auch alle Argumente hier auf dem Tisch der Synode gelegen. Das Versöhnungszentrum in der Garnisonkirche wird immer ein Ort der Auseinandersetzung sein."
Von Anfang an gibt es Streit um den originalgetreuen Wiederaufbau der preußischen Militärkirche, vor deren Pforten sich einst Reichspräsident Paul von Hindenburg und der neu ernannte Reichskanzler Adolf Hitler die Hand reichten. Bis heute gilt der "Tag von Potsdam" vom 21. März 1933 als Symbol für den Zusammenschluss der national-konservativen und faschistischen Kräfte im neuen Dritten Reich. Im Krieg wurde die Kirche schwer beschädigt, 1968 schließlich wurde sie ganz abgerissen. Im Juni 2008 gründete sich um den Berliner Altbischof Wolfgang Huber die kirchliche Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Im Gegenzug meldete die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" Protest an. Vor zwei Jahren organisierte sie sogar eine Unterschriftensammlung. BI-Sprecher Lutz Boede.
"Es gab ein erfolgreiches Bürgerbegehren mit mehr als 14.000 gültigen Unterschriften gegen dieses Bauprojekt. Und die Kirche muss selbst wissen, ob sie sich damit einen Gefallen tut, gegen den Willen der Bevölkerung so einen Symbolort in den Raum zu stellen."
Auch gibt es die Initiative "Christen brauchen keine Garnisonkirche". Der Biologe und Theologe Hans Misselwitz ist einer ihrer Sprecher.
"Man muss nur sehen, inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Das Projekt ist ja schon lange im Gange. Wir haben seit zehn Jahren eine Situation, dass dieses Projekt angeschoben ist, aber nicht umgesetzt. In der Zwischenzeit erleben wir Kriege an allen Orten, an denen auch Bundeswehrsoldaten beteiligt sind. Wir müssen uns überlegen, welches Zeichen setzen wir eigentlich als Kirche in dieser Welt, in der Kriege mehr und mehr auch zum Brot deutscher Soldaten werden. Und diese Reflexion muss jetzt noch mal neu gemacht werden."
Doch genau das soll geschehen. Die Stiftung ist auch auf Bitten der Landeskirche von ihren ursprünglichen Bauplänen abgerückt. Jetzt soll nur noch der Turm gebaut werden und der in abgespeckter Form, ohne Kanonen, Säbel und anderes militärische Gepränge. Bischof Markus Dröge:
"Für mich persönlich ist der Bruch jetzt allein dadurch schon da, dass nur der Turm errichtet wird. Jeder, der den Turm sieht, wird erkennen, das ist nicht die ganze Kirche und wird fragen, was ist das denn? Dann geht man hinein und sieht ein völlig neues Raumprogramm. Man wird ja auch äußerlich schon, so sind die Planungen, erkennen können, durch das Nagelkreuz, durch die ganze Gestaltung des Raumes wird man erkennen, hier ist nicht einfach eine historisierende Kirche."
Schon jetzt steht auf dem künftigen Baugelände eine provisorische Kapelle, die mit dem Versöhnungsnagelkreuz aus Coventry geschmückt dem Dialog und der Geschichtsaufarbeitung dienen soll. Doch genau darum dreht sich auch der Streit. Für die Befürworter war die Garnisonkirche ein Hort des Widerstandes gegen Hitler. Viele Männer des 20. Juli 1944 seien Gemeindeglieder aus dem nahen Infanterieregiment 9 gewesen. Hans Misselwitz sieht das anders.
"Diese Geschichte lässt sich nach jüngeren Recherchen so gar nicht nachweisen. Es gibt natürlich in dem preußischen Offizierscorps eine Menge Leute, die dann am 20. Juli mit Stauffenberg, was eine Menge, also eine Gruppe von Leuten, die da mitgewirkt haben. Aber man muss sagen, wenn man in die Akten der Kirche schaut und auch das, was in dieser Kirche stattfand von '33 bis '45, muss man sagen, trotz dieser Kirche gab es diesen Widerstand. Mit den genannten 20 Personen, die sind im Laufe der Zeit irgendwann mal in Potsdam stationiert gewesen. Es war kein Ort, in dem Widerstand bedacht oder gepredigt wurde, sondern nach allem, was wir wissen, war es ein Ort, an dem NS-Fahnenweihen und andere Veranstaltungen der Wehrmacht stattfanden, die zur Zurüstung zum Krieg gedient haben. Die Kirche war eine Militär- und Hofkirche gewesen noch in der Zeit der Monarchie. Im 20. Jahrhundert nahm diese Kirche vor allem dann noch einmal eine politisch extreme Wendung nach dem 1. Weltkrieg, als es dort in Zeichen von Leuten wie Ludendorff und anderen militanten Fraktionen zu einem Hort der antidemokratischen Kräfte wurde in der Weimarer Republik."
Dem widerspricht Wieland Eschenburg von der Garnisonkirchenstiftung vehement. Er erinnert zum Beispiel an den Kantor, Organisten und Glockenspieler Otto Becker:
"Es wird von denen, die es kritisch sehen, einfach nicht gehört, dass in den 40er Jahren vom Turm der Garnisonkirche über die ganze Stadt, ins ganze Land hinein Otto Becker jüdisch verfemte Musik gespielt hat. In der Garnisonkirche lag nur die Bibel auf dem Altar. In vielen anderen Kirchen, in Potsdam und darüber hinaus, lag neben der Bibel in der Nazizeit 'Mein Kampf'. Das hat es in der Garnisonkirche nicht gegeben."
Nun also wird der über drei Millionen teure Kirchen-Kredit an die Stiftung übergeben. Deren Sprecher Wieland Eschenburg ist sich sicher, dass das Darlehen an die Kirche auch zurück bezahlt werden kann:
"Weil ein Turm, der in der Mitte der Stadt behindertengerechten Zugang auf seine Aussichtsplattform ..., in einer Einzigartigkeit dieser Lennéschen Kulturlandschaft hat - 57 Meter Höhe! - ... dass wir 80.000 Besucher im Jahr mindestens haben. Ich gehe ganz stark davon aus, dass es weit mehr werden."
Die Kritiker halten aber auch diese Planung für unseriös. Sie befürchten, dass es nun auch mit kirchlichem Geldsegen eine Garnisonkirchen-Bauruine mitten in Potsdam geben wird.