Westafrika
Präsidentschaftswahl im Senegal beendet - Sorge um Stabilität

Im Senegal ist die Präsidentschaftswahl beendet. Die Wahllokale schlossen um 19 Uhr unserer Zeit. Lokale Medien berichten von einer großen Beteiligung. Mit ersten Ergebnissen wird frühestens in der kommenden Nacht gerechnet. In den Wochen vor der Wahl hatte es Unruhen im Senegal gegeben.

    Menschen warten vor einem Wahllokal in Senegal auf die Abgabe ihrer Stimme.
    Präsidentschaftswahl im Senegal: Menschen warten vor einem Wahllokal auf die Abgabe ihrer Stimme. (Mosa'ab Elshamy / AP / dpa / Mosa'ab Elshamy)
    Am Wahltag waren in der Hauptstadt Dakar gepanzerte Fahrzeuge und Eliteeinheiten zu sehen. Vor den Wahllokalen überprüfte die Polizei Dokumente von Wählern. Wahlbeobachter teilten mit, es habe keine Berichte über Unregelmäßigkeiten oder Gewalt gegeben. Auch die Beobachter gehen von einer hohen Wahlbeteiligung aus. So viele Wählerinnen und Wähler habe er in den vergangenen 15 Jahren nicht gesehen, sagte Babacar Gueye von dem zivilgesellschaftlichen Wahlbeobachternetzwerk COSCE. Wahlberechtigt waren mehr als sieben Millionen Menschen. Sollte kein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten haben, fällt die Entscheidung in einer Stichwahl.

    Die Demokratie im Senegal

    Der Senegal gilt als ein Hort der Demokratie und der Stabilität in Westafrika und ist damit ein Anker für Europa in der Sahelregion. Während es in der Region in den vergangenen drei Jahren gleich acht Militärputsche gab und sich mehrere Länder vom Westen abgewendet haben, blieb der Senegal über Jahre stabil. Seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 hat das Land, anders als die meisten anderen Staaten der Region, keinen bewaffneten Umsturz oder Militärputsch erlebt. In den letzten Wochen und Monaten gab es allerdings politische Turbulenzen und heftige Demonstrationen gegen den bislang amtierenden Präsidenten Macky Sall.

    Wodurch wurden die Proteste ausgelöst?

    Präsident Sall durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antreten. So sieht es die Verfassung vor. Sall schwieg aber lange zu der Frage, ob er nicht doch eine dritte Amtszeit anstrebt. Erst spät erklärte er öffentlich, dass er seinen Platz nach der Wahl räumen wolle. Anfang vergangenen Monats, nur wenige Stunden vor dem offiziellen Beginn des Wahlkampfs, sagte er dann die ursprünglich für den 25. Februar angesetzte Abstimmung über die Kandidatenliste ab, um sie auf Ende des Jahres zu verlegen und somit faktisch seine Amtszeit zu verlängern. Als Grund gab er Streitigkeiten über die Kandidatenliste an. Der Verfassungsrat erklärte das Vorgehen zwar kurz darauf für verfassungswidrig. Dennoch löste der Vorgang eine Protestwelle und gewaltsame Unruhen aus.

    Umgang mit der Opposition

    Seine erste Amtszeit hatte Präsident Sall im Jahr 2012 mit liberalen Versprechen begonnen, wurde aber zum Ende seiner Amtszeit zunehmend autokratischer. Insgesamt sind in den vergangenen drei Jahren mehr als 1.000 Oppositionelle und Aktivisten festgenommen worden. Dutzende Menschen wurden bei Demonstrationen getötet. Die Jugend des Landes fühlt sich vor allem von dem Oppositionellen Ousmane Sonko angesprochen. Er stand aber nicht zur Wahl, weil er wegen "Verführung der Jugend" zu einer Haftstrafe verurteit worden war. Seine Partei "Patriotische Afrikaner Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit" wurde aufgelöst. Sonkos Bewegung setzt sich für politische Erneuerung ein und kritisiert Salls Nähe zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Kurz vor der Präsidentschaftswahl wurde Sonko aus dem Gefängnis entlassen, nachdem Präsident Sall zur Beruhigung des politisch aufgeladenen Klimas eine Generalamnestie für Häftlinge angestoßen hatte, denen im Zusammenhang mit Anti-Regierungsprotesten Verbrechen vorgeworfen wurden.

    Die aussichtsreichsten Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl

    Auch Sonkos Verbündeter Bassirou Diomaye Faye saß in Haft und kam erst kurz vor der Wahl frei. Faye stand auf dem Wahlzettel, zusammen mit 17 weiteren Kandidaten und einer Kandidatin. Der 43-jährige ehemalige Steuerprüfer war bis vor kurzem noch weitgehend unbekannt. Das änderte sich jedoch, als Sonko ihn quasi zu seinem Ersatzkandidaten erkor. Faye verspricht, gegen Ungleichheit und Korruption vorzugehen. Er hat Reformen in der Geldpolitik und auf institutioneller Ebene vorgeschlagen, ebenso wie die Neuverhandlung von Öl-, Gas- und Bergbauverträgen.
    Als Nachfolger für Präsident Sall hat die Regierungskoalition Ex-Ministerpräsident Amadou Ba ins Rennen geschickt. Ba, der auch mehrere Jahre Finanzminister war, gilt im Falle seiner Wahl als Garant für eine Fortsetzung von Salls investorenfreundlichem Kurs.

    Demografische und wirtschaftliche Situation im Senegal

    17 Millionen Einwohner zählt der Senegal, 65 Prozent der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Vor allem die jüngeren Wähler sind von dem 62-jährigen Sall enttäuscht, weil sie das Gefühl haben, nicht gehört zu werden und viele keine Jobs mit angemessener Bezahlung finden. Die Leiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung im Senegal, Hauptmann, sagte im Deutschlandfunk, in den vergangenen Jahren sei viel über die Jugend hinweg entschieden worden. Bildung sei bei dieser Wahl das größte Thema. Der Staat sei aber mit der schieren Menge der jungen Leute überfordert, die Infrastruktur sei nicht ausreichend. Dabei brauche der Senegal gut ausgebildete Arbeitskräfte und einen soliden Mittelstand, wenn er sich industrialisieren wolle. Das Land verfügt Hauptmann zufolge über reiche Bodenschätze. Diese Primärressourcen müssten eigentlich auch im Senegal weiterverarbeitet werden, wenn der Staat den jungen Menschen eine Perspektive bieten wolle. Bislang "kommt der Senegal nicht so wirklich auf einen grünen Zweig", erklärte Hauptmann.
    Diese Nachricht wurde am 24.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.