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Präsidentenwahl in Tunesien
Essebsi erklärt sich zum Sieger

Die Tunesier haben vier Jahre nach dem Sturz von Präsident Ben Ali über einen neuen Staatschef abgestimmt. Der ehemalige Regierungschef Béji Caid Essebsi feierte sich als Sieger der Stichwahl. Das Lager des amtierenden Übergangspräsidenten Moncef Marzouki, der gegen Essebsi antrat, widersprach umgehend.

22.12.2014
    Der ehemalige Regierungschef Béji Caid Essebsi erklärt sich zum Sieger der Stichwahl um das tunesische Präsidentenamt.
    Der ehemalige Regierungschef Béji Caid Essebsi erklärt sich zum Sieger der Stichwahl um das tunesische Präsidentenamt. (imago)
    Es war die erste freie Wahl eines Staatschefs seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1956: Erste amtliche Ergebnisse sollen heute vorliegen, der Sieger soll spätestens am Mittwoch feststehen. Bisher ist lediglich die Wahlbeteiligung klar - laut Wahlbehörde lag sie bei 59 Prozent.
    Der 88-jährige Essebsi erklärte unmittelbar nach Schließung der Wahllokale vor etwa 2000 Anhängern in Tunis, er habe die Wahl gewonnen. Er dankte seinen Wählern und würdigte seinen 69 Jahre alten Gegner Marzouki. "Tunesien braucht alle seine Kinder", sagte er. Essebsi und Marzouki gelten als Erzfeinde. Der Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Tunesien, Joachim Paul, sagte im DLF, das entscheidende sei, dass keiner der beiden Kontrahenten das Ergebnis anzweifle - "jedenfalls bis jetzt".
    Harter Wahlkampf
    Marzoukis Wahlkampfleiter Adnen Manser sprach von einem "sehr engen Wettkampf". Der Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten läge lediglich bei einigen Tausend Stimmen. Der Wahlkampf war von gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Marzouki präsentierte sich als Verteidiger der "Revolution" vom Frühjahr 2011 und sprach sich gegen eine Rückkehr des alten Regimes aus. Zudem kritisierte Marzouki das hohe Alter seines Kontrahenten Essebsi, der bereits unter Staatsgründer Habib Bourguiba diente. Essebsi wiederum warf Marzouki vor, ein "Extremist" und Vertreter der Islamisten zu sein, die das Land seit 2011 heruntergewirtschaftet hätten.
    Tunesien gilt als Musterbeispiel für die Demokratiebewegung in Nordafrika. Inzwischen gibt es eine neue Verfassung, ein neues Parlament wurde gewählt, und die Politik zeichnet sich durch Kompromisse zwischen den gesellschaftlichen Gruppen aus. Dagegen versinken andere Länder der Region wie Libyen und Ägypten nach den Umstürzen der vergangenen Jahre im Chaos.

    (sdö/jan/nza)