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Präsidentenwahl in Österreich
Kopf-an-Kopf-Rennen der Kandidaten

Wer die Stichwahl um die Präsidentschaft in Österreich gewonnen hat, ist noch unklar. Beide Kandidaten liegen den Hochrechnungen inklusive der Briefwahlprognose gleichauf. Ohne Berücksichtigung der Briefwähler hat allerdings Norbert Hofer von der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei (FPÖ) einen kleinen Vorsprung vor dem von den Grünen unterstützten Alexander Van der Bellen. Aufschluss über den Sieger wird es daher erst am Montag geben.

    Der FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer und der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen stehen voneinander abgewandt in der TV-Debatte nebeneinander.
    Der FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer und der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen traten in einer Fernsehdebatte gegeneinander an. (AFP / Roland Schlager)
    Klar ist bisher nur, dass die Wahlbeteiligung bei mehr als 70 Prozent lag und damit gegenüber dem ersten Wahlgang gestiegen ist. Wer aber das Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Abstimmung für sich entscheidet, wird erst am Montag feststehen - nach der Auszählung mehrer hunderttausend Briefwahlstimmen. Fast 14 Prozent der insgesamt 6,4 Millionen Wahlberechtigten hatten per Wahlkarte - wie es in Österreich heißt - abgestimmt. Das sind so viele wie nie zuvor.
    Laut dem vorläufigem Endergebnis holte der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, 51,9 Prozent der Stimmen. Sein Rivale, der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen, hat demnach 48,1 Prozent erhalten. Nicht berücksichtigt sind hierbei die Briefwähler. In den Hochrechnungen, die die hunderttausenden Briefwahlkarten miteinrechnen, gibt es einen Gleichstand zwischen den Kandidaten: Beide kommen demnach auf exakt 50 Prozent.
    "Das hat sich niemand von uns gewünscht. Wir wollten beide gut schlafen", sagte Hofer zu der unklaren Situation am Sonntagabend. Er versicherte, im Fall eines Siegs der Präsident aller Österreicher zu sein.
    Van der Bellen zeigte sich zufrieden mit seinem Abschneiden. "Die Wenigsten haben geglaubt, dass das aufholbar ist", sagte er im ORF. Er habe Unterstützung aus allen Generationen und Schichten erhalten. "Das trägt einen schon."
    Der 72-jährige Wirtschaftsprofessor und ehemalige Grünen-Chef konnte vor allem in den großen Städten punkten. Der gelernte Flugzeugtechniker Hofer gewann laut Analysen besonders Wähler im ländlichen Raum für sich.
    Hofers FPÖ gilt als ausländer- und europakritisch. Der 45-Jährige hatte angekündigt, im Falle seiner Wahl zum Bundespräsidenten die Amts-Befugnisse stärker als die Vorgänger nutzen zu wollen. Dazu gehört im äußersten Fall auch die Entlassung der Regierung. Das österreichische Staatsoberhaupt hat zumindest auf dem Papier mehr Macht als zum Beispiel der deutsche Bundespräsident.
    FPÖ profitiert von der Flüchtlingskrise
    Die FPÖ ist seit Jahren im Aufwind und profitierte zuletzt vor allem von der Flüchtlingskrise. Die Partei legte bei den jüngsten Regionalwahlen in Wien, Oberösterreich und im Burgenland stark zu und kommt in Umfragen auf Bundesebene auf rund 30 Prozent der Wählerstimmen.
    Die erste Wahlrunde vor einem Monat hatte Hofer überraschend mit 35,1 Prozent der Stimmen gewonnen, Van der Bellen kam auf 21,3 Prozent. Erstmals seit 1945 sind keine Vertreter der Regierungsparteien, der sozialdemokratischen SPÖ und der konservativen ÖVP, in der Stichwahl. Ihre Kandidaten landeten im ersten Wahlgang mit jeweils rund zehn Prozent weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen.
    Die Präsidentschaftswahl stieß international auf großes Interesse. Das Erstarken der Rechtspopulisten in Österreich und auch in anderen Ländern wird unter anderem von der Europäischen Union mit Sorge beobachtet. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, erklärte am Wahlabend: "Wer immer am Ende vorne liegt: Ein solches Ergebnis ist in einer Demokratie ein Auftrag, das Volk wieder zusammen zu führen und nicht zu spalten."
    (kis/bor)