Archiv

Präsidentenwahl in Gambia
Opposition kämpft mit dem Mut der Verzweiflung

Im westafrikanischen Gambia wählen die Menschen heute einen neuen Präsidenten. Neben zwei Oppositionspolitikern stellt sich auch Amtsinhaber Jammeh zur Abstimmung. Er war vor 22 Jahren durch einen Militärputsch an die Macht gekommen. Menschenrechtsorganisationen berichten von Drohungen und Festnahmen im Umfeld der Wahl.

Von Jens Borchers |
    Gambias Präsident Yahya Jammeh (in weiß) während seiner Inspektion des Yundum Military Camp bei Banjul.
    Gambias Präsident Yahya Jammeh (in weiß) während seiner Inspektion des Yundum Military Camp bei Banjul (imago)
    Seine Exzellenz Sheikh Professor Alhaji Dr. Yahya AJJ Jammeh Babili Mansa lässt keine Zweifel daran, was er von Oppositionsparteien in Gambia hält:
    "Lassen Sie mich diese sogenannte Opposition warnen: Wenn ihr dieses Land destabilisieren wollt, begrabe ich euch neun Fuß unter der Erde. Und kein Westler wird es wagen, etwas dagegen zu sagen."
    Yahya Jammeh war 29 Jahre alt, als er sich in Gambia an die Macht putschte. Jetzt ist er seit 22 Jahren Präsident und will es auch bleiben. Seine Begründung:
    "Weil ich Gambia aus der Steinzeit geholt und in ein modernes Land verwandelt habe", das sagte Jammeh einem Reporter der BBC. In diesem "modernen Land" regiert Jammeh mit rüder Rhetorik. Homosexuellen werde er eigenhändig die Kehle durchschneiden. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und Amnesty International könnten "zum Teufel gehen". Und als Jammeh nach dem Tod eines Oppositionellen in der Haft gefragt wurde, sagte er der Zeitschrift "Jeune Afrique" wörtlich: "Wo ist das Problem – Leute sterben in Haft oder während des Verhörs. Das ist ganz üblich!"
    "Klima der Angst ist allgegenwärtig"
    Auch deshalb beschreibt Juan Mendez, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter, die Lage in Gambia so:
    "Ein Klima der Angst ist allgegenwärtig. Von all den Ländern die ich in meiner Funktion besucht habe – Gambia ist das Land, in dem man spürt, dass man Menschen in ernsthafte Schwierigkeiten bringt, wenn man bestimmte Fragen stellt."
    Das sagt der UN-Sonderberichterstatter für Folter. Und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch legte Anfang einen Bericht zu Gambia vor. Darin wird der Regierung Jammeh Verschleppung, Folter, Einschüchterung und willkürliche Verhaftungen vorgeworfen.
    Natürlich bestreitet die Regierung das. Und sie verweist auf Erfolge: Gesunkene Kindersterblichkeit, mehr Bildungseinrichtungen oder wirtschaftliche Erholung. Gleichzeitig aber verlassen vor allem junge Menschen massenweise das Land. In diesem Jahr sind bereits mehr 10.000 Gambier über das Mittelmeer nach Italien geflohen. Angesichts einer Gesamtbevölkerung von etwa zwei Millionen Menschen ist das eine erschreckend hohe Zahl. Seit April formiert sich die Opposition in Gambia. Sieben von acht Parteien haben sich auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigt. Und ein Sprecher dieser Oppositionsbewegung hofft, dass sich bei dieser Wahl wirklich etwas ändert:
    "Wir hoffen auf Druck durch internationale Organisationen und Entwicklungs-Partner, einerseits. Und darauf, dass die Angst im Land schwindet, auf die zunehmenden Proteste andererseits. Das wird den Wechsel bringen.
    Verhaftungen und Protestverbote
    Wirklich? Im Laufe des Wahlkampfs sollen mindestens 90 Oppositionelle verhaftet worden sein, meldet Human Rights Watch. 30 von ihnen seien zu dreijährigen Haftstrafen verurteilt worden. Wahlbeobachter der Europäischen Union wurden erst eingeladen, dann aber an der Einreise nach Gambia gehindert. Und Präsident Jammeh hat schon jetzt jedwede Protestkundgebung für die Tage nach der Wahl verboten. Damit bleibt Jammeh bei seiner harten Linie nach dem Motto:
    "Ich habe keine Opposition. Was wir haben sind Leute, die das Land hassen. Und mit denen arbeite ich nicht!"