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Nach polnischer Parlamentswahl
Präsident Duda lobt "gigantische Wahlbeteiligung"

Polens Präsident Duda hat nach der Parlamentswahl an alle politischen Lager appelliert, in Ruhe auf das offizielle Endergebnis zu warten, das voraussichtlich morgen Mittag bekannt gegeben wird. Als klaren Gewinner sieht Duda ohnehin die polnische Demokratie. Die "gigantische" Wahlbeteiligung von nahezu 73 Prozent sei ein "überwältigendes Ergebnis".

    Polens Präsident Duda steht im Anzug vor einer polnischen Flagge an einem Rednerpult.
    Polens Präsident Duda (IMAGO / NurPhoto / IMAGO / Foto Olimpik)
    Nach der Prognose lag die Wahlbeteiligung bei 73 Prozent. Dies wäre der höchste Wert bei einer Wahl seit dem Ende des Kommunismus in Polen.
    Stärkste Kraft wird der Prognose zufolge die PiS von Ministerpräsident Morawiecki, sie verfehlt aber mit 36,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Die liberal-konservative Bürgerkoalition des ehemaligen Regierungschefs Tusk kommt laut jüngsten Angaben auf 31 Prozent. Sie hätte zusammen mit der Partei Dritter Weg sowie dem Linksbündnis Lewica eine Mehrheit im Parlament.
    Oppositionsführer Tusk erklärte, die Herrschaft der PiS sei vorbei. Der PiS-Vorsitzende Kaczynski räumte in Warschau ein, seine Partei werde möglicherweise nicht in der Lage sein, sich an der Macht zu halten.

    "Erfolg der Zivilgesellschaft"

    Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Nietan, begrüßte den voraussichtlichen Ausgang der Parlamentswahl. Der SPD-Politiker sagte im Bayerischen Rundfunk, die Gesellschaft habe gezeigt, dass sie auf der Seite der Demokratie stehe. Zugleich gehe er davon aus, dass die Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit", kurz PiS, ihre Macht nicht freiwillig hergeben werde.
    Der Präsident des Deutschen Polen-Instituts, Loew, sprach ebenfalls von einem Erfolg der Zivilgesellschaft. Sie habe sich von der PiS-Regierung nicht einschüchtern lassen, sagte er im Deutschlandfunk. Viele Polen hätten genug von deren spalterischen Politik. Loew erwartet allerdings, dass europaskeptische und antiliberale Kräfte weiterhin das Geschehen in Polen beeinflussen werden.

    Verhältnis zur EU könnte sich wieder bessern

    Tusk hatte unter anderem angekündigt, die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbesseren. Die Co-Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Reintke, sagte im Deutschlandfunk, ein Regierungswechsel würde aus Polen ein stabileres Land machen. Unheilvolle Entwicklungen wie die umstrittene Justizreform oder die Beschneidung der Presse- und Meinungsfreiheit könnten aufgehalten und zurückgenommen werden. Zugleich würde Warschau wieder ein konstruktiver Partner in der Europäischen Union werden, erklärte Reintke. Das komplette Interview mit Terry Reintke können Sie hier nochmal nachhören.
    Auch weitere EU-Parlamentarier, zum Beispiel von EVP und FDP, reagierten erleichtert auf den Ausgang der Parlamentswahl in Polen.

    "Viele Polen haben genug vom Staatsumbau"

    DLF-Korrespondent Peter Sawicki betonte, viele Polen hätten offenbar genug von der gesellschaftlichen Polarisierung durch die PiS-Regierung und vom Staatsumbau. Auch die anhaltend hohe Inflation habe eine Rolle gespielt. Tusks Bürgerkoalition liege voraussichtlich in den umkämpften Regionen im Südwesten Polens vorn. Zudem habe er bei den jungen Wählerinnen und Wählern sowie den Polen im Ausland punkten können.
    Parallel zur Parlamentswahl stimmten die Polen in einem Referendum über vier Fragen ab. Eine davon befasste sich mit dem EU-Asylkompromiss.
    Diese Nachricht wurde am 16.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.