"Ich werde mit allen Kräften gegen die Spaltung kämpfen, die uns zermürbt und entmutigt", sagte Macron bei seiner Siegesfeier vor dem Louvre in Paris. "Ich will in den kommenden fünf Jahren alles tun, damit es keinen Grund mehr gibt, die Extremen zu wählen", versprach der Wahlsieger. Der 39-Jährige wird der jüngste französische Präsident aller Zeiten sein, Macron soll spätestens am 14. Mai die Amtsgeschäfte von Hollande übernehmen. Der frühere Wirtschaftsminister und Investmentbanker steht für einen klar europafreundlichen Kurs und tritt für eine enge Partnerschaft Frankreichs
mit Deutschland ein
.
Erleichterung in Deutschland und in der EU
Der Wahlausgang sorgte in Europa für Erleichterung. Denn Le Pen wollte als Anführerin des rechtsextremen Front National Frankreich aus dem Euro führen und die Franzosen über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen. Das hätte die krisengeschüttelte Europäische Union tief ins Mark treffen können. Auch die Achse Berlin-Paris wäre gebrochen gewesen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzlerin Angela Merkel und die EU-Spitze zeigten sich erleichtert und sicherten dem designierten Staatschef ihre Unterstützung zu. Die Kanzlerin freue sich darauf, "im Geist der traditionell engen deutsch-französischen Freundschaft vertrauensvoll mit dem neuen Präsidenten zusammenzuarbeiten",
ließ Merkel mitteilen
. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker twitterte: "Gemeinsam für ein stärkeres und gerechteres Europa."
EU-Ratspräsident Donald Tusk twitterte, die Franzosen hätten "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" statt die "Tyrannei der Fake News" gewählt.
Europa wohl nur teilweise gestärkt
Der Sieg Macrons hat die Position Frankreichs als zentrale Säule der Europäischen Union gestärkt. Zum dritten Mal in sechs Monaten - nach den Wahlen in Österreich und in den Niederlanden - haben sich Wähler in Europa gegen rechtsstehende Populisten entschieden. Doch als Entscheidung für Europa wird der Sieg nur in Teilen gewertet. Schließlich wählten zahlreiche Menschen Macron vorrangig, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern - und nicht aus Überzeugung. Jens Geier, SPD-Europapolitiker warnte davor, die Bedrohung durch rechtspopulistische Kräfte
als beendet zu betrachten
, wie Rolf Münchenberg aus Brüssel berichtet.
"Wir sollten uns nicht täuschen: Das Frankreich Macrons, dieses positive, dynamische, reformorientierte Land, das offen für Europa ist, existiert und es ist glücklich über seinen Sieg", kommentierte die Zeitung "Le Figaro". "Aber es repräsentiert in Wirklichkeit nur ein Viertel der Franzosen. Fast die Hälfte der Bürger zählt zu den Anhängern der Rechtspopulistin Marine Le Pen oder aber des Linkspolitikers Jean-Luc Mélenchon. Sie stehen den Werten von Macrons Frankreich feindlich gegenüber."
Der Politikwissenschaftler Henri Ménudier von der Universität Paris-Sorbonne
sagte im Deutschlandfunk
: "Man muss sich freuen, dass Le Pen verloren hat. Aber man darf das Problem dahinter nicht vergessen. Es gibt viele Wutbürger in Frankreich, vor allem wegen der Arbeitslosigkeit. Nun wollen die Menschen eine Lösung des Problems."
Macron braucht eine Mehrheit im Parlament
Gut 10,6 Millionen Franzosen stimmten für Le Pen, bei der ersten Runde vor zwei Wochen hatte Le Pen 7,7 Millionen Stimmen erhalten. Sie holte nach Zahl der Stimmen das beste Ergebnis in der Geschichte ihrer rechtsextremen Partei. Le Pen ließ durchblicken, dass sie ihre Partei im Juni in die Parlamentswahlen führen werde. Laurent Gnaedig, Chef des Front National im Elsass, kündigte Änderungen in der Partei an. Der Name könnte künftig "Patriotische Allianz" lauten und der Wähler abschreckende Euro-Austritt aus dem Programm gestrichen werden, sagte Gnaedig im Deutschlandfunk.
Und die wird für Macron besonders wichtig. Der künftige Präsident wollte noch am Montag den Vorsitz der von ihm gegründeten Bewegung "En Marche!" niederlegen, wie aus seinem Umfeld verlautete. Er hatte "En Marche!" vor gut einem Jahr gegründet, in der Nationalversammlung vertreten ist die Bewegung noch nicht. Die Bewegung will Kandidaten für die Parlamentswahlen im Juni aufstellen, um eine Regierungsmehrheit zu erringen. Ohne Mehrheit wäre Macron gezwungen, eine Regierung zu ernennen, der auch Politiker eines anderen politischen Lagers angehören. Eine derartige "Kohabitation" gab es zuletzt von 1997 bis 2002 mit dem Konservativen Jacques Chirac als Präsidenten und dem Sozialisten Lionel Jospin als Premierminister.
(nch/ach)